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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Sie vor zehn Jahren gebeten?«
    »Ja. Mit genau diesen Worten.«
    »Das ist einzigartig«, sagte Napier, nachdem er sich in aller Ausführlichkeit den Schnurrbart gezwirbelt hatte. »Wir kennen diese schemenhafte Gestalt erst seit rund fünf Jahren und wissen nichts über ihn – davon abgesehen, daß er als Artifex ein wahrer Zauberer ist und mit Dr. X im Bunde steht.« »Gibt es noch weitere Informationen –«
    »Keine, die ich Ihnen enthüllen dürfte«, sagte Napier brüsk, da er möglicherweise schon zuviel preisgegeben hatte. »Aber lassen Sie uns wissen, wenn Sie ihn finden. Ähem, Hackworth, es gibt keine taktvolle Möglichkeit, dieses Thema anzusprechen. Ist Ihnen bekannt, daß Ihre Frau sich von Ihnen scheiden ließ?«
    »O ja«, sagte Hackworth ruhig. »Ich schätze, das habe ich gewußt.« Aber bis jetzt hatte er sich keine Gedanken darüber gemacht.
    »Sie war bemerkenswert verständnisvoll, was Ihre lange Abwesenheit betraf«, sagte Napier, »aber irgendwann wurde deutlich, daß Sie wie alle Trommler hemmungsloser Promiskuität gefrönt haben.«
    »Woher wußte sie das?«
    »Wir haben es ihr gesagt.«
    »Pardon?«
    »Wir haben eingangs schon erwähnt, daß wir manches in Ihrem Blut gefunden haben. Diese Hämoküle wurden speziell geschaffen, um durch den Austausch von Körperflüssigkeiten übertragen zu werden.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Napier schien zum erstenmal die Geduld zu verlieren. »Um Gottes willen, Mann, wir wissen, was wir tun. Diese Teilchen hatten zweierlei Funktionen: sich durch den Austausch von Körperflüssigkeiten auszubreiten und in Wechselwirkung miteinander zu treten. Als uns das klargeworden war, blieb uns moralisch gesehen keine andere Wahl, als Ihre Frau zu informieren.«
    »Selbstverständlich. Das war ganz richtig. Ich bin Ihnen sogar dankbar dafür«, sagte Hackworth. »Und Gwens Gefühle sind nicht schwer zu verstehen, wenn man bedenkt, daß ich Körperflüssigkeit mit Tausenden von Trommlern ausgetauscht habe.«
    »Sie sollten sich keine Vorwürfe machen«, sagte Napier. »Wir haben Kundschafter da runtergeschickt.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Den Trommlern macht das nichts aus. Die Kundschafter berichteten, daß die Trommler sich benehmen wie Menschen im Traum. ›Unzulänglich ausgeprägte Abgrenzung des Ego‹, lautete der Ausdruck, wenn ich mich recht entsinne. Wie auch immer, Ihr Verhalten da unten war nicht zwangsläufig eine moralische Verfehlung – Sie waren nicht bei Sinnen.«
    »Sie haben gesagt, daß die Partikel in Wechselwirkung miteinander stehen?«
    »Jedes ist ein Behältnis für einen Stabprozessor und etwas Speicher«, sagte Napier. »Wenn ein Partikel entweder
in vivo
oder
in vitro
auf ein anderes trifft, docken sie an und scheinen einen Augenblick Daten auszutauschen. In der überwiegenden Anzahl aller Fälle trennen sie sich wieder und gehen ihrer Wege. Manchmal bleiben sie eine Weile aneinander gekoppelt, dann findet ein Rechenvorgang statt – das wissen wir, weil der Stabprozessor Wärme abgibt. Dann lösen sie sich wieder voneinander. Manchmal gehen beide Teilchen getrennte Wege, manchmal stirbt eines davon ab. Aber eines zieht auf jeden Fall weiter.«
    Die Bedeutung des letzten Satzes entging Hackworth nicht. »Machen die Trommler nur Sex untereinander, oder –«
    »Das war auch unsere erste Frage«, sagte Napier. »Die Antwort lautet nein. Sie machen Sex mit vielen, vielen Leuten. In Vancouver betreiben sie sogar Bordelle. Vor einigen Jahren bekamen sie Ärger mit den etablierten Bordellen, weil sie so gut wie nichts für ihre Dienste verlangten. Sie hoben die Preise aus rein diplomatischen Erwägungen an. Aber sie wollen das Geld nicht – was, um alles auf der Welt, sollten sie damit anfangen?«
     

Aus der Fibel: ein Besuch in Schloß Turing;
eine letzte Plauderei mit Miss Matheson;
Überlegung, Nells Schicksal betreffend;
Abschied; Unterhaltung mit einem ergrauten Hopliten;
Nell zieht aus, ihr Glück zu suchen.
    Das neue Reich, das Prinzessin Nell betreten hatte, war bei weitem das größte und komplexeste Feenkönigreich in der Fibel. Als sie zur ersten Panoramaabbildung zurückblätterte, zählte sie sieben große Schlösser auf Berggipfeln, und sie wußte genau, daß sie alle sieben besuchen und in jedem etwas Schwieriges bewerkstelligen mußte, um die elf Schlüssel wiederzubekommen, die ihr gestohlen worden waren sowie den einen, der noch fehlte.
    Sie machte sich Tee und Sandwiches und trug alles in einem Korb auf die Wiese, wo sie

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