Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
Knotenpunkte.«
    Der Gefangene ließ die Andeutung eines Lächelns erkennen. »Fast hätten Sie mich überrumpelt«, sagte er. »Ich werde Ihnen auf gar keinen Fall sagen, wie viele Knotenpunkte es gibt. Natürlich weiß das sowieso niemand genau.«
    »Nun gut«, sagte Richter Fang. Er nickte Chang zu, der ein Zeichen auf ein Blatt Papier schrieb. »Wir werden diese Frage für die zweite Phase des Verhörs aufheben, die in wenigen Minuten beginnen wird.
    Wie alle anderen Mitglieder von CryptNet«, fuhr Richter Fang fort, »haben Sie auf der ersten Stufe angefangen und sich im Lauf der Jahre hochgearbeitet zu Ihrem derzeitigen Rang als – was?«
    PhyrePhox grinste und schüttelte wissend den Kopf. »Tut mir leid, Richter Fang, das hatten wir schon. Ich kann nicht leugnen, daß ich mit der ersten Stufe angefangen habe - ich meine, das ist doch irgendwie logisch –, aber alles darüber hinaus ist reine Spekulation.«
    »Es ist nur Spekulation, wenn Sie es uns nicht sagen«, entgegnete Richter Fang und unterdrückte einen vorübergehenden Anflug von Zorn. »Ich vermute, daß Sie mindestens ein Mitglied der fünfundzwanzigsten Ebene sind.«
    PhyrePhox bekam einen ernsten Gesichtsausdruck und schüttelte den Kopf, so daß die glänzenden bunten Bruchstücke aus Metall und Glas klimperten, die er in seine Dreadlocks eingeflochten hatte. »Das ist so plump. Sie sollten wissen, daß zehn die höchste Ebene ist. Alles Weitere ist irgendwie ein Mythos. Nur Verschwörungstheoretiker glauben an Ebenen jenseits von zehn. CryptNet ist nur ein einfaches, unschuldiges, tupleverarbeitendes Kollektiv, Mann.«
    »Das ist selbstverständlich die Standardfloskel, die nur komplette Idioten glauben«, sagte Richter Fang. »Wie auch immer, um zu Ihrer letzten Bemerkung zurückzukehren, wir haben herausgefunden, daß Knotenpunkt 178 in den folgenden acht Jahren ein gutes Geschäft machte – wie Sie sagten, durch Verarbeitung von Tuples. In dieser Zeit haben Sie sich bis zur zehnten Ebene der Hierarchie hochgearbeitet. Danach, behaupten Sie, haben Sie die Verbindung zu CryptNet abgebrochen und sich als Mediagraph selbständig gemacht. Seither haben Sie sich auf Kriegsgebiete spezialisiert. Ihre Photos, Cine-Aufzeichnungen und Toncollagen von den Schlachtfeldern Chinas haben Preise gewonnen und wurden von Hunderttausenden von Medienkonsumenten goutiert, auch wenn Ihre Arbeit derart drastisch und beunruhigend ist, daß ihr ein allgemeiner Zuspruch versagt geblieben ist.«
    »Das ist Ihre Meinung, Mann.«
    Chang kam einen Schritt nach vorne und spannte sichtbar die zahlreichen kräftigen Muskeln an, die seinen großen, knochigen, kurzgeschorenen Schädel umschlossen. »Sie werden den Richter mit Euer Ehren ansprechen!« zischte er.
    »Reg dich ab, Mann«, sagte PhyrePhox. »Herrje, wer foltert denn hier wen?«
    Richter Fang wechselte einen Blick mit Chang. Chang, den der Gefangene nicht sehen konnte, leckte sich einen Zeigefinger und malte ein imaginäres Zeichen in die Luft: Eins zu null für PhyrePhox.
    »Viele von uns, die nicht an CryptNet angeschlossen sind, können kaum verstehen, wie die Organisation ihre äußerst hohe Verschleißrate überleben kann. Immer wieder arbeiten sich CryptNet-Novizen in der Hierarchie von der ersten Ebene hoch bis zur zehnten und mutmaßlichen höheren, um dann auszusteigen und sich andere Arbeit zu suchen oder einfach zu den Phylen zurückzukehren, denen sie entstammen.«
    PhyrePhox versuchte, unbekümmert die Achseln zu zucken, doch seine meisterlich angelegten Fesseln hinderten ihn daran, die Bewegung auszuführen.
    Richter Fang fuhr fort: »Dieses Muster wurde immer wieder beobachtet und führte zu Spekulationen, daß CryptNet über viele Ebenen jenseits der zehnten verfügt und alle angeblichen Aussteiger tatsächlich noch heimlich mit dem alten Netz in Verbindung stehen; heimlich mit allen anderen Knotenpunkten kommunizieren; sich insgeheim immer weiter in der Hierarchie von CryptNet hocharbeiten und derweil die Machtzentren anderer Phylen oder Organisationen infiltrieren. Daß CryptNet ein mächtiger Geheimbund ist, der seine Fäden bis in die höchsten Ränge aller Phylen und Konzerne der Welt hinein gesponnen hat.«
    »Das ist so paranoid.«
    »Für gewöhnlich beschäftigen wir uns nicht mit solchen Themen, bei denen es sich, wie Sie behaupten, lediglich um paranoide Wahnvorstellungen handeln könnte. Manche Leute behaupten, daß die Chinesische Küstenrepublik, deren Diener ich bin, von heimlichen

Weitere Kostenlose Bücher