Diamantenschmaus
dem
Überwachungsteam in Verbindung, das dem Variant unmittelbar folgte.
»Das Objekt hat wie bekannt vor einem gemischten Wohn- und
Bürohaus angehalten«, teilte ›Basilius‹ vulgo Inspektor Wagenreiher mit. »Die
beiden Verdächtigen haben den Pkw verlassen und das Haus betreten. Sollen wir
ihnen folgen?«
»Kann das Haus möglicherweise das Versteck der Entführer
sein?«, wollte Wallner wissen. »Oder was machen die beiden da?«
»Eher negativ«, meinte Wagenreiher, »aber es ist natürlich
nicht auszuschließen, dass sich die entführte Frau in einer der Wohnungen
befindet. Möglicherweise ist der männliche Verdächtige verletzt, er hat seinen
Arm so eigenartig gehalten. Und möglicherweise wurde bei einer Arztpraxis
geklingelt.«
»Gut, warten Sie fürs Erste einfach ab. Wir werden in einigen
Minuten bei Ihnen sein und anschließend sehen wir weiter. Anatol Ende.«
»Verstanden, Basilius Ende.«
Anatol und Basilius, wie schön. Irgendwie süß. Palinski hatte
diesen Codenamen-Unsinn stets für die Erfindung irgendwelcher halblustiger
Schreiberlinge gehalten. Und nun das. Das klang fast wie ein verliebtes Pärchen
auf ›Eingetragener Lebenspartnerschaftsreise‹ im Vatikan.
Na, ihm sollte es recht sein.
*
Wilma hatte ein schlechtes Gewissen.
Kurz nach dem Essen hatte Oliver sie angerufen und zu
überzeugen versucht, dass sie heute Abend mit ihm zuerst in ein neues In-Beisel
und dann ins Casino in Wien, also ins Circle privé auf der Kärtner Straße
kommen musste. Hier sollte er eine Reportage über den Weltmeister im Seven Card
Stud schreiben. Alec Greesbain wollte an diesem Abend, genauer gesagt, exakt um
Mitternacht, gegen zwölf der besten europäischen Pokerspieler antreten.
Nebenbei hatte er eine zusätzliche Wette über 40.000 Dollar laufen, dass
er gegen mindestens neun seiner Gegner auch gewinnen würde. Um dieses einmalige
Event noch spektakulärer zu machen, wollte der Amerikaner gegen alle zwölf
Herausforderer gleichzeitig antreten, vergleichbar einer Simultanpartie beim
Schach.
Wilma spielte weder Poker noch Schach, ihr Wissen über beide
Spiele reichte gerade aus, sie unterscheiden zu können, aber das klang wirklich
interessant. Vor allem aus dem Mund Olivers. Nur deshalb hatte sie zugesagt,
obwohl sie heute ursprünglich einen ruhigen Abend zu Hause verbringen wollte.
Sie hatte sich gleichzeitig vorgenommen, die ganze … Bekanntschaft mit Oliver
wirklich bald zu beenden. Schluss zu machen, ehe noch etwas möglicherweise
Irreversibles geschah.
Und nun das. Sie hatte Marios Nachricht, nein, seine Bitte,
sie doch wieder einmal zu sehen, gerade erst entdeckt. Daher wusste sie nicht
recht, was sie tun sollte.
Einerseits hatte sie Mario diese Woche noch gar
nicht zu Gesicht bekommen, oh Gott, konnte das wirklich stimmen? Andererseits,
das war das eigentlich Erschreckende, hatte sie ihn, wenn sie ehrlich war,
nicht einmal vermisst.
Waren sie wirklich bereits so weit, nur mehr nebeneinander
und nicht mehr miteinander zu leben? Der Gedanke schmerzte sie wiederum mehr,
als sie erwartet hätte. Und das tatsächlich und nicht nur akademisch. Im Sinne
von: Oje, oje, schon wieder zwei, die nicht mehr miteinander können.
Nein, das wollte sie nicht. Sie würde um ihre
Beziehung mit Mario und damit um ihre Familie kämpfen. Mehr als 26 Jahre
waren nicht so leicht aus der Welt zu schaffen.
Allerdings trug natürlich Mario ebenfalls ein bisschen Schuld
an dieser Misere. An solchen Situationen sind immer beide Partner beteiligt.
Immerhin hätte ja auch er … aber er hatte ja versucht sie zu erreichen,
wenngleich er nur die Mailbox …
Wie auch immer, sie würde ihre Partnerschaft nicht einfach so
aufgeben. Aber vielleicht … erst ab morgen. Heute würde sie Abschied mit
und von Oliver feiern, ihm Adieu sagen und diese Beziehung beenden, ehe sie
sich überhaupt noch richtig entwickelt hatte.
Am besten, sie schickte Mario eine SMS mit einer freundlichen
Ausrede. Sprechen wollte sie im Moment nicht mit ihm. Sie wollte ihn nicht
direkt anlügen. Ja, und bei der Gelegenheit konnte sie ihn gleich darauf
vorbereiten, dass der falsche Palinski wieder einmal zugeschlagen zu haben
schien.
Diesmal war es eine bekannte Bar in der Innenstadt, die den
›Sehr geehrten Herrn Palinski‹ ein letztes Mal aufforderte, den bislang offenen
Betrag von 243,80 Euro für Konsumation sofort auf ein unten näher
spezifiziertes Konto zu überweisen. Andernfalls … aber damit konnte man
Mario
Weitere Kostenlose Bücher