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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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blauer Fleck und einige Blutstropfen zurück.
    Endlich hatte Montalvo sich wieder im Griff und schleuderte den Knochen fort. »Er hat mich aufgesucht, damit ich sie in die Tat umsetze.«
    »Aber warum? Aus welchem Grund tun Sie das alles?« Verzweifelt sah ich mich um, musterte diese Manifestation des Todes so vieler Opfer.
    »Dieser Ort hat einen Hang zur Magie. Er ist so alt und voller Wut – wie der Platz, den Ihre Schatten als ihr Heim bezeichnen. Doch hier fließt mehr frisches Blut, um ihn zu nähren. Das Lagerhaus dort oben zu kaufen und den Abflusskanal zu blockieren, war eine Kleinigkeit, und auch diese erbärmlichen tecatos dort draußen ließen sich wunderbar nutzen. Nachts, während sie high waren, wütete Ihr Zombiefreund unter ihnen wie der Sensenmann höchstpersönlich.« Er unterbrach sich kurz, grübelte darüber nach und fuhr dann fort: »Und dieser Raum hier – selbst im Ruhezustand ist er das reinste Kunstwerk. Der Mann kann gut mit Knochen umgehen.«
    Ich brauchte mehr Zeit. Luz brauchte mehr Zeit. »Aber wozu die ganzen Knochen? Warum hier? Warum dieses Mädchen?«
    »Damit wir Santa Muerte herbeirufen und sie unserer Kontrolle unterwerfen können.« Montalvo stand auf. »Es ist ein brillanter Plan.«
    »Niemand kann Santa Muerte besitzen!«, schrie Olympio hinter mir. »¡Vete a la chingada!«
    »Halt die Klappe«, befahl ich ihm. Er begriff nicht, was ich mit Montalvo vorhatte. Die Taschenlampe in seiner Hand, unsere einzige Lichtquelle, zitterte wild.
    »Dafür werden wir Sie töten!«, fuhr der Junge wütend fort.
    Montalvo lächelte milde. »Da irrst du dich, denn ich kann in die Zukunft sehen. Und ich sehe, dass ich schon bald sehr mächtig sein werde.«
    Luz rührte sich. Ich konnte es nicht sehen, spürte aber, wie langsam das Bewusstsein in sie zurückkehrte, ein wenig wie ein umgekehrter Tod. Bisher hatte ich noch nie gesehen, wie ein Vampir aufwachte, aber bestimmt würde sie fuchsteufelswild sein. Und immer noch in Silber gekettet, sodass sie uns genauso wenig helfen könnte, wie sie sich selbst hatte helfen können.
    Mir fiel keine andere Rettungsmöglichkeit ein, als eben das zu tun, was Luz verboten worden war. Nachdem Anna mich damals gebissen hatte, hatte ich geschworen, dass mir das niemals wieder passieren würde – das Gefühl von Vampirfängen im Fleisch muss man nicht mehr als einmal erleben. Doch wenn ich Luz nicht bald wach bekam, um die Chancen auszugleichen, würden der Junge und ich es nicht lebend hier rausschaffen.
    »Olympio – lauf!«, brüllte ich ihn an, während ich zu Luz stürzte und nach ihren Lippen tastete. Brutal zerrte ich ihre Kiefer auseinander, schob mein Handgelenk dazwischen und drückte sie wieder zusammen. Olympio sprintete los und richtete seine Lampe auf den Tunnel.
    Montalvo begriff erst kurz bevor das Licht verschwand, was ich tat. Er lachte herzlich. » Dama – für diese Fesseln gibt es keinen Schlüssel.« Ein kurzer Knall, dann erschienen in den oberen Ecken des Raumes helle Flammen, die offenbar im Nichts brannten. Nun waren die Knochen in all ihrer Pracht zu sehen. Sie bildeten ein Muster: Eine große Spirale, zu deren Mitte hin die Knochen immer kleiner wurden, und die auf den Käfig ausgerichtet war.
    Obwohl Montalvo grinste, war sein Gesicht starr wie eine Maske. Er kam zu mir und zerrte mich so ruckartig weg, sodass Luz’ Zähne mein Handgelenk aufschlitzten. Ich taumelte mit viel Schwung zurück; seine Magie verstärkte die Bewegung und jagte mich wie eine starke Windböe gegen die Wand. Die losen Knochen auf dem Boden wurden beiseitegewirbelt. Hilflos hing ich an der Mauer; ich konnte mich nicht befreien. Ein großes Gewicht schien gegen meine Brust zu drücken. »Sie bleiben hier«, befahl er. »Sie werden Zeuge sein.«
    Dann wandte er sich dem Mädchen im Käfig zu. »Adriana, mi niña esqueleto, mi mujer delgada, más pálida y bella.« Sanft strich er über die Käfigstangen, sowohl über die beinernen als auch über das Metall. Die Knochen an der Wand bohrten sich in meinen Rücken, aber seine Kraft hielt mich an Ort und Stelle. Montalvo trat einen Schritt zurück und begann, die Hände rhythmisch vor dem Käfig hin-und herzubewegen, als wäre er ein Dirigent. Seine Stimme schwoll an, ganz ähnlich wie die des curandero gestern.
    Am Tunneleingang tauchte plötzlich ein schmutziges Gesicht auf. Die Alte war wieder da. Ich wollte ihr zurufen, dass sie verschwinden solle, aber der bruja hatte mir sogar die Stimme

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