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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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Geschichte angelangt war.
    »Ich will nicht wiederholen, was sie zu mir sagte, nein: an mir vorbei, über mich hinweg, durch mich hindurch. Es wäre zu schmerzhaft für mich. Anstelle dessen aber will ich mit Ihrer Erlaubnis eine Frage an Sie richten. – Was hätten Sie mit all der Zeit angefangen, hätten Sie sich nicht jeden Tag hier mit mir eingefunden? Was hätte sich alles ereignen können in all den Stunden, die Sie damit zubrachten, mir zuzuhören? Was hätte Ihnen alles widerfahren, welche Wendungen hätte Ihr Leben in dieser Zeit nehmen können?«
    Ich schwieg.
    »Was ist die Zeit, die Sie meinen Ausführungen bisher so großzügig gewidmet haben?«, fuhr er fort [unerbittlich, so habe ich es in Erinnerung, unerbittlich]. »Darf ich sie als Geschenk betrachten? Oder ist sie gar ein Opfer, dargebracht auf dem Altar des Mitgefühls und der Anteilnahme? Hat es Ihnen Mühe bereitet, sie mit mir zu teilen? Mussten Sie sie jemandem vorenthalten, Ihrer Familie, Ihren Freunden, Ihrem Arbeitgeber, einer Geliebten? Wovon habe ich Sie abgehalten? Fehlt Ihnen die Zeit, oder wird sie Ihnen vielleicht irgendwann einmal fehlen? Seien Sie ehrlich …«
    Ich war voll schneidender Scham.

    Später – irgendwann , das Zeitmaß der Verlorenen – füllte Peter meine Gedächtnislücken.
    Die wenigen Aufträge, die er mir nach unserem letzten Treffen in der Bar dennoch – aus Mitleid, er machte kein Hehl daraus, aus reinem Mitleid – vermittelt hatte, hatte ich abgelehnt mit der Begründung, keine Zeit, Keine Zeit, KEINE ZEIT zu haben. Er schilderte mir auch von einer Begegnung zwischen uns, an die ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern kann.
    Er suchte mich in der Pension auf, in der ich wohnte [keine Ahnung, wer für die Miete aufkam]. Da er mich dort aber nicht antraf, bat er um Erlaubnis, in meinem Zimmer auf mich warten zu dürfen.
    In den frühen Morgenstunden sei ich, so berichtete er mir weiter, schließlich gekommen. Als nun für sie wertlos soll ich mich immer wieder bezeichnet haben. Meine zusammenhanglosen Worte ergaben für ihn keinen Sinn. Er nahm mich mit zu sich, um Näheres zu erfahren, doch vermochte nichts sonst herauszubringen.
    Wie lange ich in Peters Appartement und unter seiner mitfühlenden Aufsicht lebte, entzieht sich meiner Kenntnis. Er beherbergte mich jedoch nicht bloß, sondern folgte mir, sobald ich seine Wohnung verließ. Wie viel Zeit ihn dies gekostet haben muss, stellen Sie sich einmal vor! Peter, der selbstlose Retter …
    So erfuhr ich, dass ich mich Tag für Tag vor dem Museum einfand, lange Zeit auf der gegenüberliegenden Straßenseite ausharrte, keinen Moment lang das Eingangstor aus den Augen lassend, dann abrupt, als würde ich mich von etwas losreißen, auf den Torbogen zuging, doch mitten im Schritt innehielt und zögerlich kehrtmachte.
    Natürlich konnte Peter nicht wissen, was mich Tag für Tag zum Museum zog, und er war – zu seinem eigenen Glück! – nicht der Versuchung erlegen, in den Ausstellungsräumen nach der Ursache meines Zustand zu fahnden. So war er verschont geblieben.
    Meine Genesung ging nur sehr langsam vor sich, durchbrochen von Träumen, in denen ich zurückkehrte ins Museum, wie mich heute noch gelegentlich meine Träume dorthin führen, mich durch die Ausstellungsräume lenken, mich veranlassen, vor das eine oder andere Exponat hinzutreten und seiner Schönheit zu huldigen.
    Doch mitten in meiner Betrachtung werde ich gewahr, dass ich einem kunstvollen Detail am Gehäuse, einem verspielten Schnörkel am Sockel oder einem geistreichen Ornament auf dem Zifferblatt meine ganze Aufmerksamkeit lediglich widme, um den Moment hinauszuzögern, da ich das Zimmer mit dem aufgelassenen Kamin betreten muss.
    Ich muss dorthin, so sehr es mir auch widerstrebt, den Ort noch einmal aufzusuchen. Aber es ist mir bestimmt [im Traum weiß ich: es ist mir bestimmt vom Anbeginn der Zeit ], stets von neuem meine Hoffnung enttäuscht zu sehen, Meine Geliebte werde mich dort erwarten.
    Am Ende dieser endlos langen weißen Stunde war ich jener Mann, der sich zu Ihnen setzte, ohne dass Sie ihn dazu aufgefordert hätten …

    Er sah auf die Uhr. Die ganze Zeit hatte ich diesen Moment kommen sehen, mit der Gewissheit seiner Unausweichlichkeit hatte ich mich Nachmittag um Nachmittag hier eingefunden. Dennoch kam er plötzlich, viel zu plötzlich, wie aus dem Hinterhalt.
    »Ich habe Ihnen genug Zeit gestohlen. Sie waren ein geduldiger Zuhörer. – Ich möchte Ihnen dafür

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