Diana - sTdH 5
aufgebraucht hatte. Und sie mußte doch noch den Pastetenteig machen.
Da fiel ihr die geniale Erfindung von Mr. Wedgwood ein, und sie stieß einen
Seufzer der Erleichterung aus. Auf dem Höhepunkt der Napoleonischen Kriege war
Mehl sehr rar, und Wedgwood hatte einen schönen Topf in Pastetenform mit einem
gewölbten, verzierten Porzellandeckel hergestellt. Eins dieser Wunderdinger
hatte Minerva einmal dem Pfarrhaus geschenkt. Diana mußte die Form nur mit dem
Hasen und den Tauben füllen, den Porzellandeckel darauf setzen und hoffen, daß
die Herren so beeindruckt waren, daß sie den Teig nicht vermißten.
Mit Kochen,
Backen und Wasserpumpen in der Spülküche verging der Nachmittag wie im Fluge,
und Diana merkte zu ihrer eigenen Überraschung, daß sie bei der Arbeit sang.
Der Pfarrer
war erstaunt, als er Squire Radford auf dem Weg traf. Er hatte sich von ihm
ferngehalten, weil er das schmerzliche Gefühl hatte, daß sein schlechtes
Gewissen nicht noch mehr Vorwürfe ertragen konnte.
»'n Abend,
Jimmy«, sagte er peinlich berührt. »Wohin des Wegs?«
»Zum Dinner
bei dir. Diana hat mich eingeladen.«
»Diana?
Tja, dann komm mit rein. Du weißt ja, wie Mrs. Hammer kocht, und bist dir klar,
was dich erwartet. Vielleicht finde ich noch eine gute Flasche Rheinwein im
Keller, damit wir's hinunterspülen können. Ich glaube, es ist noch etwas von
...« Er wollte sagen »von der Beerdigung« da, aber er konnte nicht
weitersprechen.
Der Squire
war sehr beunruhigt über das Aussehen seines Freundes.
Die Kleider schlotterten um seinen früher so dicken Bauch, und die Knopfäuglein
in dem teigigen Gesicht hatten allen Glanz verloren.
»Da singt
jemand«, sagte der Squire, als der Pfarrer die Türe aufschloß. »Und ich muß
sagen, Charles, daß aus der Küche ein verlockender Duft dringt.«
»Ja«, sagte
der Pfarrer lustlos. »Ich habe gelernt, daß der Geruch das einzige Gute daran
ist.«
Der Pfarrer
bat den Squire in die dunkle Halle. Ein riesiges, mit bunten Bändern verziertes
Paket stand auf dem Boden.
»Was ist
das?« wollte der Pfarrer wissen, als ihm Sarah aus dem Mantel half.
»Ein Paket
von Lady Sylvester für Miß Diana.«
»Ah, von
Minerva! Warum hat Diana es nicht aufgemacht?«
»Weil sie
noch nicht dazu gekommen ist, Sir«, kicherte Sarah. »Miß Diana ist schon den
ganzen Nachmittag in der Küche und kocht das Abendessen. Sie hat Mrs. Hammer
freigegeben.«
»Diana kann
nicht kochen«, schnaubte der Pfarrer zornig.
»Miß Diana
hat letztes Jahr für das Gemeindefest die Kuchen gemacht, Sir«, entgegnete
Sarah. »Sie waren sehr gut.«
»Backen ist
etwas anderes als Kochen«, grollte der Pfarrer. »Bring uns einen Wein und sag
Miß Diana, daß sie's gleich sagen soll, wenn sie das Dinner verpatzt hat, damit
es nicht zu spät ist, etwas anderes zu beschaffen. Der Teufel soll mich holen,
wenn ich mich erinnern kann, wann ich das letztemal hungrig war, Jimmy, aber
ich möchte nicht, daß du ohne dein Abendessen zu Bett gehen mußt.«
Die zwei
Männer setzten sich im Salon ans Feuer, um sich mit Wein zu stärken.
Als Diana
sie schließlich ganz aufgeregt zu Tisch bat, waren sie auf das Schlimmste
gefaßt. Der Pfarrer hielt es für ein schlechtes Zeichen, daß Diana den Pudding
als ersten Gang servierte, ein ländlicher Brauch, mit dem man den ersten
Appetit stillte, damit die Gäste nicht allzu hungrig waren, wenn es an den
Hauptgang ging.
Rose, Sarah
und John Summer waren entzückt über Miß Dianas Stimmungsaufschwung, und alle
wollten bei Tisch aufwarten. Der Pfarrer kostete vorsichtig einen Löffel Pudding
und zog überrascht die Augenbrauen hoch. Von diesem Moment an aß er
ununterbrochen, und als er die mit getroccneter Minze köstlich gewürzte
Lammkeule verzehrte, standen ihm beinahe die Tränen in den Augen. Da es im
Pfarrhaus nur die altmodischen Gabeln mit zwei Zinken gab, schaufelte er seine
Erbsen mit dem Messer in den Mund.
Während der
Mahlzeit erzählte der Squire eine amüsante Geschichte nach der anderen über
das, was im Dorf vorgefallen war, weil er sehr wohl wußte, daß weder Diana
noch ihr Vater seit der Beerdigung an irgend etwas Interesse gezeigt hatten.
»Ah,
Diana«, seufzte der Pfarrer und rückte ein wenig vom Tisch ab, um für seinen
angenehm erweiterten Magen Platz zu schaffen, »ein Mädchen, das so kochen kann,
gehört zu den Engeln.«
»Ganz
ausgezeichnet«, lobte der Squire und tupfte den Mund mit der Serviette ab und
dann auch noch verstohlen die Augenwinkel,
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