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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Jules Verne erfundenes Raumschiff aus. Sie hatte ein stromlinienförmiges, tränenähnliches Gehäuse, zwei Greifarme, die ordentlich an die Hülle angewinkelt waren, und eine tiefe zylindrische Einbuchtung am Bug, in der Richter Fang ihr Auge vermutete. »Damit kann sie Licht im ultravioletten Bereich sehen«, sagte Miss Pao. »Trotz aller Unterschiede haben beide grundsätzlich dieselbe Aufgabe: nach Büchern zu suchen. Wenn eine ein Buch findet, landet sie auf dem Einband, kriecht zum Rand, zwängt sich zwischen die Seiten und untersucht die interne Struktur des Papiers.« »Wonach suchen sie?«
    »Das läßt sich unmöglich feststellen, es sei denn, man würde das eingebaute Computersystem ausbauen und das Programm dekompilieren - was schwierig ist«, sagte Miss Pao mit der ihr eigenen Untertreibung. »Wenn sie herausfinden, daß sie ein ganz normales Buch aus altmodischem Papier gefunden haben, deaktivieren sie sich selbst und werden zu Staub.«
    »Dann dürfte es inzwischen viele schmutzige Bücher in den Leasing-Parzellen geben«, sagte Chang.
    »So viele Bücher gibt es sowieso nicht«, sagte Richter Fang. Miss Pao und Chang kicherten, obwohl der Richter nicht erkennen ließ, daß er einen Witz gemacht hatte; es war nur eine Feststellung.
    »Zu welchen Schlußfolgerungen kommen Sie, Miss Pao?« sagte der Richter.
    »Zwei verschiedene Parteien durchsuchen die Leasing-Parzellen nach demselben Buch«, sagte Miss Pao.
    Sie mußte nicht eigens erwähnen, daß es sich bei dem fraglichen Buch höchstwahrscheinlich um eben dasselbe handelte, das dem Gentleman namens Hackworth gestohlen worden war.
    »Können Sie Spekulationen über die Identität dieser Parteien anstellen?«
    Miss Pao sagte: »Selbstverständlich ist keiner der Mechanismen mit einer Kennung versehen. Aber das mit den Fledermausohren trägt praktisch das Brandzeichen von Dr. X; die meisten Teile scheinen sich entwickelt zu haben, nicht gefertigt worden zu sein, und der Flohzirkus des Doktors ist nichts weiter als ein Versuch, hochentwickelte Milben mit nützlichen Eigenschaften zu sammeln. Auf den ersten Blick scheint der andere Mechanismus aus einer der Ingenieursfabriken einer größeren Phyle zu kommen -Nippon, New Atlantis, Hindustan und die Erste Verzettelte Republik wären die wahrscheinlichsten Kandidaten. Aber bei eingehenderer Untersuchung finde ich ein Ausmaß an Eleganz -«
»Eleganz?«
    »Pardon, Euer Ehren, das Konzept ist nicht leicht zu erklären – einige Technologien haben eine unnachahmliche Qualität, die von ihren Erschaffern als hauchzart, technisch ausgereift oder ein guter Hack bezeichnet wird –, eine Qualität, die darauf hindeutet, daß der Mechanismus von jemandem, der nicht nur motiviert, sondern inspiriert war, mit größter Sorgfalt hergestellt worden ist. Das macht den Unterschied zwischen einem Ingenieur und einem Hacker aus.«
    »Oder einem Ingenieur und einem Artifex?« sagte Richter Fang.
    Die Andeutung eines Lächelns huschte über Miss Paos Gesicht.
    »Ich fürchte, ich habe dieses kleine Mädchen in weitaus ernstere Verstrickungen hineingezogen, als ich mir je hätte träumen lassen«, sagte Richter Fang. Er rollte das Papier zusammen und gab es Miss Pao zurück. Chang stellte die Teetasse des Richters wieder vor ihn und schenkte frischen Tee ein. Ohne darüber nachzudenken, preßte der Richter Daumen und Fingerspitzen aufeinander und klopfte damit mehrmals auf die Tischplatte.
    In China war dies eine uralte Geste. Man erzählte sich die Geschichte, daß einer der frühen Kaiser sich gerne als Gemeiner verkleidete und durch das Mittlere Königreich zog, um sich ein Bild vom Befinden der Bauern zu machen. Manchmal, wenn er und seine Begleiter in einem Gasthaus am Tisch saßen, pflegte er für alle Anwesenden Tee einzuschenken. Sie konnten vor ihrem Herrn keinen Kotau machen, ohne seine Identität preiszugeben, daher griffen sie auf diese Geste zurück und deuteten mit den Fingern den Akt des Niederkniens an. Heute benutzten Chinesen sie, um einander an der Speisentafel zu danken. Von Zeit zu Zeit ertappte sich Richter Fang selbst dabei und dachte jedesmal, wie seltsam es war, in einer Welt ohne Kaiser Chinese zu sein.
    Er saß mit in den Ärmeln verschränkten Händen da und dachte mehrere Minuten über dieses und andere Themen nach, während er beobachtete, wie der Dampf aus seiner Teetasse zu Dunst gerann, wenn er an den Leibern der Mikro-Aerostats kondensierte.
    »In Kürze werden wir Mr. Hackworth und Dr. X

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