Diagnose negativ
nicht aus dem direkten Gefahrenbereich seiner Detonationen heraus gewesen. Bestenfalls an der äußersten, eben noch ertragbaren Grenze.
Die CALIGULA verwandelte sich in einen blauweißen Feuerball. Erst schien es, als sollten die freiwerdenden Kräfte von dem enormen Wasserdruck der Tiefsee für alle Zeiten festgehalten werden. Doch Sekundenbruchteile später wölbte sich die Glutkugel auf. Wieder wurde das nasse Element von fürchterlichen Kräften verdampft und verdrängt. Für uns kam der Stoß diesmal von schräg unten.
»Sie explodiert«, drang es schwach aus den Lautsprechern. Ich sah den Kommandanten einen knallroten Schalter nach unten schlagen. Inmitten des Infernos klang hallendes Donnern auf. Kontrollampen wiesen aus, daß sich die Sicherheitsschotts des B-161 geschlossen hatten, darunter die schweren Strahlschutzwände zum Maschinenraum.
Schall und Druck kamen erneut fast gleichzeitig an. Was nun geschah, entzog sich meinem klaren Erfassungsvermögen. Meine Ohren wurden taub. Gleich den anderen Besatzungsmitgliedern wurde ich von Angst geschüttelt und kämpfte gegen das Grauen des Todes an.
Wir wurden im steilen Winkel inmitten wirbelnder Wassermassen nach oben gerissen. Ich fühlte, daß unser Tiefseeboot die längst geborstene Packeisdecke durchbrach, emporgeschleudert wurde, um anschließend in die kochende, verdampfende Hölle zurückzufallen.
Dann ging es wieder nach unten. Das Ächzen des Druckkörpers hörten wir überhaupt nicht, doch dafür gewahrten wir platzende Schweißnähte und geschoßartig herausfliegende Armaturen.
Automatenstimmen meldeten Wassereinbrüche. Als die roten Warnlampen zu flackern begannen, gab ich auf. Mit mir gaben alle auf, denn dies konnte nur das Ende sein.
»Radioaktivität im Boot« bedeutete es. Etwas mußte undicht geworden sein, was bei diesen Erschütterungen kein Wunder war. Es gab zahllose Möglichkeiten für eine entstehende Gammastrahlung. Dazu war es nicht einmal erforderlich, daß die Abschirmung des Reaktors zu Bruch ging.
Schon Risse im komplizierten Rohrsystem, des Wärmeaustauschers mußten hochgradig verseuchte Quecksilberdämpfe ins Boot zischen lassen. Die Turbinen, von denen die vom Trägermedium übermittelte Thermo-Energie in Arbeitsenergie umgesetzt wurde, waren ohne die Schutzhülle ebenfalls harte Strahlungsherde.
Die Männer im Turboraum waren jetzt schon verloren, wenn sie nicht rechtzeitig die Schutzanzüge angelegt hatten. Ich erfuhr erst später, daß dies eine Selbstverständlichkeit war, sobald Klarschiff befohlen wurde.
Es dauerte noch Minuten, bis unser Boot von den Automaten aufgefangen wurde. Zu der Zeit standen wir über dreißig Seemeilen von der Küste entfernt. Das Grollen der Explosionen verklang. Nur die anfänglich aufgenommenen Fremdgeräusche blieben konstant. Sie waren noch laut und unüberhörbar, aber wesentlich mäßiger als das urweltliche Krachen und Rollen spontaner Kernprozesse.
»Wahnsinn«, stöhnte neben mir ein Mann. »Welcher Narr ist auf den Gedanken gekommen, U-Boote mit Atomtorpedos auszurüsten.«
Es war TS-19, der seinen Gefühlen auf diese Art Luft machte.
Ich beobachtete die hektische Aktivität der Besatzung. In der Zentrale eilten die Männer anscheinend völlig verstört durcheinander. Lautstarke Befehle der Offiziere klangen auf, dazu das Schrillen verschiedenartiger Alarmanlagen und optischer Signale.
»Wassereinbruch im achteren Torpedoraum – Lenzpumpe IV ausgefallen – Trimmzellen drei – achtzehn – zweiundzwanzig leckgeschlagen –
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