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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dasitzen und mit dem raktiven Märchenbuch spielen, statt wie ein reiches Mädchen zur Schule zu gehen. Es war ein vager Anhaltspunkt, aber Miranda brauchte nie viele Beweise, um ihre Überzeugung zu bestätigen, daß reiche Eltern ihre Kinder geistig ebenso verderben konnten wie alle anderen auch.
     

Weitere Erlebnisse mit der Fibel; Prinzessin Nell und Harv im Dunklen Schloß.
    Harv war ein kluger Junge, der sich mit Trollen auskannte, daher sagte er Nell, daß sie losziehen und alles Feuerholz sammeln mußten, das sie finden konnten, sobald ihm klar wurde, daß ihre böse Stiefmutter sie in dem Schloß eingesperrt hatte. Als er den Großen Saal des Schlosses durchsuchte, fand er eine Rüstung mit einer Streitaxt. »Damit werde ich ein paar Bäume fällen«, sagte er, »und du mußt losgehen und Anmachholz suchen.«
     
    »Was ist Anmachholz?« fragte Nell.
    Eine Illustration des Schlosses erschien. In der Mitte stand ein großes Gebäude mit vielen Türmen, die sich bis in die Wolken erstreckten. Ringsum lag eine freie Fläche, wo Bäume und Pflanzen wuchsen, und das alles war von der Mauer umgeben, die sie an der Flucht hinderte.
    Die Illustration zoomte auf eine Grasfläche und wurde äußerst detailliert. Harv und Nell versuchten, ein Feuer zu entfachen. Harv hatte die feuchten Baumstämme, die er gefällt hatte, zu einem Stapel aufgeschichtet. Außerdem hielt Harv einen Stein in der Hand, den er an eine Messerklinge hieb. Funken flogen und wurden von den feuchten Scheiten erstickt.
    »Mach du das Feuer, Nell«, sagte Harv und ließ sie allein.
    Dann bewegte sich das Bild nicht mehr, und Nell ging nach ein paar Minuten auf, daß es jetzt völlig raktiv war.
    Sie hob den Stein und das Messer auf und schlug sie gegeneinander (in Wirklichkeit bewegte sie nur die leeren Hände durch die Luft, aber in der Illustration wiederholten Prinzessin Nells Hände alle ihre Bewegungen). Funken flogen, aber es kam kein Feuer in Gang.
    Sie machte eine Zeitlang weiter und wurde immer frustrierter, bis ihr Tränen in die Augen traten. Aber dann stob einer der Funken davon und landete im trockenen Gras. Ein kleines Rauchfähnchen stieg auf und verschwand.
    Sie experimentierte ein wenig und fand heraus, daß trockenes gelbes Gras besser brannte als grünes Gras. Trotzdem hielt das Feuer nie länger als ein paar Sekunden.
    Wind kam auf und wehte ein paar trockene Blätter in ihre Richtung. Sie lernte, daß das Feuer von trockenem Gras auf die Blätter übergreifen konnte. Der Stengel eines Blattes war im Grunde genommen nichts anderes als ein kleiner trockener Zweig, und so kam sie auf die Idee, in einem Wäldchen nach Zweigen zu suchen. Das Wäldchen war völlig zugewuchert, aber unter einem alten abgestorbenen Busch fand sie, wonach sie gesucht hatte.
    »Gut!« sagte Harv, als er zurückkam und sah, daß sie einen ganzen Armvoll trockener Zweige gesammelt hatte. »Du hast etwas Anmachholz gefunden. Du bist ein kluges und anstelliges Mädchen.«
     
    Wenig später hatten sie ein loderndes Feuer entfacht. Harv fällte genügend Bäume, damit sie es bis Sonnenaufgang am Brennen halten konnten, dann legten er und Nell sich schlafen, wohl wissend, daß die Trolle es nicht wagen würden, sich dem Feuer zu nähern. Dennoch schlief Nell nicht besonders gut, denn sie konnte die Trolle in der Dunkelheit murmeln hören und die rote Glut ihrer Augen sehen. Sie glaubte, daß sie auch noch etwas anderes hörte: gedämpfte Stimmen, die um Hilfe riefen.
    Als die Sonne aufging, erforschte Nell das Dunkle Schloß und suchte nach dem Ursprung der Stimmen, konnte aber nichts finden. Harv hackte den ganzen Tag Holz. Am Tag zuvor hatte er ein Drittel der Bäume gefällt, und an diesem Tag fällte er ein weiteres Drittel.
    In der Nacht hörte Nell die Stimmen wieder, aber diesmal schienen sie zu rufen: »Schau in den Bäumen nach! Schau in den Bäumen nach!« Am nächsten Morgen ging sie in den Rest des Wäldchens und untersuchte es, während Harv die letzten Bäume fällte. Wieder fand sie nichts.
    In der Nacht schlief keiner der beiden gut, denn sie wußten, daß sie den letzten Rest Flolz verbrannten und in der nächsten Nacht keinen Schutz vor den Trollen mehr haben würden. Nell hörte die Stimmen wieder, und diesmal schienen sie zu rufen: »Schau unter der Erde nach! Schau unter der Erde nach!«
    Später, als die Sonne aufgegangen war, machte sie sich wieder auf die Suche und fand eine Höhle, deren Eingang die Trolle verbarrikadiert hatten. Als

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