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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Geld, das sie rasch durch einträgliche Geschäfte auf dem Markt erlangte. Es dauerte nicht lange, und alle elf Schlüssel befanden sich in ihrem Besitz, und als sie ihre Besitztümer verkauft und den Erlös in Juwelen umgetauscht hatte, die sie in ihre Kleidung einnähte, ritt sie hoch zu Roß aus dem sechsten Schloß hinaus und wandte sich nach Norden, zum siebten: dem Schloß von König Kojote und dem Endziel ihrer lebenslangen Suche.
     

Nell besucht Madame Pings Theater;
Gerüchte über die Fäuste; ein wichtiger Kunde;
Überfall der Fäuste der Rechtschaffenen Harmonie;
Erörterungen über die inneren Mechanismen von Raktiven.
    Wie vieles, das mittels Nanotechnologie hergestellt wurde, baute man auch Feederleitungen primär aus einer neuen Art von kleinen und unkomplizierten Atomen in der rechten oberen Ecke von Men-delejews Gitter: Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor, Schwefel und Chlor. Die Fäuste der Rechtschaffenen Harmonie hatten zu ihrem nicht enden wollenden Entzücken herausgefunden, daß aus diesen Atomen gefertigte Gegenstände ziemlich gut brannten, wenn man sie erst mal angesteckt hatte. Das flache, ebene Land des Jangtsedeltas östlich von Shanghai war ein Seidendistrikt mit einer Vielzahl von Maulbeerbäumen, die man fällen, unter Feederleitungen aufschichten und in Brand steckten konnte, und wenn sie erst einmal brannten, entzündeten sie die Feeder wie Leuchtfeuer.
    Der nipponesische Feeder basierte überwiegend auf Phospor und brannte mit einer grellweißen Flamme, die den nächtlichen Himmel erhellte und von den hohen Gebäuden in Pudong aus an mehreren Stellen zu sehen war. Eine größere Leitung führte nach Nanjing, eine nach Suzhou, eine nach Hangzhou: diese fernen Fanale führten unweigerlich zu Gerüchten unter den Scharen der Flüchtlinge in Shanghai, daß die betreffenden Städte selbst in Flammen stünden.
    Der Feeder von New Atlantis besaß einen höheren Schwefelanteil und entwickelte beim Verbrennen einen infernalischen Gestank, der meilenweit gegen den Wind alles verpestete und bewirkte, daß die Feuer viel näher zu sein schienen, als sie tatsächlich waren. In Shanghai roch es ziemlich stark nach Schwefel, als Nell es über eine der Brücken betrat, die das Zentrum von Pudong mit dem tieferliegenden und weitaus älteren Bund verbanden. Der Huang Pu war zu breit gewesen, als daß man einfach eine Brücke über ihn hätte bauen können, bevor die Nanotechnologie entwickelt wurde, und nun bestanden die vier Brücken der Innenstadt aus den neuen Baustoffen und wirkten unendlich zerbrechlich im Vergleich mit den Stahlbeton-Ungetümen, die im vorigen Jahrhundert nördlich und südlich erbaut worden waren.
    Vor ein paar Tagen, als sie in Madame Pings Büro an einem Drehbuch arbeitete, hatte Nell zum Fenster hinausgeschaut und eine mit Drillichplanen verdeckte Barke gesehen, die, von einem tuckernden Dieselmotor angetrieben, den Fluß herunterkam. Ein paar hundert Meter stromaufwärts von eben jener Brücke, die sie jetzt gerade überquerte, fing die Plane plötzlich an, sich zu bauschen und zu wallen, und dann waren ein Dutzend junge Männer in weißen Roben herausgesprungen, die scharlachrote Tücher um die Hüften und scharlachrote Bänder um Köpfe und Handgelenke geschlungen hatten. Sie waren über das Deck der Barke ausgeschwärmt, hatten die Seile mit Messern bearbeitet, und schließlich waren die Planen widerstrebend und uneinheitlich abgefallen und hatten einen neuen, fleckigen roten Anstrich und mehrere Dutzend Gasflaschen freigelegt, aus gegebenem Anlaß ebenfalls in festlichem Rot bemalt, die wie eine Kette riesiger Feuerwerkskörper an Deck aufgereiht lagen. Unter den gegebenen Umständen zweifelte sie keinen Augenblick daran, daß es sich bei den Männern um Fäuste handelte, und bei dem Gas um Wasserstoff oder etwas anderes, das gut brannte. Aber bevor sie die Brücke erreichten, hatte etwas so Kleines, daß Nell es von ihrem hohen Beobachtungsposten nicht erkennen konnte, die Gasflaschen aufgerissen und zur Explosion gebracht. Die Barke verwandelte sich lautlos in eine Geschwulst gelber Flammen, die über die halbe Breite des Huang Pu loderten, und obwohl das Diamantfenster die ganze Hitze herausfilterte, konnte Nell die Hand auf die Scheibe legen und die absorbierte Wärme spüren, nicht viel wärmer als die Haut eines Menschen. In einer Zeit, in der eine handtellergroße Batterie ebenso viel Energie speichern konnte wie diese vielen Gasflaschen, hatte die

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