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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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auf die Straße und drängte sich etwa eine Meile weit durch die Menge, bis er zu einem Teehaus kam, wo er während seiner Zeit im Parnasse viele Stunden zugebracht hatte. Die alte Mrs. Kwan begrüßte ihn herzlich, verbeugte sich vielmals und führte ihn zu seinem Lieblingsplatz an einem Ecktisch, wo er die Kreuzung der Nanjing Road mit einer schmalen Nebenstraße voller Marktstände sehen konnte. Heute konnte er nur die Rücken und Hinterteile von Leuten auf der Straße sehen, die von den strömenden Menschenmassen an die Scheibe gedrückt wurden. Er bestellte eine große Kanne seines liebsten grünen Tees, des teuersten, der im April gepflückt wurde, wenn die Blätter noch zart und jung waren, und breitete sein SmartPapier auf dem Tisch aus. Dieses Teehaus war völlig in das weltweite Mediennetz integriert, in das sich die Seiten unverzüglich einloggten. Sie folgten Carl Hollywoods gemurmelten Befehlen und füllten sich mit Spalten animierten Textes und Fenstern mit Bildern und Cine-Aufzeichnungen. Er trank seinen ersten Schluck Tee - stets der beste -, zog seinen großen Füllfederhalter aus der Tasche, schraubte die Kappe ab und berührte das Papier mit der Feder. Er begann in Worten und Skizzen Befehle auf die Seite zu schreiben. Wenn er mit Worten fertig war, wurden sie vor ihm dargestellt, und wenn er Linien zwischen den Kästchen und Kreisen zog, wurden Verbindungen hergestellt und Informationen flossen.
    Ganz unten auf die Seite schrieb er MIRANDA und malte einen Kreis darum. Dieser Kreis hatte noch keine Verbindungen zu etwas anderem in dem Diagramm. Er hoffte, daß sich bald welche zeigen würden. Carl Hollywood arbeitete bis spät in die Nacht hinein an seinen Papieren, und Mrs. Kwan füllte seine Teekanne nach, brachte ihm Süßigkeiten und schmückte seinen Tisch mit Kerzen, als die Nacht hereinbrach und es in dem Teehaus dunkel wurde, weil sie sich erinnerte, daß er gern bei Kerzenschein arbeitete. Die Chinesen draußen, die durch einen Zentimeter Diamant von ihm getrennt waren, drückten die Nasen an die Scheibe und beobachteten ihn, und ihre Gesichter glühten im Licht der Kerzen wie reife Pfirsiche, die im dunklen Blätterwerk hingen.
     

Die Hackworths auf der Überfahrt und in London;
das East End; eine bemerkenswerte Bootsfahrt;
Dramatis Personae; ein Abend im Theater.
    Glatte, feinkörnige arktische Wolken zogen langsam wie Schneewehen in der Ferne vorbei. Tausend Meilen wirkten nicht breiter als ein Vorgarten, und sie wurden von einer niedrigen, apricotfarbenen Sonne, die niemals richtig unterging, zwar beleuchtet, aber nicht erwärmt. Fiona lag in der oberen Koje auf dem Bauch, sah zum Fenster hinaus und beobachtete, wie ihr Atem auf der Scheibe beschlug und in der trockenen Luft verschwand.
    »Vater?« sagte sie ganz leise, um festzustellen, ob er wach war.
    Er war es nicht, wachte aber rasch auf, als hätte er einen dieser Träume gehabt, die dicht unter der Oberfläche des Bewußtseins dahinziehen wie ein Luftschiff, das ein paar Wolken streift. »Ja?«
    »Wer ist der Alchimist? Warum suchst du nach ihm?«
    »Ich möchte lieber nicht erklären, warum ich nach ihm suche. Belassen wir es dabei, daß ich Verpflichtungen eingegangen bin, die erfüllt werden müssen.« Der zweite Teil der Frage schien ihren Vater mehr zu beschäftigen, als sie erwartet hatte, und seine Stimme war voller Bedauern.
    »Wer ist er?« beharrte sie sanft.
    »Oh. Nun, mein Liebling, wenn ich das wüßte, hätte ich ihn schon gefunden.«
    »Vater!«
    »Was für ein Mensch ist er? Ich habe unglücklicherweise nicht viele Hinweise gefunden. Ich habe versucht, Rückschlüsse daraus zu ziehen, was das für Menschen sind, die nach ihm suchen, und was für ein Mensch ich bin.«
    »Pardon, Vater, aber welche Beziehung hat dein eigener Charakter zu dem des Alchimisten?«
    »Mehr als einer von denen, die es wissen sollten, sind zu dem Ergebnis gekommen, daß ich genau der Richtige bin, um diesen Burschen zu finden, obwohl ich nichts von Kriminellen und Spionage weiß. Ich bin nur ein Nanotechnologieingenieur.«
    »Das stimmt nicht, Vater! Du bist viel mehr als das. Du kennst so viele Geschichten - du hast mir so viele erzählt, während du weg warst, erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Kann schon sein«, gestand er seltsam gleichgültig.
    »Ich habe sie jeden Abend gelesen. Und obwohl es in den Geschichten um Feen und Piraten und Dschinns und dergleichen ging, habe ich stets gespürt, daß du dahintersteckst. Wie ein

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