Diana, Farben und Begierde (German Edition)
einen guten Flug und
melde mich später nochmal.“
Geschieht
das eben wirklich? Sitze ich im Flieger?
Wie
lange diese Woche war! Als würde der Freitag niemals erreicht
werden! Und nun bin ich hier!
„ Da
können Sie ganz beruhigt sein, junges Fräulein!“
Ich
drehe mich zu meinem Sitznachbarn. Ein älterer Herr mit
Professorenbrille und kleinem Spitzbauch, der vom Sitzgurt
eingezwängt wird.
„ Entschuldigung?“
„ Ist
wohl Ihr erster Flug, darf ich annehmen? Hannesen, Gregor Hannesen!“
„ Gruber,
nein, nein, Herr Hannesen, bin nur in Gedanken!“
„ Na,
dann! Der Werner ist ein 1 A Flugkapitän! Da können Sie
ganz darauf vertrauen, er ist einer der besten!“
Jetzt
tätschelt er mir gar die Hand.
Ich
spüre, wie die Turbinen hochfahren, wie der gesamte Raum mit
einem Mal leicht vibriert.
Hannesen
lächelt gütig in mein bemüht lockeres Gesicht.
Es stimmt
ja: Ich bin noch niemals zuvor in einem Flugzeug gesessen, war noch
nie über den Wolken!
Für
dich, Thomas, nur für dich!
Offensichtlich
kann ich nicht einmal meinem Sitznachbarn was vormachen!
Ich lasse
es zu, dass er weiter meine Hand tätschelt und, als der Flieger
immer rascher sich der Abhebegeschwindigkeit annähert, greife
ich nach seiner Hand und er drückt sie.
„ Ich
flieg` einmal pro Monat diese Strecke, Fräulein Gruber!“,
spricht er nun mit deutlich lauterer Stimme zu mir, da der Lärm
rings um mich bedrohlich anwächst.
Ich
fürchte mich! Meine Kehle ist wie zugeschnürt! Ich bekomme
kaum Luft. Der Druck in meinen Ohren verursacht Kopfschmerzen!
„ Gleich
haben wir es geschafft!“
Seine
Zuversicht, seine Ruhe, seine Gelassenheit erreichen es tatsächlich,
dass ich mich ein wenig fange, ruhiger atme, den komplett
verkrampften Körper in eine aufrechte Sitzpostion bringe, sodass
ich mich allmählich beruhige.
Der
Geräuschpegel sinkt. Auch haben wir, so scheint es, unsere
Flughöhe erreicht, denn alles ist wieder in der Horizontalen und
nicht mehr so, als würden wir einen steilen Berg hinanrasen.
„ Einmal
im Monat, ja! Mein Sohn lebt in Wien. Hat eine Wienerin geheiratet,
Moment mal, Sekunde.....“
Ich fühle
mich immer noch wie erschlagen und arrangiere mich vorsichtig mit der
neuen Situation, und, als ich sehe, dass reihum die Sitzgurten
geöffnet werden, tue ich gleiches.
„ Uff!“,
entfährt mir.
Hannesen
zieht aus der Innentasche seines grauen Sakkos ein kleines Etui
hervor und jetzt kann ich seinen ganzen Stolz in Augenschein nehmen,
da er mir Bild um Bild unter die Nase hält.
„ Sehr
schön! Ja, ah!“
„ Ich
habe ihn hundert Mal gefragt: Albert, hör`mal, muss es denn
unbedingt eine Österreicherin sein? Ha, ha! Was soll man da
machen, Fräulein Gruber, was soll man da machen? Wo die Liebe
hinfällt!“
Ich
blicke auf die Fotos: Da strahlt ein Paar in mittleren Jahren um die
Wette. Im Hintergrund das Riesenrad.
„ Ich
weiß, ich weiß, sieht aus wie eine diese kitschigen
Postkarten! Tja, eigentlich sieht die ganze Stadt aus wie eine
einzige Kitschpostkarte!“, stellt er heiter fest.
„ Und
erst die Wiener....also....versuchen Sie gar nicht, diesen Dialekt zu
verstehen....bemühen Sie sich nicht....sagen Sie einfach:
Tourist, Deutscher...oder „Piefke“....dann wird einem
alles langsam und deutlich erklärt!“
Thomas!
Thomas! Thomas!
„ Jetzt
kann ich also einmal im Monat dort hinfliegen! Mache es ja gerne! Sie
ist auch ein zauberhaftes Wesen, seine Frau. Hochzeit war vor acht
Jahren,.... ja, wenn das meine Frau noch erlebt......“, er
bricht ab.
„ Das
tut mir leid, Herr Hannesen!“
„ Ach,
Kindchen!“, er tätschelt wieder meine Hand, „Schon
gut, schon gut!“
„ Was
führt denn eine zauberhafte Frau wie Sie nach Wien? Sagen Sie
jetzt aber nicht: Die Liebe!“, hebt er grinsend einen
Zeigefinger und ich schmunzle und sage kein Wort.
„ Also
doch!“
Hannesen
gluckst, lacht.
Die Zeit
vergeht. Wie lange sitze ich schon hier?
Ich
erzähle ihm von dem deutschen Maler, der in Wien eine
Ausstellung haben wird, Eröffnung Morgen Abends.
„ Münzer ,
sagen Sie?“
„ Thomas
Münzer!“
„ Moment!“
Er fischt
nach dem kleinen Stapel Tageszeitungen, der links seines Sitzes ruht
und blättert flink die Seiten durch, dann hält er mir eine
Doppelseite unter die Nase. Eine österreichische Tageszeitung , Die Presse, Lokalteil. Die linke Seite füllen mehrere kleine
Textabteilungen, dazu Bilder, rechts davon, den gesamten Rand,
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