Diana Palmer
seine Brieftasche heraus und entnahm ihr ein paar Banknoten, die er ihr kommentarlos in die Hand drückte.
„Wo willst du denn hin?“, fragte sie, als er sich zur Tür wandte.
„Tellie und Nell zurückholen“, erwiderte er knapp.
Marge empfing ihren Bruder an der Tür, bat ihn aber nicht herein.
„Es tut mir leid“, sagte sie kühl, nachdem sie sich begrüßt hatten und J.B. sein Anliegen genannt hatte, „aber Tellie hat genug durchgemacht für heute.“ Sie trat zu ihm hinaus auf die Veranda und zog die Tür hinter sich zu. „Ich glaube nicht, dass sie dich sehen möchte.“
Er steckte seine Hände tief in die Hosentaschen und starrte vor sich hin. „Kaum bin ich mal weg, verschwört sich hier alles gegen mich“, murrte er.
„Das hast du dir allein zuzuschreiben. Du hast Tellies Schwäche für dich schamlos ausgenutzt und sie verletzt.“
J.B. erschrak. „Was hat sie dir denn erzählt?“, fragte er zögernd.
„Nur das Nötigste. Aber das hat mir schon gereicht. In letzter Zeit kenne ich dich überhaupt nicht mehr wieder.“
„Das liegt nur daran, dass Grange alles in mir wieder aufgewühlt hat.“
„Dafür kann Tellie nichts.“
„Aber sie hält zu Grange. Und das ist nicht loyal.“
„Sie sind befreundet. Aber was dieses Wort bedeutet, weißt du nicht. Du hast keine Freunde, J.B. Du hast nur Bewunderer – und ein paar dumme Gänse, die dir nachlaufen. Eine davon sitzt jetzt bei dir zu Hause und wartet auf dich“, fügte Marge hinzu.
„Ich habe Bella nicht dazu eingeladen, bei mir einzuziehen, während ich weg bin. Und erst recht war es nicht meine Idee, Tellie zu erzählen, was vor ihrem Unfall passiert ist.“
„Diese Frau hat bestimmt gedacht, dass sie dir damit einen Gefallen tut.“ Marge trat einen Schritt zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah J.B. an. „Ich habe dich lieb, das weißt du“, sagte sie dann ruhiger. „Ich bin deine Schwester, und ich kann allerhand von dir vertragen. Mit Tellie ist das etwas anderes. So kannst du mit ihr nicht umspringen. Vor allem, weil sie dich wirklich sehr gerne hat.“
„Ich kann damit nicht umgehen. Der bloße Gedanke an eine feste Bindung macht mich krank.“
„Dann ist es umso niederträchtiger, Tellie in irgendeiner Form Hoffnungen zu machen.“
J.B. stieß einen verzweifelten Seufzer aus. Das konnte er niemandem erklären – auch Marge nicht. Dass Tellie ihn so verehrte, hatte natürlich seiner Eitelkeit geschmeichelt. Doch es war mehr als das gewesen. Sie hatte ihm das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein, und das hatte ihm gutgetan. Dann war da seine Angst, überhaupt jemanden zu lieben und sich damit der Gefahr auszusetzen, wieder jemanden verlieren zu können, so wie er damals seine erste Liebe verloren hatte. Außerdem hatte er Tellie nicht als Frau sehen können. Sie liebte ihn zwar auf ihre Weise, aber eben doch in aller Unschuld, fast wie ein Kind, und schon deshalb wäre es ihm nicht eingefallen, sich ihr zu nähern –von dem einen Ausrutscher vor Jahren einmal abgesehen. Aber in diesem letzten Punkt hatte sich etwas geändert. Seitdem Tellie vom College zurückgekehrt war, war sie reifer geworden. Und jene Augenblicke bei ihr im Bett waren nicht nur ein klarer Beweis dafür, sondern sie hatten auch etwas in ihm geweckt.
„Ich weiß nicht“, sagte J.B. endlich gequält. „Tellie hat sich verändert in den vergangenen Wochen.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Und ich mich auch. Es ist schwer zu erklären.“
Marge verstand ihn auch so. Sie hatten sich immer nahegestanden. Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Tellie geht in einer Woche zurück nach Houston. Tu mir und ihr den Gefallen, und lass sie solange in Ruhe. Sie braucht Zeit, um zu sich selbst zu finden. Dann kannst du vielleicht mit ihr reden. Im Moment hat es sowieso keinen Zweck. Dazu ist sie viel zu verletzt.“
J.B. schüttelte den Kopf. „Was will sie in Houston machen? Arbeiten? Sie hat ihren Abschluss gerade erst hinter sich und eine Menge durchgemacht. Da sollte sie sich nicht so viel zumuten.“
„Sie sieht das nicht so. Sie will Abendkurse geben und sich tagsüber auf das nächste Semester vorbereiten. Lass sie es so machen, wie sie es möchte. Es ist wichtig für Tellie, ihren Weg selbst zu finden. Und das kann sie nicht, wenn du dauernd da bist. Ich weiß, dass du sie magst. Aber gerade das sollte für dich ein Grund sein, Rücksicht auf sie zu nehmen.“
Es war nichts dagegen zu sagen. J.B. wusste, dass
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