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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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unter. Unser Bereich für Gäste, die bereit sind, für private Abgeschiedenheit zu zahlen. Das wird das bequemste für Sie sein.«
    »Ausgezeichnet. Für Ihren Verlust werden Sie selbstverständlich entschädigt.«
    »Ich danke Ihnen. Neben der Abgeschiedenheit vom übrigen Haus, in dem es nachts mitunter recht laut zugeht, verfügt das Appartement noch über andere Vorzüge. Die Zimmer sind durch Geheimtüren miteinander verbunden, was mitunter sehr nützlich ist.«
    Rybnikow lachte spöttisch.
    »Ich wette, es gibt auch falsche Spiegel, durch die man bequem heimlich fotografieren kann. Wie in Port Arthur, wissen Sie noch?«
    Die Gräfin lächelte und schwieg.
     
    Rybnikow war mit der Wohnung sehr zufrieden. Er verwandte einige Stunden darauf, sich einzurichten, allerdings anders als im üblichen Sinn. Seine Vorkehrungen galten keineswegs dem Komfort und der Behaglichkeit.
    Nach Mitternacht ging Rybnikow schlafen, und er ruhte geradezu fürstlich, wie seit langem nicht mehr – er schlief ganze vier Stunden, doppelt so viel wie sonst.
    Zweite Silbe,
in welcher Masa die Neutralität
verletzt
    Der Reisende aus dem sechsten Coupé enttäuschte Fandorin nicht. Im Gegenteil, diese Hypothese schien ihm immer vielversprechender.
    Auf der Bahnstation machte Fandorin den Bauern ausfindig, der das verdächtige Subjekt gefahren hatte. Die Aussage der hübschen Dame bestätigte sich – der Mann sagte, der Deutsche habe tatsächlich einen Hunderter gelöhnt.
    »Wieso Deutscher?« fragte Fandorin.
    Der Kutscher fragte erstaunt zurück: »Meinen Sie, ein Russe würde einen Hunderter rausrücken, wenn’s normalerweise fünfzehn Kopeken kostet?« Und nach kurzem Überlegen setzte er hinzu: »Und komisch gesprochen hat er auch.«
    »Wie – komisch?« wollte Fandorin wissen, doch das konnte der Mann nicht erklären.
    Schwieriger war zu ermitteln, wohin der Schwarzhaarige anschließend gefahren war. Der Stationsvorsteher redete sich heraus, er wisse von nichts, der Diensthabende blökte hilflos und sah Fandorin nicht in die Augen, der örtliche Gendarm stand stramm und kehrte den tumben Tor heraus. Da fragte Fandorin, dem die Worte der wertvollen Zeugin wieder einfielen, nach der Rangierlok.
    Dem Gendarm brach augenblicklich der Schweiß aus, der Diensthabende erbleichte, der Stationsvorsteher errötete.
    Wie sich herausstellte, war die Lok mit dem Schwarzhaarigen an Bord entgegen sämtlichen Regeln und Vorschriften mit Volldampf dem Passagierzug hinterhergefahren, der die Strecke eine Stunde vor dem Kurierzug passiert hatte. Der verrückte Schwarzhaarige (hinsichtlich seiner Nationalität waren die Meinungen der Zeugen geteilt: der Stationsvorsteher hielt ihn für einen Franzosen, der Diensthabende für einen Polen, der Gendarm für einen »Jidd«) hatte derartig mit Geld um sich geworfen, daß niemand hatte widerstehen können.
    Fandorin zweifelte nun nicht mehr: Das war der Mann, den er suchte.
    Der Zug, dem der interessante Reisende hinterhergejagt war, erreichte Viertel vor zehn Moskau – die Zeit war also knapp.
    Fandorin schickte ein Telegramm an den Moskauer Vertreter der Direktion und zugleich Chef der Wolokolamsker Strecke, Oberstleutnant Danilow: Am Bahnhof sei ein Verdächtiger zu empfangen (es folgte eine ausführliche Beschreibung); er solle auf keinen Fall festgenommen, sondern von den besten Agenten beschattet werden; ansonsten sei bis zu Fandorins Eintreffen nichts weiter zu unternehmen.
    Der Zugverkehr auf der Nikolajewsker Strecke war wegen des Unglücks unterbrochen, in Richtung Petersburg stand eine lange Schlange aus Passagier- und Güterzügen, in Richtung Moskau aber war die Strecke frei. Fandorin verlangte eine nagelneue fünfachsigeCompound-Lok und raste in Begleitung seines treuen Kammerdieners mit achtzig Werst in der Stunde gen Osten.
     
    Fandorin war vor fünf Jahren das letztemal in seiner Heimatstadt gewesen – inkognito, unter falschem Namen. Die höchste Moskauer Obrigkeit hatte etwas gegen den Staatsrat a. D., und zwar in einem Maße, daß selbst der kürzeste Aufenthalt in der zweiten Hauptstadt für ihn äußerst unschön hätte enden können.
    Nach Fandorins Rückkehr in den Staatsdienst, obgleich ohne offizielle Formalitäten, war eine höchst kuriose Situation entstanden: Versehen mit dem Vertrauen der Regierung und mit weitgehenden Vollmachten, hatte er im Gouvernement Moskau noch immer als Persona non grata gegolten und war bei seinen Reisen möglichst nie weiter vorgedrungen als bis

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