Diamantenschmaus
für so etwas. Aber«, er
schüttelte energisch den riesigen Schädel, »für Tanzen ist man nie zu alt.
Charascho?«
»Wo ist eigentlich Florian?«, wollte Palinski
wissen, der auf das andere Thema bewusst nicht einging. »Der Bursche ist doch
hoffentlich hier gewesen.« Er versuchte, aus dem Zustand auf Juris Tisch
Hinweise auf die Anzahl der Personen zu entdecken, die sich hier die letzten
Stunden aufgehalten hatten. Doch die aufmerksame Doris, die das Schmutzgeschirr
regelmäßig abgeräumt hatte, hatte diese Möglichkeit von Anfang an planmäßig
vereitelt.
»Ja freilich«, versicherte der Russe. »Er ist schon wieder im
Büro, um alles zu veranlassen, was zu veranlassen ist, um dieser Childi auf die
Spur zu kommen. Übrigens, ein prächtiger Bursche, dieser Florian. Ein richtig
cheller Kopf. Nimm dir ein Beispiel.«
Frau Doris, die Palinski und seine Bedürfnisse lange kannte,
kam mit einem Cappuccino auf Verdacht vorbei und stellte das Häferl vor Mario
ab.
»Ich kann mir denken, dass Sie das jetzt brauchen werden,
Herr Mario«, meinte sie und Palinski liebte sie für ihre Einfühlsamkeit.
Nach einem ersten Schluck, gefolgt von ein, zwei weiteren war
er wieder bereit und imstande, sich auf Juris wortreiche Ausführungen zu
konzentrieren.
Zwölf Minuten und einen weiteren Kaffee später wusste
Palinski alles, was er über die letzten drei Stunden wissen musste, außer den
aktuellen Stand der Rechnung über Malatschews Konsumationen. Dieser Schock
stand ihm noch bevor.
Na egal, da er offiziell für die SOKO tätig war, konnte er
diese Ausgaben hoffentlich unter dem Titel ›Bewirtung von Informanten‹
verrechnen. Oder sonst wie.
Palinski war fast ein wenig enttäuscht, dass er bei dem
Gespräch nicht sonderlich gefehlt zu haben schien. Alles lief ganz so, wie er
selbst es auch zum Laufen gebracht hätte. Aber er war natürlich sehr stolz auf
Florian, in dem er nicht nur einen talentierten Mitarbeiter, sondern auch einen
treuen Freund sah.
Er blickte auf seine Uhr, langsam wurde es Zeit für ihn.
Zeit, sich mit der …
Das immer wieder nervende Didelidei, Didelidum seines Handys
riss Palinski aus seinen Gedanken. Es war Florian, Juris neuer Liebling, der
ihn über seine Veranlassungen in der Causa Hildi informierte. Er teilte ihm
mit, dass Chefinspektor Wallner wieder in Wien war und ihn um 19 Uhr im BK
erwartete. Ja, und Franka Wallner ließ schön grüßen und wollte wissen, ob im
Falle Karl Lesonic etwas weitergegangen war? Er sollte doch so nett sein und
kurz einmal zurückrufen.
Schön, dass die Wallners wieder im Lande waren, freute sich
Palinski. Ohne die beiden war’s einfach nicht so schön in diesem Sündenbabel.
Ein weiterer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er mehr als
eine Stunde hatte, ehe er bei Wallner erwartet wurde. Zu viel, um schon
loszufahren, zu wenig, um vorher noch ins Büro zu gehen. Genau genügend Zeit,
um Kaffee zu trinken und etwas mit dem inzwischen wieder nüchtern wirkenden
Juri zu besprechen. Der Mann wusste nahezu alles. Möglicherweise hatte er auch
etwas über diesen Karl Lesonic auf Lager.
*
Wilma stand
vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer und betrachtete sich in dem Kostüm, das
sie heute gekauft hatte. Ganz spontan, als sie es bei einem Bummel durch die
Stadt gesehen hatte. Eigentlich hatte sie es nur probieren wollen. Sich dank
der Erfahrung, dass ihr Designerstücke aus einer Boutique noch nie auf Anhieb
gepasst hatten, immun gegen die Versuchung zu kaufen gefühlt.
Dann war plötzlich alles anders gewesen. Das Schoß [26] hatte perfekt gepasst, wenngleich das immer der weniger problematische Teil
gewesen war. Dass aber zudem die Jacke, wegen Wilmas relativ großen Brüsten
meistens der Stein des Anstoßes bei Konfektionsware, wie angegossen saß, war
gleichermaßen überraschend wie erfreulich.
Sie beschloss, diesen Umstand als Zeichen zu deuten und
erwarb das in einem ganz eigenen Blau gehaltene Stück. Wenngleich es weit mehr
kostete, als sie üblicherweise für derlei Sachen auszugeben gewillt war und mit
sich führte. Wozu gab es schließlich Kreditkarten?
Sie war gespannt, was Oliver heute Abend zu diesem Traum von
einem eleganten Ensemble sagen würde. Marios Kommentar konnte sie sich dagegen
ganz genau vorstellen. Der fand nämlich alles ›wunderbar‹, ›sehr schön‹, auf
jeden Fall ›prima‹, egal, wie sie damit aussah. Das war aber nicht
Kritiklosigkeit, sondern Desinteresse. Ihm war einfach egal, was sie anhatte,
und er
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