Diamantenschmaus
vielleicht sogar genauso gut. Das musste man schon sagen. Ehre, wem Ehre
gebührte.
Für Palinski stand fest, dass die Frau Wurminzer die Leiche
entdeckt, doch sonst nichts mit dem Mord zu tun hatte. Dazu war diese Frau gar
nicht imstande. Da war sich Palinski ganz sicher.
Was er gestern allerdings total versäumt hatte, war, die alte
Dame und die anderen Hausbewohner nach möglichen Beobachtungen zu fragen. Ganz
gegen seine Gewohnheit hatte er sich durch den köstlichen Gugelhupf von seiner
üblichen Exaktheit und professionellen Neugierde abbringen lassen. Was war ihm
da eigentlich eingefallen?
Auf dem Weg zur Dreierstiege begegnete ihm im
Innenhof Frau Pitzal, die heimliche Chefin des Hauses. Als Hausbesorgerin war
sie zwar nicht allwissend und hatte bestimmt nicht alles gesehen, aber mit
Gewissheit war sie besser informiert als die übrigen Hausbewohner.
»Sis a Waunsinn, Hea Palinski«, begrüßte sie ihn von Weitem.
»Seit se fia die Kriminesa oabeitn, is des schon die dritte Leich im Haus. Und
des in knopp vier Joar. Na Bumm sog i do, na bumm und nix ondas.«
Lettenberg, Lesonic und …, wo nahm die Pitzal bloß einen
dritten Toten her? Ach ja, vielleicht meinte sie diese verrückte Tatjana von
Weihnachten vor einem Jahr. Die Frau war damals liegend und bewusstlos zum
Rettungswagen gebracht worden. Möglich, dass der gute Geist des Hauses sie für
tot gehalten hatte.
»Falls Sie die junge Frau von den vorletzten Weihnachten
meinen, muss ich Sie enttäuschen«, klärte Palinski die Pitzal auf. »Die war
nicht tot, die war bloß bewusstlos. Darum ist sie auch weggetragen worden. Die
wilde Tatjana sitzt noch gut fünf Jahre in Schwarzenau [13] .«
»Ah so, die lebt no«, wunderte sich die Hausmeisterin, »dabei
hods ois Dode so richtig nett ausgeschaut, no, wia ma si däuschn kau«, sie
schüttelte den Kopf. »Oba zwa san jo eigentli a gnua.«
»Liebe Frau Pitzal«, das Problem mit der Guten war es, sich
von ihr nicht in eine Endlosschleife relativ wenig sinnvollen Schwätzens locken
zu lassen, »wo wir gerade beim Thema sind. Haben Sie in den letzten Tagen auf
der Dreierstiege oder überhaupt Leute gesehen, die etwas mit dem Mord zu tun
gehabt haben könnten? Die Ihnen also irgendwie aufgefallen sind?«
»No jo«, die Herrin der Stiegen überlegte, »do woar amoi da
Bernie, den kennans woarscheinlich eh. Oiso da Bernie woar in die letztn Tog
zwa, na drei Moi do.«
»Und wer ist dieser Bernie?« Palinski hatte keine Ahnung,
obwohl Frau Pitzal offenbar davon ausging, dass ihm diese Person ein Begriff
war.
»No, da is des Enkerl von der Wurminzer«, die Hausbesorgerin
lachte freundlich, »a netta Bua, hüfsbereit. A bissl bled vülleicht, oba wirkli
a liaba Kerl.«
»Ach ja.« Palinski erinnerte sich, gelegentlich einen kleinen
blonden Buben kommen und gehen gesehen zu haben. »So etwa acht bis zehn Jahre
alt, ein freundliches Kind.«
»I glaub, Sie manan den Jörgi von der Frau Mader«, erwiderte
Frau Pitzal, »wäu da Bernie is 32 Joa oid und guade 1,90 groß. Jo und daun woa
do no a Dame, so um die fuffzig, kla, zierlich. Dies im Fernsehn zeigt hom,
wias vahoftet wurn is.«
»Sie meinen Frau Brandl?« Palinski war überrascht, dass ihm
die Wurminzer den Besuch der derzeit Hauptverdächtigen verschwiegen haben
sollte. »Frau Helene Brandl, die gestern Abend verhaftet worden ist?«
»Jo, jo«, bestätigte Frau Pitzal. »Die woa am …«, sie
überlegte, »Donnasdog oda Freidog do, so gegn fünfe am Nochmittog. Wia is im
Fernsehn gsegn hob, hob i no zu mein Mau gsogt, Herbert schau, die Frau woa do
bei uns im Haus. Auf da Dreierstiagn«, fügte sie hinzu.
Die Pitzal stellte ihre prall gefüllte Tasche auf den Boden,
ein schlechtes Zeichen, bedeutete es, dass sie sich auf einen längeren
Aufenthalt einrichtete. Für Palinski also definitiver Anlass, möglichst
unverzüglich und rasch das Weite zu suchen.
»Ich danke Ihnen sehr, Frau Pitzal«, sprach er flugs und
wollte gerade enteilen, als sie ihn mit einem beiläufig hingeworfenen »Jo und
daun woar do no a Hea von da Versicherung, der nochm Lesonic gfrogt hod« wieder
davon abbrachte, das Weite zu suchen.
»Und woher wissen Sie, dass dieser Herr von einer
Versicherung war?«, interessierte sich Palinski. »Hat er vielleicht seinen
Namen genannt? Oder gesagt, von welcher Firma er ist?«
»Na, des ned«, entgegnete die Pitzal, »oba i hob zerscht
glaubt, i häd eam erkaunnt. Des woar so a Typn wia der, der im Fernsehn zum
Segn is. Wira sogt
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