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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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nicht zuletzt auch durch seine energiegeladenen, ausschweifenden Erzählungen – beherbergte das kleine Städtchen Arc´s Hill die Legende um eine alte Frau mit Namen Keeza.
    Diese sonderbare Frau hatte eine verrottete, aus Holz gezimmerte Hütte in Arc´s Hill bewohnt, als der Ort kaum mehr als einige niedrige Häuser und flach ausgetretene Pfade maß. Die damaligen Bewohner mieden die Alte. Denn obwohl die Zeiten der Hexentribunale und dunklen Magien fast ein halbes Jahrhundert zuvor ihr Ende gefunden hatten, bezeichneten doch viele der abergläubischen und einfältigen Bauern die alte Frau am Rande des Ortes als letzten Spross eines Hexengeschlechts, dem man vor etwa einhundertfünfzig Jahren auf einem Hügel, auf dem später die ersten Katen und das Kirchhaus von Arc´s Hill erbaut worden waren, den Prozess gemacht hatte. Man erzählte sich diese Gerüchte nur hinter vorgehaltener Hand und im sicheren Kreise der Familien, wenn am Abend Fenster und Türen geschlossen gehalten wurden. Doch ein jeder wusste um die Geschichten über die alte Keeza, die zurückgezogen in ihrer heruntergekommenen Hütte hauste und nur selten im Dorf anzutreffen war, um Brot für sich und ihre widerwärtige Katze zu besorgen. Ein Tier, vor dessen Anblick sich die Leute fürchteten; schien der Blick dieser Katze sich doch geradewegs bis auf den tiefsten Grund der Seele zu bohren und jedes noch so vertraute und peinlich gehütete Geheimnis zu offenbaren.
    Was die Alten nur hinter geschlossenen Türen murmelten, um sich nicht den Fluch Keezas oder ihrer seltsamen Katze aufzubürden, verfolgten die Kinder des Ortes offen und mit unverhohlener Freude. Oftmals liefen sie an den Rand der Siedlung, dorthin, wo die Hütte der Alten neben einem steinigen Acker stand, und riefen unentwegt ihren Namen oder warfen mit Steinen und Dreck nach der Hütte, bis sich die Katze in der Tür zeigte oder der schwarze Schatten Keezas hinter einem der schmutzigen Fenster auftauchte. Dann rannten sie lachend in ihr Dorf zurück und brüsteten sich mit dem Mut, der sie so nahe an die Behausung der Hexe geführt hatte.
    So erging es der alten Frau eine lange Zeit, in der sie mehr und mehr dem Hohn und Spott der Leute ausgesetzt war und selbst die Alten mit ihren abwertenden Äußerungen schon bald nicht mehr hinter dem Berg hielten.
    Doch dann, Mark hatte in seinen Aufzeichnungen vermerkt, dass es sich an einem kühlen und verregneten Herbstmorgen zugetragen haben musste, wurde in Arc´s Hill der Verlust zweier Jungen bemerkt, deren Betten am frühen Morgen leer vorgefunden wurden. Die Aufregung war groß im Dorf, sah man sich doch binnen einer scheußlichen Nacht aus dem ruhigen und überschaubaren Alltag herausgerissen. Die Kinder wurden in der ganzen Ansiedlung und in den angrenzenden Wäldern gesucht, doch blieben sie bis zum Abend, als die Männer nach ihrer Suche erschöpft ins Dorf zurückkehrten, verschwunden.
    Das Wehklagen von Vater und Mutter der Jungen war groß in jener Nacht, ebenso die Sorge und die Angst, die mit dem seltsamen Verschwinden der beiden Jungen einhergingen. Noch lauter und furchtbesessener wurde das Lamentieren, als nur zwei Tage später das Nachtlager eines kleinen Mädchens in den ersten Stunden des Tages ebenfalls leer aufgefunden wurde.
    Jetzt endlich hatte uralte, lautere Furcht ihren Einzug in Arc´s Hill gehalten, und wie es in der menschlichen Natur liegt, brauchten die einfältigen und schwachen Leute des Dorfes etwas – oder jemanden – mit dem sie ihre Ängste rechtfertigen konnten. Und dieser Jemand war die alte Keeza.
    Ein jeder im Dorf wusste von der täglichen Hatz der Kinder gegen die Alte, an der sich auch die beiden verschwundenen Jungen und das Mädchen beteiligt hatten. Gerüchte wurden geboren. Erst leise und geflüstert in der Kaschemme des Dorfes, in der sich in den Abendstunden die Männer des Ortes trafen. Dann wurden ihre Stimmen lauter und ihr Auftreten forscher. Und schon bald nährte die Furcht vor dem Unbegreiflichen, das über das Dorf hereingebrochen war, merkwürdige Gedankengänge, welche die Dorfbewohner wie eine Seuche befielen. Sie brauchten jemanden, den sie ihre Verzweiflung und ihre Wut spüren lassen konnten. Und wer sonst als die alte Klausnerin Keeza käme für das Verschwinden der Kinder in Betracht?
    Schnell wurde in den Reihen der Männer, die sich in der Nacht in der düsteren Schenke zusammengefunden hatten, ein Urteil gesprochen, das ihre Weiber befriedigen würde. Schließlich waren

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