Diamantenschmaus
Mutter gewesen, dann gedroht und schließlich fast geflennt,
sodass sie zähneknirschend den Wagen wendete und die knapp zwölf Kilometer
zurückfuhr.
Nur um dieses scheiß Sackl von dem Idioten abzuholen. Warum
hatte der Dolm [38] nicht versucht, das Bündel mit den Geldscheinen mit einem Kopfstoß in die Luft
zu befördern? Stattdessen hatte er die Hände benutzt und sich damit nur den
Daumen gebrochen.
Ach, scheiß drauf, sie war viel zu konziliant, fand Carmen.
*
Die Nachrichten um 17 Uhr waren von zwei
Meldungen dominiert.
Erstens hatte Bundespräsident Dr. Schiefer endgültig die
Geduld mit den ständig streitenden und nur halbherzig verhandelnden Führern der
beiden großen Parteien verloren.
»Das Österreichische Volk hat vor mehr als fünf Monaten
gewählt und langsam ein Recht darauf, eine Regierung zu bekommen, die den
geänderten Kräfteverhältnissen Rechnung trägt. Die beiden für die Bildung einer
stabilen Regierung infrage kommenden Parteien bzw. ihre maßgeblichen Vertreter
scheinen jedoch nicht imstande oder auch willens zu sein, diesem Anspruch des
Souveräns zu entsprechen. Vielmehr entsteht der fatale Eindruck, dass hier
parteipolitische, ja sogar private Interessen vor jenen des Staates verfolgt
werden«, meinte das Staatsoberhaupt mit ernster Stimme.
Um seiner Verantwortung gerecht zu werden, sah sich UHBP
daher gezwungen, den beiden Verhandlungsteams die ultimative Rute ins Fenster
zu stellen [39] .
»Ich erwarte aus diesem Grund bis spätestens morgen Mittag
den mit der Regierungsbildung beauftragten Parteivorsitzenden mit der
definitiven Ministerliste bei mir. Wird dieser Termin nicht oder nicht
entsprechend wahrgenommen, werde ich den Herrn Dr. Wasberger von seinem Auftrag
entbinden.«
Das waren harte, aber auch gute Worte für die überwiegende
Mehrheit der Österreicher, die sich seit Längerem von ihren angeblichen
politischen Vertretern gefrotzelt fühlte. Nicht wenige waren der Ansicht, dass
Dr. Schiefers Worte völlig richtig waren, doch viel zu spät kamen.
Na, besser viel zu spät als gar nicht, dachte Palinski und
nickte Helmut Wallner zu.
Und dann kam der Hammer schlechthin.
»Wie die Wiener Zeiten in ihrer morgigen Ausgabe berichten,
hat der Solarplex Musikverlag für sachdienliche Hinweise, die zur Auffindung
ihres Stars Hildi Forderberg führen, eine Belohnung von einer halben Million
Euro ausgesetzt.«
Wallner hatte sich aufgesetzt und konzentrierte sich voll auf
den Meldungstext.
»Wie Gerd Robledal, Manager und Verlobter Hildi Forderbergs
ausdrücklich versicherte, würde der Verlag sämtliche Hinweise auf Wunsch völlig
vertraulich behandeln und auf die Einschaltung der Polizei verzichten. Wie
Robledal weiter betonte, ging es den hinter diesem Angebot stehenden Personen
nicht um die Aufklärung des Kapitalverbrechens, sondern ›einzig und allein
darum, meine …, unsere Hildi‹, dabei hatte der sympathische Mann leise
geschluchzt, ›wieder zurückzubekommen‹.«
»Die wollen ihre Cashcow einfach freikaufen«, war nicht nur
dem Chefinspektor, sondern ebenso Palinski klar. »Verständlich, damit steigen
ihre Chancen, ihren Star im Ganzen wiederzusehen.«
Helmut hatte manchmal eine etwas trockene Art, Dinge beim
Namen zu nennen, fand Palinski leicht indigniert. Im Kern seiner Aussage hatte
der Chefinspektor natürlich recht.
Er blickte aus dem Auto auf den auf der anderen Seite der
Straße stehenden Wagen des Observierungsteams. Die Kollegen schienen ebenso
angespannt den aktuellen Nachrichten zu lauschen. Seine Augen tasteten
automatisch den Platz vor der Arztpraxis ab, wo der Variant parkte. Oder
zumindest noch bis vor Kurzem geparkt hatte. Denn augenblicklich war der
Wagen …
»Helmut, der Wagen ist weg. Die beiden sind verschwunden«,
stammelte Palinski leise. Beim zweiten Mal lauter: »Helmut, die beiden
Entführer sind weg. Die müssen sich während der Nachrichten aus dem Staub
gemacht haben.«
»Macht nichts, wir haben sie ja auf dem Monitor«, wollte der
Chefinspektor erwidern, als er erkannte, nein, betroffen erkennen musste, dass
das vom Sender erzeugte Signal nach wie vor stationär war. Und zwar unverändert
hier in Deutsch Wagram.
»So ein Mist«, zischte er, »die haben den Sender in der
Ordination gelassen. Man hat uns entdeckt und klassisch ausgetrickst. Verflucht
noch einmal.«
Dann rief Wallner ›Basilius‹ an, aber die Kollegen hatten
auch nichts gesehen und waren daher in der Situation auch nicht zu mehr zu
gebrauchen
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