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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Nur
vorsichtiger bin ich geworden, viel vorsichtiger. Übrigens, wie geht’s Ihnen
denn mit Ihrem Restaurant?«
    Palinski blickte Noselli fragend an. »Haben Sie gewusst, dass
dieser strenge Herr hier«, er deutete dezidiert auf den Oberamtsrat,
»gleichzeitig ein begnadeter Gastronom ist? Sie kennen sicher das
Winzerschlössl im 7. Bezirk? Ein toller Betrieb, hat heuer, glaub ich,
wieder eine Haube im Restaurantführer bekommen. Oder?«
    »Nun ja«, der Oberamtsrat fühlte sich sichtlich
geschmeichelt, »heuer haben wir sogar 14 Punkte geschafft. Aber das
Gasthaus gehört ja eigentlich meiner Frau. Ich arbeite nur hin und wieder ein
bisserl mit, als Weinkellner.«
    »Ja, Weinkellner, das klingt so bescheiden«, griff
Palinski den Ball auf. Er drehte sich wieder zu dem Mann mit der Waffe. »Hätten
Sie gedacht, dass man hier im Finanzamt einen der besten Sommeliers Wiens, was
heißt, ganz Österreichs finden kann? Na, da schaun Sie, gelt?«
    Noselli, dessen Gier nach einer Zigarette immer ungezügelter
wurde, wusste nicht, wie ihm geschah. Irgendwie überkam ihn das Gefühl, dass
die Dinge nicht ganz so liefen, wie er gedacht hatte.
    »Das ist toll«, konzidierte er und fuhr sich mit dem
Taschentuch über die schweißnasse Stirn. »Jetzt mal was anderes«, er
gestikulierte mit der Waffe herum, wohl um das Gesetz des Handelns wieder an
sich zu reißen. »Haben Sie mir Zigaretten mitgebracht?«
    Während des letzten Herumfuchtelns hatte Palinski das kleine
Klebeetikett mit der Preisinformation auf dem Kolben der Waffe deutlich
erkennen können. Er glaubte auch, sich erinnern zu können, seinerzeit im Laden
Nosellis in einer Vitrine einige Pistolen, oder waren es Revolver gewesen,
gesehen zu haben. Er war sich ziemlich sicher, dass es sich dabei … obwohl
man natürlich nie wissen konnte. Andererseits konnte er sich kaum vorstellen,
dass …
    »Zigaretten, ach ja, tut mir leid«, erwiderte er, »das hat
man mir ausgerichtet. Ich habe sie aber in der Hektik ganz vergessen. Tut mir
leid.«
    Noselli schien bei der Nachricht fast zusammenzuklappen und
Federbeis, der die Entzugserscheinungen des Geiselnehmers die ganze Zeit über
beobachtet hatte, machte ein besorgtes Gesicht.
    »Ha, ha, das war nur ein Scherz«, entfuhr es Palinski
krampfhaft lustig, »natürlich habe ich Ihre Zigaretten hier«, er deutete auf
die linke Außentasche seiner Jacke.
    Schlagartig verbesserte sich die Laune des Nikotinsüchtigen
und sein Zittern wirkte wieder etwas kontrollierter. Auch dem Oberamtsrat, der
sich sehr über Palinskis sense of humor wundern musste, schien diese Nachricht
gut zu bekommen.
    »Wir haben noch ein Problem«, fuhr der vermeintliche Mediator
fort, »und kein kleines. Ja, ich würde sagen, ein fast unüberwindbares.« Er
wackelte bekümmert mit dem Kopf und meinte zu dem neuerlich gequält aussehenden
Noselli: »Ich fürchte, dass es mit dem Rauchen hier nichts werden wird. Also
das mit der Zigarette müssen Sie sich abschminken.«
    Noselli schien sich bei diesen Worten in Erinnerung zu rufen,
dass er dank der Waffe in seiner Hand eigentlich derjenige war, der im Moment
zu sagen hatte, was ging und was nicht. Entschlossen richtete er die Kandl [22] auf
Palinski und fauchte ihn an: »Zigarette her oder …«
    »Was oder?«, fauchte Palinski zurück, »wollen Sie mich allen
Ernstes zu einer Gesetzesverletzung zwingen? Ich denke nicht daran, irgendein
Gesetz zu brechen, nur damit Sie Ihrer Sucht frönen können, Sir.«
    Das Sir war wohl scherzhaft gemeint gewesen, klang jedoch
vorwurfsvoll genug, um eine erstaunliche Wirkung auf den Geiselnehmer
auszuüben. Er richtete sich auf, sah auf die auf sein Gegenüber gerichtete
Waffe, senkte sie und murmelte schließlich: »Ich bedaure.«
    Der Oberamtsrat, der immer weniger wusste, was er von der
seltsam-schnoddrigen Art Palinskis halten sollte, konnte sich nicht länger
zurückhalten. »Um Gottes willen, Palinski«, stöhnte er, »geben Sie dem Mann die
Zigarette, bevor er noch völlig durchdreht.«
    »Ich muss mich schon sehr wundern, Herr Oberamtsrat«,
Palinski wirkte wirklich fast ein wenig verstört, »dass Sie als Beamter, als
ein Mann, dessen berufliches Tun und Lassen ausschließlich auf Gesetzen beruht,
mich ganz offen zum Gesetzesbruch auffordern. Das kann nun wirklich nicht Ihr
Ernst sein.« Er schüttelte energisch den Kopf. »Nein, kommt gar nicht infrage.«
Entschlossen verschränkte er beide Arme vor der Brust und schüttelte mit
theatralischem Ernst den

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