Diamantenschmuggel
glaube, es hat sich gelohnt.«
Sie traten auf die Straße. Stoßstange an Stoßstange schlichen die Autos durch die enge Häuserschlucht. Es war kalt und windig und der Himmel hatte eine ähnlich graue Farbe angenommen wie an den ersten beiden Tagen in London.
»Und jetzt?«, fragte Bob.
»Jetzt gehen wir in das Fischrestaurant, um zu sehen, wer von den anderen noch da ist«, verkündete Justus. Aber damit war er bei Peter und Bob an der falschen Adresse. Die beiden wollten lieber die Stadt weiter erforschen oder in ein Museum gehen oder ins Kino – nur jetzt nicht wieder in einer Kneipe hocken und mit den anderen Mitgliedern der Reisegruppe Konversation machen.
»Ins Kino am helllichten Tag?« Justus schüttelte widerwillig den Kopf. Peter und Bob versuchten ihm klarzumachen, dass das ein besonderer Genuss sei, aber Justus wollte davon nichts wissen. »Okay«, sagte er schließlich, »ihr macht, was ihr wollt, und ich mache, was ich will. Um achtzehn Uhr sehen wir uns im Hotel wieder.«
Noch bevor die beiden etwas erwidern konnten, war der Erste Detektiv um die nächste Ecke. Pfeifend und summend marschierte er in Richtung Delfshaven, wo sich die anderen zum Essen getroffen hatten. Unterwegs kam er an einer Telefonzelle vorbei und rief von dort die Londoner Filiale des amerikanischen Lebensmittelkonzerns an, der ihnen die Reise gestiftet hatte. Aber niemand hob ab. Justus zog eine enttäuschte Miene. Zu gern hätte er gewusst, ob es dem Mann, der die drei ??? auf ihrer Tour begleiten sollte, inzwischen wieder besser ging. »Vielleicht weiß man dort aber auch gar nichts davon, dass er krank war«, knurrte er.
Er hatte das Lokal erreicht und trat ein. Eine hübsche junge Kellnerin sah bedauernd auf die Uhr, als sie ihn erblickte.
»Tut mir leid, die Küche hat schon Schluss gemacht.«
»Ich wollte nichts essen. Nur nachsehen, ob noch jemand aus unserer Gruppe da ist.«
»Deine Gruppe?« Sie legte den Finger an die Nase und überlegte. »Ah, ich weiß. Diese gemischte Gesellschaft mit dem Herrn im Schottenrock.«
»Genau«, sagte Justus. Er folgte der Kellnerin quer durch den Speisesaal. An der Schwelle zu einem kleinen Nebenraum wandte sie sich um. »In der Nische hinten links. Zwei Herrschaften sind noch da.« Sie nickte ihm freundlich zu und ging wieder zurück.
Einer plötzlichen Eingebung folgend, wartete Justus zunächst, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war. Dann schlich er auf leisen Sohlen an den Tischen vorbei. Dabei stellte er sich vor, wie er gleich die Herren Jenkins und Rodriguez belauschen würde – bei einem trauten Zwiegespräch über ihre Schandtaten. Darin würden sie alles gestehen und sich damit brüsten, wie sie Mr Thomas die Windmühle heruntergestoßen hätten und was sie für raffinierte Diamantenschmuggler seien und wie sie die Schachfiguren aus Justus’ Zimmer gestohlen –
Der Anblick von Mario und Anna riss den Ersten Detektiv aus seinem Tagtraum. Die beiden saßen in der Nische, hielten sich eng umschlungen und hatten ihre Köpfe so in der Umarmung vergraben, dass sie Justus nicht bemerkten. Mario flüsterte etwas auf Italienisch, das Justus trotz seiner Lateinkenntnisse nicht verstand. Wahrscheinlich sind es wieder irgendwelche Liebesschwüre, dachte er und wollte leise den Rückzug antreten. »Schachmatt«, sagte Anna in diesem Augenblick, oder es hörte sich jedenfalls so ähnlich an. In derselben Sekunde fiel es Justus wie Schuppen von den Augen. Natürlich, so musste es sein: In dem Päckchen, das Mr Applebloome junior ihnen mitgegeben hatte, waren gar keine Schachfiguren für Onkel Titus. Sondern Diamanten. Deswegen war das Päckchen gestohlen worden, und deswegen passierten diese ganzen sonderbaren Dinge um sie herum. Seine Hand klatschte gegen die Stirn und die beiden jungen Italiener fuhren erschrocken hoch.
Justus grinste verlegen. »Ist schon gut«, sagte er, »ich wollte euch nicht erschrecken. Mir ist nur gerade was eingefallen.«
Obwohl Mr Thomas sich eigentlich schon von den drei ??? verabschiedet hatte, tauchte er abends im Hotel auf. Essen wollte er allerdings nichts. Er ließ nur kurz seinen Blick über die Runde schweifen, sagte dann, ihm sei unwohl, und zog sich zurück.
Mrs Jenkins und Mrs Rodriguez fingen unverzüglich eine laute Unterhaltung darüber an, dass Mr Thomas sehr sensibel sein müsse.
»Wahrscheinlich hat er sich nie so recht von seiner Seekrankheit erholt.« Mrs Rodriguez war voller Mitgefühl.
Peter widersprach. Er war
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