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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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andere Abwehrmaßnahmen einleitete. Zwei schossen Fontänen einer Substanz aus Kanistern auf den Gepäckträgern ihrer Fahrräder in die Luft ab, wobei sie die Mündungen der Schläuche wie die von Feuerlöschern in alle Richtungen schwenkten. »Sie folgten einer Vorgehensweise, die Gesetzeshütern vertraut geworden ist«, sagte Miss Pao, »und sprühten klebrigen Schaum in die Luft, der in die Turbinen der Strats gezogen wurde und sie außer Gefecht setzte.«
    Das große Mediatron zeigte inzwischen gewaltige Lichtblitze, die Richter Fang veranlaßten, die Augen zu schließen und sich in den Nasenrücken zu kneifen. Nach einigen dieser Blitze erlosch der Cinelnput. »Ein anderer Verdächtiger benutzte Stroboskoplicht, um die Lage der CineStats zu orten, und legte sie dann mit Laserlichtsalven lahm – offenbar unter Verwendung eines eigens zu diesem Zweck entwickelten Geräts, das sich in jüngster Zeit wachsender Beliebtheit bei den kriminellen Elementen in den LPs erfreut.«
    Das große Mediatron zeigte eine neue Kameraeinstellung des ursprünglichen Tatorts. Am unteren Ende der Papierrolle verlief eine Statuszeile, die die seit Beginn des Vorfalls verstrichene Zeit anzeigte, und dem geübten Richter Fang entging nicht, daß sie etwa eine Viertelminute zurückgeschnellt war; die Erzählung hatte sich in zwei Handlungsstränge geteilt, und nun sahen wir den zweiten Strang der Handlung. Dieser Input zeigte ein einzelnes Bandenmitglied, das sich bemühte, auf sein Fahrrad zu steigen, während seine Kameraden schon davonrasten und Schlieren klebrigen Schaums hinter sich herzogen. Aber das Fahrrad war irgendwie beschädigt worden und funktionierte nicht. Der Jugendliche ließ es liegen und floh zu Fuß.
    In der oberen Ecke zoomte das kleine Bild des MarkoStats auf starke Vergrößerung und offenbarte Einblick in das komplexe Wirken des Mechanismus, so daß der Stat nicht mehr wie eine Hornisse aussah, sondern mehr wie der Grundriß eines Raumschiffs. Im Bug befand sich ein Gerät, das winzige Pfeile aus einem internen Magazin abfeuerte. Anfangs waren sie fast unsichtbar winzig, doch je näher die Kamera zoomte, desto mehr dehnte sich
    die Hülle des MarkoStats, bis sie der Krümmung eines Planeten glich und die Pfeile deutlich zu erkennen waren. Sie hatten einen sechseckigen Grundriß wie Bleistifte. Wenn sie aus dem Bug des MarkoStats abgefeuert wurden, wuchsen ihnen grausame Widerhaken an der Spitze und ein einfaches Leitwerk hinten am Schaft.
    »Der Verdächtige hatte im vorherigen Verlauf der Tat eine ballistische Episode erlebt«, sagte Miss Pao, »die bedauerlicherweise nicht gefilmt wurde, und entledigte sich der überschüssigen kinetischen Energie vermittels einer Ablativtechnik.«
    Miss Pao übertraf sich selbst. Richter Fang betrachtete sie mit hochgezogenen Brauen und drückte kurz die Pausetaste. Chang, der andere Assistent von Richter Fang, drehte seinen immensen, fast kugelförmigen Kopf in Richtung des Angeklagten, der vor der Richterbank winzig wirkte. Chang hob die Hände, eine charakteristische Geste, und rieb über die kurzen Stoppeln auf seinem Kopf, als könnte er nicht glauben, daß seine Haare so schlecht geschnitten seien. Er öffnete seine verschlafenen Schlitzaugen nur ein klein wenig und sagte zu dem Angeklagten: »Sie sagen, du gestürzt und dabei Schürfwunden bekommen.«
    Der Angeklagte, ein blasser, asthmatischer Junge, schien über weite Strecken zuviel Ehrfurcht empfunden zu haben, um ängstlich zu sein. Jetzt zuckten seine Mundwinkel. Richter Fang nahm wohlwollend zur Kenntnis, daß er seinen Drang zu lächeln unterdrückte.
    »In der Folge«, sagte Miss Pao, »kam es zu Undichtigkeiten in der Versiegelung seiner Nanokluft. Eine unbekannte Anzahl von Markiermilben passierten diese Öffnungen und nisteten sich in seiner Kleidung und seinem Fleisch ein. Er entledigte sich seiner ganzen Kleidung und schrubbte sich ausgiebig in einer öffentlichen Dusche, bevor er in sein Domizil zurückkehrte, aber dreihundertfünfzig Markiermilben verblieben in seinem Fleisch und wurden später im Verlauf unserer Ermittlungen extrahiert. Wie üblich verfügten die Markiermilben über inerte Navigationssysteme, die im Anschluß sämtliche Bewegungen des Verdächtigen aufzeichneten.«
    Dem großen Cinelnput folgte eine Karte der Leasing-Parzellen, auf der die Route des Verdächtigen als rote Linie erschien. Der Junge kam viel herum, manchmal wagte er sich sogar nach Shanghai, aber er kehrte immer wieder in

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