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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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den Kutter verkauft hat, hat noch nicht alles bezahlt. Er wollte ihm nicht alles Geld auf einmal geben, er sagte: ›Dann rauchst du dich nur zu Tode.‹ Er hat es in Raten gezahlt, fünfundsiebzig Yen stehen noch aus. Und das ist schließlich eine ganze Menge! Etwas Schriftliches existierte zwischen ihnen nicht, das ist bei den Japanern nicht üblich, deshalb befürchte ich, der Bucklige wird mir nichts geben, er wird mich arme Waise betrügen.«
    »Der B-bucklige?«
    »Na ja, er hat einen Buckel. Sogar zwei, vorn und hinten. Ein wahres Monster und ein Bandit. Ich fürchte mich vor ihm. Kommen Sie doch mit, Herr Beamter, als Diplomat unseres Vaterlandes, ja? Ich würde Gott auf Knien dafür danken!«
    »Das Konsulat befaßt sich nicht mit dem Eintreiben von Schulden«, sagte Shirota rasch. »Das ist nicht erlaubt.«
    »Ich könnte es als P-privatperson tun«, schlug der mitfühlende Vizekonsul vor. »Wo finden wir diesen Mann?«
    »Nicht weit von hier, am anderen Ufer.« Das Mädchen hörte sofort auf zu weinen und sah Fandorin voller Hoffnung an. »Die Spelunke heißt ›Rakuen‹, das bedeutet ›Paradiesgarten‹. Papa hat für den Wirt gearbeitet. Er heißt Semushi. Der Bucklige. Alles, was Papa auf See verdiente, hat er diesem Blutsauger gegeben, für das Teufelskraut.«
    Shirota runzelte die Stirn.
    »›Rakuen‹? Das kenne ich. Ein übler Laden. Dort spielen die Bakuto (das sind sehr schlechte Menschen) Würfelspiele, und dort wird chinesisches Opium verkauft. Das ist natürlich eine Schande«, fügte er bedauernd hinzu, »aber Japan trägt daran keine Schuld. Yokohama ist ein offener Hafen, hier herrschen eigene Regeln. Aber ein Diplomat darf sich im ›Rakuen‹ nicht blicken lassen. Das gäbe womöglich eine Inzidenz.«
    Das letzte Wort sprach der Schreiber mit besonderem Nachdruck aus, er hob sogar den Finger dabei. Fandorin wollte natürlich nicht in eine Inzidenz geraten, noch dazu gleich am ersten Tag seines diplomatischen Dienstes, aber konnte man denn das hilflose Mädchen in der Not allein lassen? Außerdem war er neugierig auf die Opiumraucher.
    »Das Statut des Konsulardienstes schreibt vor, Landsleuten zu helfen, die sich in einer Notlage befinden«, sagte Fandorin streng.
    Gegen das Statut wagte der Schreiber nicht zu streiten. Seufzend gab er sich geschlagen.
     
    Sie machten sich zu Fuß auf den Weg zur Spelunke. Fandorin hatte sich bereits auf dem Weg vom Konsulat zur Blagolepowa geweigert, eine Rikscha zu nehmen, und dabei blieb er auch jetzt.
    Alles im Einheimischenviertel war für Fandorin neu: die baufälligen, aus rohen Brettern gezimmerten Hütten, die Papierlaternen an den Masten und die unbekannten Gerüche. Die Japaner erschienen dem jungen Beamten äußerst häßlich. Kleinwüchsig, mager,mit groben Gesichtern, liefen sie hektisch herum, den Kopf zwischen den Schultern. Besonders enttäuschend waren die Frauen. Anstelle der bunten japanischen Kimonos, die Fandorin auf Bildern gesehen hatte, trugen sie verwaschene, formlose Lumpen. Sie machten mit ihren schrecklich mißgestalteten Füßen winzige Trippelschritte, und obendrein waren ihre Zähne vollkommen schwarz! Diese gräßliche Entdeckung machte Fandorin, als er an einer Straßenecke zwei Frauen miteinander tratschen sah. Sie verbeugten sich alle paar Sekunden voreinander und lächelten breit, wobei sie aussahen wie zwei kleine schwarzzahnige Hexen.
    Dennoch gefiel es dem Vizekonsul hier wesentlich besser als auf dem gesitteten Bund. Das war das echte Japan! Mochte es auch unscheinbar sein, aber es hatte auch seine Vorzüge, resümierte Fandorin. Trotz der Armut herrschte überall Sauberkeit. Erstens. Die einfachen Menschen waren außerordentlich höflich und wirkten nicht erniedrigt. Zweitens. Ein drittes Argument für Japan fiel ihm vorerst nicht ein, und er verschob weitere Schlüsse auf später.
    »Hinter der Weidenbrücke beginnt das Sündenviertel.« Shirota zeigte auf eine geschwungene Holzbrücke. »Teehäuser, Bierschenken für Seeleute. Dort ist auch das ›Rakuen‹. Da drüben, sehen Sie? Gegenüber von dem Pfahl mit dem Kopf.«
    Fandorin betrat die Brücke, schaute in die angegebene Richtung und erstarrte. Auf einem hohen Pfahl steckte ein Frauenkopf mit raffinierter Frisur. Er wollte sich rasch abwenden, zögerte aber einen Augenblick und konnte sich dann nicht mehr lösen. Das tote Gesicht war erschreckend, bezaubernd und wunderschön.
    »Das ist eine Frau namens O-Kiku«, erklärte der Schreiber. »Sie war die

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