Diamantenschmaus
Möglichkeiten dieser neuen Technologie für ihre Geschäfte geprüft.
Immerchin sollte es in einer Gesellschaft, die prinzipiell alles sammelt, was
rein technisch sammelbar ist, also … mampf … Briefmarken, Bücher, vor
allem aber jede Art von Devotionalien prominenter Menschen wie deren
Unterschriften, Fotos oder … mampf … Unterwäsche, am besten
ungewaschen, möglich sein, Interessenten für Diamant-Prominenz zu finden.
Zahlungskräftige Irre, die statt für ein geraubtes Gemälde von Munch für einen
Diamanten aus der Asche von zum Beispiel Enrico Caruso oder Maria Callas ein
Vermögen chinlegen.«
»Das ist ganz schön pervers«, merkte Palinski an. »Geht das
nicht in Richtung Nekrophilie?«
»Mein Gott, was ist schon pervers …
mampf … und was nicht?«, entgegnete Malatschew. »Wie nennst du denn
Menschen, die sich uralte vertrocknete Leichen ansechen und noch Geld dafür
bezahlen? Wie zum Beispiel in der Ägyptischen Abteilung … mampf, mampf«,
jetzt war das Salzstangerl endlich weg. »Oder Bleisärge wie in eurer
Kapuzinergruft? Auf jeden Fall chat diese neue Technologie für das organisierte
Verbrechen nicht genug chergegeben, um …«, Juris Hand fuhr in Richtung
Körberl und Palinski fürchtete bereits, der alte Teufel würde sich auch noch an
dem zweiten Salzstangerl vergehen. Doch Malatschew zog seinen Arm wieder zurück
und widmete sich lieber der gerade rechtzeitig servierten Suppe.
»Das chat sicherlich … schlürf, schlürf … damit zu
tun gechabt, dass die synthetischen Diamanten teurer sind als die, die in der
Natur und dacher auch beim Juwelier vorkommen«, fuhr Juri ungerührt fort. »Und
zwar … schlürf … um einiges teurer.«
Palinski war sprachlos über diese einmalige audiovisuelle
Inszenierung namens ›Fressender Russe‹. Malatschew war ein ausgesprochen
ungemein ungustiöser, absolut … liebenswerter Mensch und ein
überwältigendes Naturereignis. Palinski beschloss zu schweigen und sich
ebenfalls eine Griesnockerlsuppe zu bestellen. Die sah wirklich köstlich aus.
Wie hieß es frei nach Nestroy [20] ?
Wenn alles schlürft, dann ist es keine Schande nicht.
*
Ramona Mertens, eine Mitarbeiterin aus Oberamtsrat
Federbeis’ Truppe, kam mit einem Häferl Milchkaffee aus der Teeküche und betrat
nichts ahnend das Büro des Chefs. Um ihm, wie jeden Tag um diese Zeit, seinen
Kaffee zu bringen.
Doch auf das, was sich in dem sonst so vertrauten Ambiente,
dem kleinen Universum des von ihr heiß verehrten Vorgesetzten, gerade
abspielte, war sie nicht vorbereitet. Wie hätte sie das auch sein sollen?
Angesichts des Mannes, der nervös und mit Schweißperlen auf
der Stirn den Chef mit einer schwarzen, matt glänzenden Handfeuerwaffe
bedrohte, schmiss Ramona nicht nur die Nerven weg. Mit einem spitzen Schrei
ließ sie zudem das Häferl fallen und das mittelbraune Gesöff spritzte über den
Boden.
Ehe der ebenfalls überraschte Noselli etwas tun oder sagen
konnte, war die Mitarbeiterin schreiend aus dem Raum gelaufen. Was bisher noch
nicht bekannt gewesen war und möglicherweise ohne nennenswerte Folgen unter den
Teppich hätte gekehrt werden können, war schlagartig offiziell geworden und
nahm in diesem Augenblick erbarmungslos seinen Lauf.
Obwohl der Oberamtsrat, ein Phlegmatiker der Spitzenklasse,
kalmierend eingreifen wollte, um trotz leisen Unbehagens eine
Law-and-Order-Orgie zu vermeiden, hatte die Polizei innerhalb von sieben
Minuten den Bereich vor dem Finanzamt abgeriegelt sowie im dritten Stock
Stellung bezogen. Da kam kein Mäusefurz mehr rein oder raus, geschweige denn
ein schießwütiger, zu allem entschlossener Schwerverbrecher.
Weitere zwölf Minuten später hatten Scharfschützen der
Sondereinheit WEGA einige der umliegenden Dächer erobert und ihre
Präzisionswaffen in Stellung gebracht. Jetzt konnte auch keine Fliege mehr das
Gebäude verlassen.
Sebastian Noselli und Reinhard Federbeis bekamen diese
Detailentwicklungen naturgemäß zunächst einmal gar nicht mit. Der unglückliche
Antiquitätenhändler, dem es sichtbar unangenehm war, Ramona Mertens dermaßen
erschreckt zu haben, und der sich wortreich für die dadurch entstandene Sauerei
am Boden entschuldigt hatte, war gerade dabei, sich vom Oberamtsrat überzeugen
zu lassen, dass es besser sei, die Waffe wegzustecken und aufzugeben.
Just in dem Moment klingelte das Telefon und ein Major
Dollinger, der sich Federbeis als Einsatzleiter vorstellte, wollte mit dem
Geiselnehmer
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