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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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»Tempeldienerin« stand ein Stück abseits, den Blick bescheiden gesenkt.
    Fandorin richtete sich halb auf und schwang das Seil.
    Noch eine Sekunde, dann ging es los.
    Iwaoka würde den einen überwältigen und mit dem zweiten kämpfen. Auf den Lärm hin würden Suga und Asagawa den Buckligen packen. Fandorins Aufgabe bestand darin, die Schlinge zielsicher zu werfen und möglichst fest zuzuziehen. Bei einiger Übung war das nicht schwer, und Übung besaß Fandorin: In den vielen Monaten in türkischer Gefangenschaft hatte er aus Langeweile und Müßiggang ausgiebig trainiert. Er war sicher: Das wurde saubere Arbeit.
    Er begriff nicht, was geschehen war: Entweder war Iwaoka nicht vorsichtig genug gewesen, oder der Satsumaer hatte sich zufällig umgedreht – jedenfalls wurde es keine »saubere Arbeit«.
    Der letzte Samurai, der jüngste der drei, drehte sich um, als der Kommissar nur noch fünf Schritt von ihm entfernt war. Er reagierte mit geradezu phantastischer Geistesgegenwart. Er hatte den Kopf kaum halb gedreht, als er schon mit einem Aufschrei das Schwert zog. Die beiden anderen schnellten, wie von einer Feder getrieben, von der Wand und zogen ebenfalls ihre Waffen.
    Über Iwaokas Kopf blitzte ein Schwert auf, schlug gegen den erhobenen Fächer und prallte klingend und funkensprühend daran ab. Der Kommissar drehte die Hand ein wenig, öffnete seine sonderbare Waffe weiter und ließ sie wie spielend durch die Luft sausen, doch der stählernde Rand traf einen Satsumaer an der Kehle. Blut spritzte, und der erste Gegner war erledigt. Er sackte zu Boden, griff sich an den Hals und verstummte rasch.
    Der zweite stürzte sich bereits wie ein Wirbelwind auf Iwaoka, doch der alte Hase wich geschickt aus. Mit trügerischer Lässigkeit schlug er dem Angreifer mit dem Fächer aufs Handgelenk, und das Schwert fiel aus der abgetrennten Hand. Der Samurai krümmte sich und griff mit der Linken nach dem Katana, doch der Kommissar schlug noch einmal zu, und der Satsumaer stürzte mit gespaltenem Schädel zu Boden.
    Das alles dauerte vielleicht drei Sekunden und hinderte Fandorin, die Schlinge zu werfen. Er schwang sie pfeifend in der Luft, doch der Krüppelarmige bewegte sich so schnell, daß er keinen geeigneten Moment zum Werfen fand.
    Die stählerne Klinge focht mit dem stählernen Fächer, die grimmigen Kämpfer sprangen zurück und umkreisten einander, bereit zum nächsten Sprung.
    Der Krüppelarmige bewegte sich nun langsamer, und Fandorin warf die Schlinge. Sie pfiff durch die Luft – doch der Satsumaer sprang nicht zurück, sondern vorwärts. Er schlug den Fächer beiseite, vollführte eine Drehung, ging in die Hocke und hieb das Schwert gegen Iwaokas Beine.
    Ein grausiger Anblick: Die Füße des Kommissars blieben stehen, die abgehackten Waden aber sprangen ab und bohrten sich in den Boden. Der alte Krieger schwankte, doch noch bevor er gestürzt war, hatte die Klinge ihn in zwei Teile gespalten, von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte. Als formlose Masse sackte der Körper zusammen.
    Triumphierend über seinen Sieg, erstarrte der Krüppelarmige kurz, höchstens eine Sekunde lang, doch das genügte Fandorin für einen erneuten Wurf, der diesmal präzise gelang. Die weite Schlinge legte sich um die Schultern des Samurai. Fandorin ließ sie bis zu den Ellbogen rutschen, zog sie fest und riß sie heftig zu sich heran, so daß der Satsumaer sich um die eigene Achse drehte. Binnen weniger Augenblicke lag der Gefangene gefesselt auf dem Boden. Er krümmte sich, bleckte wütend die Zähne, versuchte sogar, nach dem Seil zu schnappen, konnte jedoch nichts ausrichten.
    Suga und Asagawa schleppten den Buckligen herbei, dessen Arme an die Waden gefesselt waren, so daß er weder laufen noch stehen konnte – als sie ihn losließen, sank er auf die Seite. In seinem Mund steckte ein hölzerner Knebel, dessen Bänder auf dem Hinterkopf verknotet waren.
    Der Vize-Intendant trat zu dem zerstückelten Kommissar, seufzte tief, doch darauf beschränkte sich seine Trauerbekundung.
    Zu Fandorin wandte sich der General bereits mit einem Lächeln.
    »Ich habe das Signal ganz vergessen«, sagte er fröhlich und schwenkte eine Pfeife. »Egal, wir haben es auch ohne Hilfe geschafft. Die beiden Haupttäter haben wir lebend. Ein unerhörter Erfolg.«
    Er blieb vor dem Krüppelarmigen stehen. Der wälzte sich nicht mehr herum, sondern lag still und bleich da, die Augen zusammengekniffen.
    Suga sagte etwas Heftiges, versetzte dem Liegenden

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