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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verbringt.«
    »Ausgezeichnet.«
    »Ihr Sinnen und Trachten gilt nicht mehr in erster Linie der Selbstverteidigung, daher gehe ich davon aus, daß sie in einer sicheren Umgebung lebt. Allerdings muß ihr neuer Mitbewohner emotional abweisend sein, denn sie sucht regelmäßig Trost unter den Flügeln von Ente.«
    Carl sah sie komisch an. »Ente?«
    »Eine der vier Personen, die Prinzessin Nell begleiten und beraten. Ente verkörpert häusliche und mütterliche Werte. Peter und Dinosaurier - beides männliche Figuren, die Überlebenskünste verkörperten, sind verschwunden.«
    »Wer ist der Vierte?«
    »Purpur. Ich glaube, sie wird größere Relevanz für Nells Leben erlangen, wenn Nell in die Pubertät kommt.«
    »Pubertät? Du hast gesagt, Nell sei zwischen fünf und sieben.«
    »Und?«
    »Du denkst, sie wird das noch –« Carl verstummte, als ihm die Bedeutung klar wurde.
    »- mindestens sechs bis acht Jahre machen. O ja, davon gehe ich mit Sicherheit aus. Ein Kind großzuziehen ist eine ziemlich ernste Aufgabe.«
    »O Gott!« sagte Carl Hollywood und ließ sich auf einen großen, zerschlissenen Polstersessel fallen, den sie eigens zu diesem Zweck hinter der Bühne stehen hatten.
    »Darum habe ich zur Abendschicht gewechselt. Seit Nell zur Schule geht, liest sie fast nur noch abends in der Fibel. Offenbar befindet sie sich in einer Zeitzone, die sich maximal um eine oder zwei Stunden von dieser unterscheidet.«
    »Gut«, murmelte Carl, »das schränkt die Suche auf rund die Hälfte der Weltbevölkerung ein.«
    »Wo liegt das Problem?« sagte Miranda. »Es ist ja nicht so, daß ich nicht dafür bezahlt würde.«
    Carl bedachte sie mit einem langen, teilnahmslosen, forschenden Blick. »Ja. Es bringt ein angemessenes Honorar ein.«
     

Drei Mädchen auf Entdeckungsreise;
ein Gespräch zwischen Lord Finkle-McGraw und Mrs. Hackworth;
Nachmittag auf dem Anwesen.
    Drei Mädchen schritten über den Rasen, der glatt und grün wie ein Billardtisch eine große Villa umgab, und kreisten und schwärmten dabei um ein gemeinsames Gravitationszentrum wie jubilierende Sperlinge. Manchmal blieben sie stehen, wandten sich einander zu, sahen sich an und begannen eine lebhafte Unterhaltung. Dann stoben sie, scheinbar von den Fesseln der Trägheit befreit, plötzlich im Laufschritt davon wie Blütenblätter, die der böige Frühlingswind fortweht. Sie trugen lange, schwere Wollmäntel über den Kleidern, die sie vor der kühlen, klammen Luft der zentralen Hochebene von New Chusan beschützen sollten. Ihr Ziel schien eine Brachfläche in etwa einer halben Meile Entfernung zu sein, die eine graue - wo sich Moos und Flechten eingenistet hatten: limonen-grün und lavendelfarben gesprenkelte - Steinmauer von den angelegten Gärten der Villen trennte. Das Gelände jenseits der Mauer wies eine gedämpfte haselnußbraune Färbung auf wie ein Ballen Harris-Tweed, der von einem Wagen gefallen und aufgerollt worden war, doch das blühende Heidekraut überzog es mit einem violetten Nebel, beinahe transparent, aber erstaunlich leuchtend an den Stellen, wo sich die Sichtlinie des Beobachters und der natürliche Hang des Geländes vereinten – sofern man das Wort
natürlich
überhaupt für etwas auf dieser Insel verwenden konnte. Die Mädchen, die sonst frei und unbekümmert wie der Wind waren, trugen doch eine Last bei sich, die in ihrer momentanen Umgebung sichtlich fehl am Platze wirkte, denn die Bemühungen der Erwachsenen, die drei zu veranlassen, ihre Bücher aus den Händen zu geben, waren wie immer nicht von Erfolg gekrönt.
    Eine der Beobachterinnen hatte nur Augen für das kleine Mädchen mit dem langen, flammend roten Haar. Ihr kastanienfarbenes Haar und die Augenbrauen deuteten auf ein verwandtschaftliches Verhältnis zwischen den beiden hin. Sie trug eine handgewirkte Kutte aus Baumwolle, deren steifes Erscheinungsbild dafür sprach, daß sie erst vor kurzem im Atelier einer Schneiderin in Dovetail angefertigt worden war. Wären bei dem Treffen mehr Veteranen dieses langwierigen unterschwelligen Kriegszustands, den man Gesellschaft nannte, zugegen gewesen, wäre diese Feststellung ganz gewißlich von jenen
soi-disant
Wachtposten bemerkt worden, die auf Emporkömmlinge achteten, welche sich auf dem weiten Gletscher hinaufkämpften, der Lohnsklaven von Angehörigen des Dividenden-Adels trennte. Man hätte pflichtschuldigst zur Kenntnis genommen und in der Tradition mündlicher Überlieferung weitergegeben, daß es Gwendolyn Hackworth,

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