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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Kopf.
    »Verdammt noch einmal, Palinski«, es fehlte nicht mehr viel
und der Finanzbeamte würde am Stand durchdrehen, »von welchem Gesetz sprechen
Sie eigentlich andauernd?«
    »Die genaue Bezeichnung, die laufende Nummer des
Bundesgesetzblattes und das Datum der Veröffentlichung kann ich Ihnen nicht
sagen«, entgegnete Palinski. »Inzwischen weiß doch jedes Kind, dass das Rauchen
in öffentlichen Gebäuden verboten ist. Jawohl, verboten, und ich bin ein
gesetzestreuer Mensch.«
    Federbeis verdrehte in scheinbarer Verzweiflung, eigentlich
jedoch leicht belustigt, die Augen. Was nach Palinskis Interpretation so viel
bedeuten konnte wie: ›Na und, was glauben Sie, wie viele Gesetze hier nicht
eingehalten worden sind?‹ Allerdings genauso gut: ›Mein Gott, ja, Sie liegen ja
völlig richtig. In diesem hehren Tempel von Recht und Gesetz wird nicht
geraucht‹. Immerhin wollte er dem Beamten nichts Unehrenhaftes unterstellen.
Nein, denn er war sich völlig sicher, dass ein österreichischer Beamter …
    »Herr Palinski hat ganz recht«, unterbrach Noselli die
Gedanken des Krimiliteranlogen, »das mit dem Rauchverbot habe ich auch gehört.
Gibt es vielleicht eine Raucherzone hier im Hause?«
    Der Oberamtsrat, der bereits Zeuge vieler skurriler
Situationen gewesen war, beschloss, sich nicht mehr zu wundern und sich nicht
länger zu fürchten.
    Was sich vor seinen Augen abspielte, war das reinste
Schmierentheater, inszeniert von diesem Palinski. Das beste war, dieser Noselli
schien ihm tatsächlich auf den Leim zu gehen.
    »Im zweiten Stock, neben dem Warteraum zur
Jahresausgleichsveranlagung, befindet sich ein Raucherzimmer«, erklärte er. »Da
können Sie auf dem Weg nach draußen auf ein Zigaretterl hineinschaun.«
    Anerkennend nickte Palinski Federbeis zu. In diesem
Augenblick hatte der das Drehbuch endlich kapiert und begonnen mitzuspielen.
    »Na gut, dann suche ich jetzt einmal das Packerl mit den
Giftwurzen«, scherzte er. »Mann, Noselli, wollen Sie nicht aufhören zu rauchen?
Das ist doch ungesund.«
    Der Angesprochene machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Ich
weiß«, bekannte er, »aber ich fürchte, ohne Hilfe schaffe ich es nicht mehr,
davon loszukommen.«
    Inzwischen hatte Palinski begonnen, allerhand Zeug
aus seinen Jackentaschen zu holen und Noselli in die Hand zu drücken.
Erstaunlich, was da alles zum Vorschein kam. So viel, dass sich der
Geiselnehmer plötzlich instinktiv veranlasst sah, die Pistole, oder
war’s … na, egal, zur Seite zu legen und die zweite Hand zu Hilfe zu
nehmen.
    Genau und nur auf diesen Moment hatte Palinski gewartet. Mit
einem Satz war er an Noselli dran, nahm die Waffe an sich und beendete damit
das dramatische Geschehen.
    Ehe Federbeis die Polizei hereinrief, erlaubten sie dem
völlig geknickten Mann noch, das Gesetz zu brechen und eine Zigarette zu
rauchen.
    Allerdings nur direkt am offenen Fenster. Im dritten Stock
bestand dabei wirklich keinerlei Fluchtgefahr.
    Nachdem die Polizei den Geiselnehmer in Gewahrsam genommen
und damit begonnen hatte, alles zu Protokoll zu nehmen, genoss es Palinski
sichtlich, für heute der Held des Finanzamtes zu sein.
    Nach zwei Cognacs, die der Oberamtsrat aus seinen
Privatbeständen spendiert hatte, wollte eine der hübschen Beamtinnen aus dem
Großraumbüro nebenan von Mario wissen, wie es gekommen sei, dass er so gar
keine Angst vor der Pistole gehabt hatte.
    »Das war einfach«, räumte der Held bescheiden ein. »Ich habe
bald erkannt, dass Noselli uns mit keiner echten Waffe bedroht hat, sondern nur
mit einer Spielzeugpistole. Täuschend echt aussehend, aber eben nur ein
Spielzeug. Sehen Sie«, übermütig und verspielt nahm er die Waffe, die neben dem
Protokollführer auf dem Schreibtisch lag, in die Hand, hielt den Lauf nach oben
und drückte ab.
    Nichts, wollte er eben sagen, doch es stimmte nicht. Ganz und
gar nicht. In dem geschlossenen Raum klang die machtvolle und vor allem völlig
unerwartete Entladung der Pistole derart laut, dass Palinski mehr als zehn
Minuten nichts hören konnte.
    Was sicher nicht schlecht war, denn die ersten Kommentare der
Umstehenden, vor allem der Polizisten, waren alles andere als schmeichelhaft und
relativierten Palinskis eben erworbenen Ruhm nicht unwesentlich.
    Das Projektil der Pistole, oder war es ein Revolver, hatte
eine Deckenbeleuchtung getroffen, das scheußliche Ding (endlich) zertrümmert
und war am Ende seines Fluges in der Raumdecke steckengeblieben.
    Weiterer Schaden war nicht

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