Diana Palmer
nur hatte Nell gekündigt?
Grange zog einen Stuhl heran, setzte sich und legte seinen Stetson aufs Bett. „Wenn man Sie hier herauslässt, gehen wir dann ins Kino?“, schlug er vor. „Es gibt einen neuen Science-Fiction-Film.“
„Klingt nicht schlecht.“ Tellie fragte sich, was für eine Sorte Mann Grange wohl war. Er schien sie wirklich zu mögen, und sie hatte nicht den Eindruck, dass er hinter jeder Frau her war. „Haben Sie eigentlich Familie hier in Jacobsville?“, fragte sie.
Seine Züge verhärteten sich. „Nein“, antwortete er kurz.
Tellie runzelte die Stirn. Ohne es zu wollen, hatte sie offensichtlich einen empfindlichen Nerv bei ihm getroffen. „Es tut mir leid. Kann es sein, dass da etwas ist, das ich vergessen habe?“
„Das ist nicht so schlimm“, beruhigte Grange sie freundlich. „Das wird Ihnen in nächster Zeit vermutlich noch häufiger passieren. Es ist nicht zu vermeiden.“
Tellie seufzte. „Es kommt mir so vor, als ob ich im Nebel herumstochere. Obendrein tun alle um mich herum so geheimnisvoll.“
„Man will Sie schonen. Haben Sie noch etwas Geduld –vielleicht noch eine Woche oder so …“
„Sie wissen Bescheid über mich, nicht wahr? Können Sie mir nicht ein wenig weiterhelfen?“
Er hob abwehrend die Hände. „Lieber nicht. Ich will mich nicht mit J.B. Hammock anlegen – erst recht nicht, solange Sie unter seinem Dach wohnen. Außerdem fürchte ich sowieso, dass er ziemlich sauer auf mich sein wird, wenn Nell nicht dichthält und er erfährt, dass ich Sie in seiner Abwesenheit besucht habe.“
„Nell wird Sie nicht verraten. Aber wieso mag er Sie nicht?“
„Hammock mag nur ganz wenige Menschen, und ich gehöre bestimmt nicht dazu.“
„Haben Sie ihm etwas getan?“
„Das ist eine lange Geschichte, mit der ich Sie gerade jetzt lieber nicht behelligen will“, antwortete er ausweichend.
Draußen war Nell zu hören. Kurz darauf erschien sie mit einem großen Tablett in der Tür. Grange sprang auf, um ihr zu helfen, und nahm ihr das Tablett ab.
„Danke“, sagte Nell, „ich war mir nicht sicher, ob ich das alles heil nach oben bekomme.“
Vorsichtig setzte Grange das Tablett auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett ab. Auf dem Tablett befanden sich zwei Teller mit dem Lunch für Tellie und ihn und eine Vase mit einem großen Strauß gelber Rosen.
Tellie klatschte in die Hände. „Oh, sind die schön“, rief sie. Dann beugte sie sich vor und schnupperte an den Blüten. „Und wie herrlich sie duften. Ich weiß gar nicht, ob mir schon jemals jemand Blumen geschenkt hat.“
„Freut mich, dass sie Ihnen gefallen“, sagte Grange leichthin. „Immerhin leben wir ja in Texas.“
„Ich weiß, was Sie meinen: ‚The Yellow Rose of Texas‘.“ Sie summte ein paar Takte des bekannten Lieds.
„Das ist mal ein Gast, der weiß, was sich gehört, und zu einem Krankenbesuch Blumen mitbringt“, lautete Nells Kommentar. Sie stellte jedem seinen Teller hin. „Nun essen Sie schön. Das sind Sandwiches mit selbst gemachtem Geflügelsalat. Die Gurken und Silberzwiebeln habe ich letzten Herbst selbst eingelegt.“
„Es sieht hervorragend aus, Nell. Vielen Dank. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen“, meinte Grange.
„Das habe ich gerne getan“, antwortete Nell. „Allerdings musste ich Albert solange in die Speisekammer sperren. Sonst hättet ihr nur ein paar Shrimps auf einem Salatblatt bekommen.“
Grange lachte. „Das wäre nichts für mich.“
Zufrieden stellte Nell fest, dass die beiden sich mit großem Appetit über die Sandwiches hermachten, und zog sich diskret zurück.
Als sich Grange später von Tellie verabschiedete, versprach er wiederzukommen, sobald „die Luft rein“ sei, wie er sich ausdrückte.
J.B. kam an diesem Abend erst spät nach Hause und begab sich gleich zu Tellie. Er trug einen eleganten Abendanzug, und sie nahm einen Hauch von Parfüm wahr, als er sich auf einen Stuhl neben sie ans Bett setzte. Offensichtlich war er mit einer seiner Freundinnen ausgegangen. Jetzt wirkte er jedoch abgespannt und machte ein besorgtes Gesicht.
„Stimmt etwas nicht? Was ist denn los mit dir?“, fragte Tellie.
J.B. lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. „Nichts Besonderes“, wehrte er ab. Tatsächlich machte er sich Sorgen um seine Schwester, aber damit wollte er Tellie verschonen. Marge hatte nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus starke Tabletten verschrieben bekommen. Heute Vormittag hatte sie wieder einen
Weitere Kostenlose Bücher