Diabolus
bis er wusste, was wirklich los war. Und Susan hatte keinerlei Absicht, es ihm zu erzählen. Sie traute ihm nicht über den Weg. Hale war ein Fremdkörper. Susan war von Anfang an dagegen gewesen, ihn einzustellen, aber der NSA war damals keine andere Wahl geblieben. Hale verdankte seinen Job einer Schadensbegrenzungsaktion der NSA. Dem Skipjack-Fiasko. Vor mehreren Jahren hatte der Kongress in dem Bemühen, einen verbindlichen Standard der Public-Key-Chiffrierung zu schaffen, die besten Mathematiker des Landes, sprich der NSA, damit beauftragt, einen neuen Super-Algorithmus zu entwickeln. Der Kongress plante, diesen Algorithmus per Gesetz als landesweiten Standard vorzuschreiben, damit endlich Schluss war mit den durch nicht kompatible Verschlüsselungsverfahren entstandenen Problemen, die der Wirtschaft zu schaffen machten. Die NSA zum Geburtshelfer eines verbesserten Public-Key- Verfahrens zu bestellen hieß natürlich in gewisser Weise, den Bock zum Gärtner zu machen. Der TRANSLTR existierte damals noch nicht einmal als Projekt. Ein Verschlüsselungsstandard konnte den Einsatz von Codierungsverfahren nur fördern und würde den ohnehin schwierigen Job der NSA noch schwieriger machen. Die EFF erkannte den Interessenskonflikt sofort und verwies lautstark auf die Gefahr, die NSA könnte sich mit einem wenig wirkungsvollen Algorithmus aus der Affäre zu ziehen versuchen - mit einem Algorithmus, den sie leicht knacken konnte. Um diesen Befürchtungen entgegenzutreten, kündigte der Kongress an, man werde die Formel nach Beendigung der Arbeiten veröffentlichen und den Mathematikern der ganzen Welt zur Begutachtung vorlegen. Unter Leitung von Commander Strathmore machten sich die Kryptographen der NSA wenig begeistert an die Arbeit. Sie entwickelten einen Algorithmus, der den Namen Skipjack bekam, und legten ihn dem Kongress zur Abnahme vor. Skipjack wurde von Mathematikern aus der ganzen Welt getestet. Sie waren durch die Bank davon beeindruckt. Einhellig wurde geäußert, Skipjack sei ein einwandfreier und leistungsfähiger Algorithmus, der sich ausgezeichnet zum Verschlüsselungsstandard eigne. Doch drei Tage vor der für die Zulassung des neuen Standards entscheidenden Abstimmung im Kongress schockierte ein junger Programmierer von den Bell Laboratories die Welt mit der Nachricht, er hätte ein in dem neuen Algorithmus eingebautes Hintertürchen entdeckt. Der Mann hieß Greg Hale. Das Hintertürchen bestand aus einigen wenigen Programmzeilen, die Commander Strathmore in den Algorithmus hineingeschmuggelt hatte, und zwar so raffiniert, dass niemandem etwas aufgefallen war -außer Greg Hale. Strathmores heimlicher Zusatz hätte bewirkt, dass jeder mit Skipjack erzeugte Code durch ein nur der NSA bekanntes geheimes Passwort entschlüsselt werden konnte. Um ein Haar hätte Strathmore es geschafft, den geplanten nationalen Verschlüsselungsstandard in den grössten Coup der NSA umzumünzen. Die NSA hätte über den Masterkey für jeden in den USA geschriebenen Code verfügt. Alle, die auch nur ein bisschen von Computern verstanden, waren empört. Für die EFF war der Skandal ein gefundenes Fressen. Sie zerriss den Kongress wegen seiner Gutgläubigkeit in der Luft und erklärte die NSA zur größten Bedrohung der freien Welt seit Adolf Hitler. Der Verschlüsselungsstandard war gestorben. Als Greg Hale drei Tage darauf einen Job bei der NSA antrat, herrschte allgemeine Verblüffung - doch Commander Strathmore war der Ansicht, es sei besser, Greg Hale innerhalb der NSA für diese Behörde arbeiten zu lassen, als außerhalb gegen sie. Strathmore hatte sich dem Skipjack-Skandal im Frontalangriff gestellt. Vor dem Kongress rechtfertigte er vehement sein Verhalten und warnte eindringlich, die Nation brauche jemand, der für sie den Wachhund spiele. Die NSA und deren uneingeschränkte Fähigkeit, verschlüsselte Nachrichten zu knacken, seien unverzichtbare Garanten von Frieden und Freiheit. Das Geschrei um die Wahrung der Privatsphäre werde besonders denen, die am lautesten schrien, noch im Halse stecken bleiben. Die EFF und ähnliche Gruppen sahen die Sache natürlich anders. Seitdem hatte Strathmore sie auf dem Hals.
KAPITEL 24
David Becker stand gegenüber der Clinica de Sanidad Pública in einer Telefonzelle. Wegen Bel ä stigung des Patienten Nummer 104, des Monsieur Cloucharde, hatte man ihn soeben hochkant hinausgeworfen . Auf einmal war alies viel komplizierter, als er anfangs gedacht hatte. Die kleine Gef ä
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