Diana, Farben und Begierde (German Edition)
gemütlich, sitze im
Schneidersitz, während er erklärt:“ Das ist halt so
zusammengekommen über die Jahre. Weiß auch nicht, weshalb
ich das in jedes neue Atelier mitschleppe! Ich weiß es wirklich
nicht. Nun ja, einige alte Skizzen...“, dabei entrollt er
Papierbögen, die ich aufmerksam betrachte, entdecke angedeute,
halb fertig gestellte Figuren, Bäume, Seitenansichten, Häuser,
jetzt eben streicht er ein großes Blatt mit seinen Händen
glatt und ich erkenne den Kopf eines alten Mannes, eines Greises,
sehe das spärliche Haupthaar, das mit hunderten akribisch
ausgefertigten Kohlestiftstrichen auf das Papier gebracht worden war,
daneben das Haupt in Seitenansicht, die dünnen Lippen, viele
Korrekturversuche, schwarze Verwischungen.
Er
hebt ein weiteres Blatt hoch, darauf eine Art Skyline zu sehen ist:“
Sollte Toronto sein, nun ja....“, murmelt er und sucht schon
weiter, und ich schnappe mir das Blatt „Toronto“ und bin
fasziniert, blicke ich auf dieses Arrangement, da ist alles bis ins
kleinste Detail sorgsam ausgeführt, ich finde eine liebevoll
komponierte Straßenszene im Bildvordergrund, Blumen, Läden,
Fahrräder, den Strom der Autos, eine Verkehrsampel, ein
Hotelportal, darüber ein Fahnenmeer, das vom Wind bestrichen
scheint, blicke die glitzernde, strahlende Fassade hoch, starre auf
die unzähligen Fenster, die mit einer Präzision gemalt
sind, als hielte ich eine Photographie in Händen. Thomas greift
nach dem Blatt und mustert es: „Ist das `One King West Hotel`,
wie lange das schon wieder her ist, meine Güte.....“
„ Du
warst in Toronto?“
„ Vor
einer Ewigkeit, Schatz! Das war so eine Art Deutsch-Kanadischer
Künstleraustausch, oder so ähnlich, kann dir die Fiedler,
meine Agentin, alles besser erklären, was das genau war, auf
alle Fälle ein Riesenaufwand ohne nachhaltigem Nutzen! Im
Endeffekt war der gesamte Trip für die Katz`. Ach ja, das
Antanzen bei der deutschen Vertretung in Kanada war noch ein
spezielles Erlebnis, Sabine! Schön Männchen machen vor dem
Herrn Botschafter! Meine Güte! Was für ein Witz! Das Beste
kommt ja noch....“, er streicht über das Blatt, erzählt
weiter und ich liebe es , wenn ich ihm zuhören kann, wenn er mir
Einblicke gewährt, Erklärungen nachschickt, seine Welt mir
öffnet:“ Ich hätte da sogar Interessenten für
meine Bilder gefunden. Also, von Anfang an...“, er blickt zu
mir, fragt:“ Verwirre ich dich damit?“ Ich schüttle
grinsend meinen Kopf, er setzt fort:“ Also, jeder der
eingeladenen Austauschkünstler, was für ein Wort! Ha
ha!..durfte lediglich 2 Werke präsentieren im extra dafür
angemieteten Prunksaal des King
West . Die
hingen dann zwei Wochen dort und Gott und die Welt, also alles, was
in Kanada wohl Rang und Namen und Zeit hatte, promenierte dann an den
Bildern vorbei. Wir waren fünf Künstler, den Silvius hast
du ja gesehen...“
„ Wen,
bitte?“
„ Na,
Atelierfest, der Hagere, der sich am Wodkaglas festgehalten hat,
Sabine!“
„ Ah,
der!“
„ Also,
fünf Künstler, zehn Gemälde, alles schön
präsentiert und dann waren halt mit der Zeit ein paar Anfragen
betreffes meiner beiden Gemälde eingetrudelt und ich trete in
Gespräche ein, hm, eigentlich müsste man das ja schon als
Verkaufsverhandlungen titulieren. Dann bespreche ich das mit der
Fiedler und die fällt aus allen Wolken und erklärt lang und
breit, dass die Gemälde nicht, NICHT zum Verkauf stünden,
das wäre entgegen der Vereinbarung. Muss man sich mal
vorstellen. Hätte die mir das vorher gesteckt, wäre ich
dort gar nicht angetrabt in Toronto! Langer Rede kurzer Sinn, Sabine:
So kann man auf die Schnelle 23 ooo Dollar eben nicht verdienen!“
„ 23
Tausend...“, wiederhole ich.
„ Ja,
soll vorkommen“, murmelt er und blickt wieder auf das Blatt:
„Das hier ist bloß eine Kleinigkeit, ich lungerte ja an
die zwei Wochen dort herum.Also skizzierte ich ein paar
Straßenszenen, so was in der Art! Na, man soll nicht undankbar
sein, Hotel und alles andere war tipptopp, auch das Rahmenprogramm
und die Empfänge. Fühlt man sich gleich ganz wichtig, wenn
man als „Excellent German Artist“ herum gereicht wird,
ach du meine Güte!“
Er
wühlt in Mappen und losen Blättern, hebt bunte Stoffbahnen
zur Seite. Ich schnappe nach einem der Stoffe und ziehe daran, dabei
fällt ein dicker Karton um. Er lacht, weil ich eine erschreckte
Miene mache.
Ich
lasse den Stoff durch meine Finger gleiten. Wie weich und wunderbar
sich das
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