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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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niemals in einen Fremden verliebt, schon gar nicht in einen Barbaren.«
    »Was?« keuchte Fandorin und sah, daß Midoris Puppengesicht plötzlich errötete.
    »Ich tötete dich nicht, ich gab Tsurumaki einen Teil des Geldes zurück und erklärte, ein Wunder hätte dich gerettet. Aber damit nicht genug meiner Schande, meine Tochter will mich unbedingt zugrunde richten. Bei deinem Duell mit dem Engländer saß Midori versteckt im Gebüsch. Sie schoß einen Betäubungspfeil aus dem Fukibari auf den Rothaarigen ab. Das war eine furchtbare Dummheit. Als Tsurumaki den Engländer nach Hause brachte, entdeckte er den Dorn in seinem Hals und wußte sofort: Das war das Werk der Shinobi. Er glaubte, ich spielte ein doppeltes Spiel. Er traf Vorsichtsmaßnahmen, postierte im ganzen Haus Wachen – aus Angst, ich würde ihn töten kommen. Und du bist ahnungslos direkt in die Höhle des Tigers gegangen …«
    »Und du hast mir nichts gesagt?« wandte sich Fandorin an Midori.
    Zum erstenmal regte sie sich – sie senkte die Augen.
    »Du meinst, sie hätte ihren Vater verraten sollen? Einem Fremden vom Momoti-Clan erzählen?« fragte Tamba drohend. »Nein, sie tat etwas anderes. Meine Tochter ist eine verliebte Närrin, abereine sehr schlaue Närrin. Sie überlegte sich etwas zu deiner Rettung. Midori wußte, daß Tsurumaki nicht dich fürchtet, sondern mich. Daß er nicht begreift, warum ich ihm plötzlich in die Quere komme, und deshalb besorgt ist. Wenn Tsurumaki erfuhr, daß die Ninja deine Geliebte geraubt haben, würde er dich nicht töten. Midori schläferte deinen Diener ein – nicht für lange, nur für ein paar Minuten, und kam zu mir geeilt. Sie sagte, Tsurumaki würde dich auf jeden Fall herführen, schließlich wolle er herausfinden, welche Verbindung zwischen dir und dem Jonin des Momoti-Clans besteht …« Der Alte lächelte säuerlich. »Wenn er die Wahrheit wüßte, würde er die Achtung vor mir verlieren. Tamba I. hatte keine Schwächen. Er hat nicht gezittert, als er seine Söhne in der belagerten Festung Hijiyama sterben ließ. Ich aber bin schwach. Meine Schwäche ist meine Tochter. Und die Schwäche meiner Tochter bist du. Darum bist du noch immer am Leben, und darum rede ich mit dir.«
    Fandorin schwieg erschüttert. Die zusammenhanglosen Fakten fügten sich zu einem Ganzen, unbegreifliche Rätsel waren nun gelöst. Trotzdem fragte er – nicht den Jonin, sondern dessen Tochter: »Ist das wahr?«
    Sie nickte, ohne den Kopf zu heben. Lautlos sagte sie einen kurzen Satz.
    »I love you«, las Fandorin von ihren Lippen ab und verspürte ein heißes Pochen in den Schläfen. Noch nie, nicht einmal in den zärtlichsten Augenblicken, hatte sie das zu ihm gesagt. Oder war das wieder das verfluchte Jojutsu?
    »Ich bin nicht dein Feind«, beendete Tamba die überlange Pause. »Ich kann nicht der Feind des Mannes sein, den meine Tochter liebt.«
    Doch Fandorin, angestachelt vom Gedanken an die Raffinessen des Jojutsu, rief unversöhnlich: »Doch, du bist mein Feind! Du hast meine Freunde getötet! Was hast du mit Masa gemacht?«
    »Er ist heil und gesund.« Der Alte lächelte sanft. »Er ist nur in das Zimmer mit dem umkippenden Boden gegangen und in eine Grube gefallen. Mein Neffe Jingoro hat deinem Diener den Hals abgedrückt, damit er einschläft. Bald wirst du selbst ihn wieder aufwecken.«
    Doch die Rechnung, die der Vizekonsul mit dem Momoti-Clan hatte, war lang.
    »Du hast meine Freunde getötet! Asagawa, Lockstone, Twiggs! Meinst du etwa, ich hätte sie vergessen?«
    Darauf hob Tamba nur die Arme und sagte traurig: »Ich hatte gehofft, du würdest verstehen. Meine Genin haben ihre Arbeit getan. Sie haben deine Freunde nicht aus Haß getötet, sondern aus Pflichtgefühl. Sie alle starben rasch, ehrenvoll und ohne Qualen. Aber wenn du sie rächen willst, so ist das dein Recht. Tamba macht keine halben Sachen.«
    Er griff unter den niedrigen Tisch, drückte auf irgend etwas, und in der Decke über Fandorin öffnete sich ein dunkles Quadrat.
    Der Jonin gab einen kurzen Befehl. Mit dumpfem Aufprall fiel die Herstal auf die Strohmatte, Fandorin vor die Füße.
    »Räche dich an mir«, sagte der Shinobi. »Aber sei nicht böse auf Midori. Sie trägt dir gegenüber keine Schuld.«
    Fandorin hob langsam die Waffe und schaute in die Trommel – eine leere Hülse, sechs volle. Meinte der Alte das ernst?
    Er hob den Revolver und richtete ihn auf Tambas Stirn. Der blickte nicht weg, senkte nur die Lider. Er könnte mich

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