Diagnose negativ
haben wir an dieser Stelle nur noch vierhundertachtzig Meter. Wenn Sie unten bleiben wollen, müssen wir ebenfalls in den Hols-Graben hinab.«
Ich fühlte den brennenden Blick des Kollegen. TS-19 hatte so etwas wie einen sechsten Sinn. Jedenfalls behauptete er das gelegentlich.
»Wir sollten verschwinden, Sir!« sagte er ausdruckslos.
Das erschien mir auch die richtige Lösung. Da wir aber den Befehl erhalten hatten, uns in diesem Meeresgebiet genauer umzusehen, blieb nun keine andere Wahl, als weiter abzuwarten. Das Dröhnen allein war zwar äußerst beunruhigend, aber noch nicht gefährlich.
Für alle Fälle ließ ich einen ausführlichen Bericht an die Marinebasis absetzen, und zwar mit sämtlichen Daten, die wir bisher ermitteln konnten. Abschließend gab ich über Sprechfunk bekannt:
»… dazu erscheint es mir sehr merkwürdig, daß die erwähnten Geräusche kurz nach unserem Erscheinen begannen. Im Gegensatz zur CALIGULA, die schon seit vielen Stunden ergebnislos das Seegebiet absuchte, haben wir sofort eine Echoortung erhalten. Dieser Bericht ist zur Auswertung durch das positronische Gehirn der Wissenschaftlichen-Abwehr bestimmt. Gezeichnet HC-9. Ende.«
Als ich das Mikrophon in die Halterung hing, tauchte das Phänomen so plötzlich auf, daß wir kaum Zeit zum Begreifen fanden.
Die Tiefsee wurde jählings von einem grellen Licht erhellt.
»Nein!« sagte Nefroth fassungslos. »Nein! Das ist doch nicht …!«
Ich starrte auf die Bild- und Reliefschirme der Unterwasserbildgeräte.
Die Infrarotortung wurde in solcher Stärke angesprochen, daß die Feinsttaster von lautstark knallenden Automatschaltern aus dem Erkennungssystem genommen wurden. Die schweren Grobwert-Geräte brachten so hervorragende Wärmecho-Bilder, daß mir niemand mehr zu sagen brauchte, was da weit vor uns geschah. Entweder hatte ein unterseeischer Vulkan zu toben begonnen, oder es hatte jemand eine gesteuerte Atomreaktion auf Verzögerungsbasis eingeleitet. In diesem Fall wurde nur die thermische Energie frei, während von einer vernichtenden Druckwelle kaum gesprochen werden konnte. Natürlich kamen die Strahlungseffekte noch hinzu, was mich aber im Augenblick nicht weiter beunruhigte.
Die optische Außenbordaufnahme lief an. Die Bildschirme zeigten nun deutlich die nähere Umgebung. Die Einöde der antarktischen Tiefsee war zur Leuchtquelle geworden.
»Da kommt etwas aus dem Graben!« rief Nefroth. »Was ist das?«
Ich fühlte seinen Griff an meinem Oberarm. Jeder an Bord bemerkte die aufsteigende, grelleuchtende Blase. Es sah aus, als bliese dort jemand einen riesenhaften Ballon auf, dessen eine Hälfte an der Felswand klebte.
Die Ortungszentrale gab Daten durch. Die eigenartige Blase war etwas über acht Seemeilen entfernt. Sie schien den breiten Hols-Graben dicht vor der abschließenden Steilküste völlig auszufüllen.
Von dort kam auch das infernalische Dröhnen. Die Meßwerte der Wärmetaster zeigten rasch steigende Wassertemperaturen an. Das leuchtende Etwas wurde zur glühenden Kugel, die sich immer mehr aufzublähen schien.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis ich erkannte, daß diese Erscheinung absolut ungewöhnlich war.
Ich stürzte zur Funkzentrale hinüber. Nefroth und TS-19 folgten. Sie schienen ebenfalls zu ahnen, was nun geschehen würde. Ehe ich das Querschott zum Funkraum durchsprang, erreichte mich noch die laute Stimme eines Ortungsfunkers:
»Kreuzer CALIGULA geht auf Gegenkurs. CALIGULA läuft mit hoher Fahrt in tiefe Gewässer ab.«
Das war es, was ich erhofft und ersehnt hatte. Fregattenkapitän
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