Diana - sTdH 5
besetzt, was ohne Zweifel an dem dichten
Nebel draußen lag.
Mr. Fane
grübelte schlechtgelaunt über die Unbeständigkeit der Männermode nach, während
er sich mit Lord Dantrey, Mr. Harvey-Maxwell, einem verträumten Poeten, und
dem alten Haudegen Lord Saunders eine Bowle Rumfustian teilte – einen Punsch
aus zwölf geschlagenen Eiern, einem Liter starkem Bier, einem halben Liter Gin,
einer Flasche Sherry, Muskatnuß, Zucker und Zitronenschale.
Die
Pantalons, sinnierte Mr. Fane, waren recht bequem, als sie vor gar nicht so
langer Zeit große Mode wurden. Es waren enge Hosen, die bis über die Wade
hinabreichten und am Knöchel über einem gestreiften Seidenstrumpf geknöpft
wurden. Die Tressen an den Seiten erinnerten an Uniformen. Während man zu
Kniehosen Stulpenstiefel trug, gehörten zu Pantalons Schaftstiefel oder
Halbschuhe. So weit so gut. Aber dann hatte die launenhafte Mode verfügt, daß
ein Gentleman seine Pantalons feucht anzog und sie am Körper trocknen ließ,
damit sie hauteng saßen. Wie es wohl den anderen damit erging, überlegte Mr.
Fane, während die Unterhaltung um ihn herum auf und ab schwoll. Was ihn betraf,
so waren die Innenseiten seiner dicken Schenkel schon so wund, daß man das rohe
Fleisch sah. Nach dem ausgezeichneten Dinner waren die Nähte seiner Hose so
gespannt, als ob das Birkhuhn, der Fasan, die Wachtel und das Wildbret zu
fliehen versuchten, um in ihre natürliche Umgebung zurückzukehren. Seine mit
goldenen Blumen bestickte schwarze Weste saß nicht mehr glatt, sondern legte
sich in lauter Wülsten um seinen Bauch.
Seine
Aufmerksamkeit wandte sich wieder seinem Freund Lord Dantrey zu. Dieser lehnte
sich gerade in seinen Stuhl zurück, seine seltsamen grün-goldenen Augen unter
den schweren Lidern hatten einen belustigten Ausdruck. Er amüsierte sich über
etwas, was Mr. Harvey-Maxwell gesagt hatte. Trotzdem war sich Mr. Fane darüber
im klaren, daß irgend etwas an diesem Armitage-Mädchen Dantrey zutiefst
beunruhigte.
Mit einem
Ruck zwang er sich, dem Gespräch zuzuhören. Mr. Harvey-Maxwell pries gerade die
Frauen als göttliche Geschöpfe, »ohne die wir Männer wilde, ungehobelte Barbaren
wären«.
»Vielleicht
sind die Frauen gar nicht so schwach und feminin, wie sie gerne erscheinen«,
bemerkte Lord Dantrey.
»Ich glaube
nicht, daß es das schöne Geschlecht genießt, die hilflose Rolle der
Unschuldigen zu spielen«, meinte Lord Saunders. »Ich denke da nicht nur an die
Damen der Gesellschaft. Ich erinnere mich, daß mein Urgroßvater, der bei
Marlboroughs Feldzug dabei war, mir erzählte, daß sich viele Frauen als Mann
verkleideten und sich freiwillig zum Militär meldeten.«
»Das kann
ich gar nicht glauben«, sagte Mr. Fane, dessen Interesse geweckt war. »Man muß
sie doch ganz leicht entdeckt haben.«
»Keineswegs«,
antwortete Lord Saunders. »Eine Frau bekam bei der Marine vierzig
Peitschenhiebe, und nicht einmal da wurde sie überführt. Die Sache kam erst
heraus, als sie vollständig ausgezogen wurde, weil sie verwundet war. Auch die
Männer, mit denen sie das Quartier teilte, entdeckten nie ihr Geheimnis. Die
meisten von diesen Frauen tranken und fluchten wie ein Kutscher.«
»Aber wenn
es so ein Geheimnis war«, fragte Lord Dantrey, »wie kamen sie dann darauf, daß
so viele Frauen beim Militär waren?«
»Oh, weil
die Amazonen, sobald sie genug Geld hatten und älter wurden, das Militär
verließen und ein Geschäft aufmachten oder so etwas und wieder als Frauen
herumliefen.«
»Warum
machen sie so etwas?« wollte Lord Dantrey mit zunehmendem Interesse wissen.
»Warum wünscht sich eine Frau, ein
Mann zu sein?«
»Freiheit«,
antwortete Lord Saunders. »Ja, da staunen Sie. Aber zu meiner Zeit sprachen wir
offener über solche Dinge, und als mein Vater noch lebte, da fluchten sogar die
Damen der Oberschicht kräftig. Die Frauen verkleiden sich, um der Willkür der
Männer in ihnen aufgezwungenen Ehen zu entfliehen, in den niedrigeren Schichten
sind vor allem die schlechten Löhne und die schrecklichen Arbeitsbedingungen
der Grund, sehen Sie sich doch all die Penelopes und Clarissas an, die sich auf
die nächste Saison vorbereiten. Man sagt ihnen, daß sie einen Mann ergattern
müssen, vielleicht sind die meisten mit dieser Vorstellung glücklich. Aber wenn
sie ihren Mann ergattert haben, was dann? Sie sehen uns nie. Wir sind entweder
in unseren Clubs oder auf der Jagd.«
»Ich würde
jede Frau, die ich liebte«, sagte Mr. HarveyMaxwell, »bis zum
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