Diana - sTdH 5
atemlos. »Er ist in mein Leben getreten, aber dann ist er wieder
daraus verschwunden.«
»Geben Sie
mir ein Silberstück und ich sage Ihnen alles«, sagte die alte Hexe. Ihre Augen
hatten rote Ränder vom Rauch. Diana lief ein abergläubischer Schauer den Rücken
hinunter.
»Gut«,
sagte sie. Sie holte einen Shilling heraus und hielt ihn hoch. Die Zigeunerin
haschte ihn und steckte ihn sorgfältig in ein Ledertäschchen, das sie um ihren
mageren Hals geschlungen hatte.
»Und jetzt
komm näher, mein süßes Leben«, sagte sie. Diana setzte sich aufgeregt auf ein
umgestülptes Faß neben dem Feuer und hielt ihre Hand hin. Die Zigeunerin
blickte darauf und fixierte Diana dann mit einem seltsam hypnotischen Blick.
»Er ist nicht
verschwunden«, sagte sie, »dein dunkler Geliebter. Er wartete nur seine Zeit
ab, weil es in deiner Familie einen Todesfall gegeben hat.«
Diana stieß
einen leisen Schreckensschrei aus und versuchte, ihre Hand wegzuziehen, aber
die Zigeunerin hielt sie fest. »Er wird zurückkommen, keine Angst«, sagte sie,
»wenn ihn der weißhaarige Schuft nicht abhält.«
»Dantrey!«
brachte Diana mühsam hervor. Sie befreite ihre Hand und begann so schnell sie
konnte wegzulaufen. Dabei hielt sie sich beide Ohren zu, um das gackernde
Gelächter der Zigeunerin nicht hören zu müssen.
Die
Zigeunerin drehte sich um, als ihr Mann von seinem Karren stieg. »Ich hab' dem
Fräulein mein Stück aufgesagt«, sagte sie, immer noch lachend. »Ich hab' ihr
das gesagt, wofür mich der Gentleman bezahlt hat.«
Diana
zitterte noch am ganzen Leibe, als sie heimkam. Aber als nach einer Weile ihr
abergläubischer Schrecken nachließ, fand sie in den Worten der Zigeunerin
Trost. Mr. Emberton hatte sich schließlich nur wie der Gentleman benommen, der
er war. Er war nicht zum Begräbnis gekommen wie ein gewisser Aasgeier, wie
Lord Dantrey. Er war aus Taktgefühl weggeblieben. Zufällig fiel ihr Blick in
den Spiegel.
Ein
gebräuntes, von wirren Koboldlocken umgebenes Gesicht starrte sie an. Ihr Kleid
schlotterte um ihren dünnen Körper. So wollte sie bestimmt kein Mann sehen!
Zum
erstenmal seit der Beerdigung fühlte Diana Heißhunger. Im Gegensatz zu ihren
Schwestern hatte sie kochen gelernt. Und sie kochte gut. Die Schwestern konnten
alle in der Küche einspringen, wenn es sein mußte, aber keine hatte die
geheimnisumwobene Kunst gemeistert, ein verloc kendes Mahl
auf den Tisch zu bringen.
Diana
beschloß, die Hauswirtschafterin, Mrs. Hammer, für den Rest des Tages aus der
Küche zu verbannen. Sie sollte sich auch einmal ausruhen. Sie, Diana, wollte
heute abend ein Dinner auf den Tisch bringen, das ihren düsteren Vater
aufheitern und sie selbst wieder etwas rundlicher machen würde.
Impulsiv
schickte sie den Mann, der mal hier, mal dort aushalf, zu Squire Radford mit
einer Einladung zum Abendessen. Wenn der Squire den Kummer ihres Vaters durch
sein Verständnis erleichtern konnte, dann war es doch dumm, ihm die Sache mit
der Jagd immer noch nachzutragen.
Mrs. Hammer
war nie berühmt für ihre Kochkunst gewesen, aber Diana dachte jetzt, daß sie
vielleicht besser kochen könnte, wenn sie nicht so völlig veraltetes
Küchengerät hätte.
Über dem
offenen Holzfeuer war rechts ein Behälter für heißes Wasser und links eine
winzige Herdplatte. Diese war nicht sehr brauchbar, und so mußte Diana unter
dem Backofen, einem gußeisernen, in die Wand eingemauerten Ungetüm, Feuer
machen.
Sie hatte
vor, eine Hasen-Tauben-Pastete zu bereiten. Nachdem sie einen großen Hasen
abgezogen und zwei Tauben gerupft hatte, teilte sie sie in Stücke und legte
sie in einen Topf mit kochendem Wasser, den sie an einem Gestell, das wie ein
kleiner schwarzer Eisengalgen aussah, über das Feuer hängte.
Dann
steckte sie eine Lammkeule auf den Bratspieß, der sich vor dem Feuer hinter dem
hohen Kamingitter drehte, wenn man sein Uhrwerk aufzog. Sie dankte Gott für
diese kleine Erleichterung bei der Arbeit. Es war ein Wunder, daß ihr Vater
nicht auf die Idee verfallen war, daß zwei Hunde den Bratspieß drehen könnten.
Während die
Pastetenfüllung kochte, nahm Diana ein fleckiges, zerlesenes Kochbuch zur Hand,
um ein Puddingrezept nachzuschlagen. Es erforderte neben Nierentalg und Mehl
große Mengen Rosinen, Korinthen und Datteln. Erst als sie alle Zutaten
miteinander vermischt und in ein Tuch gewickelt hatte, um sie zum Kochen in
einen Topf zu legen, sobald die Pastetenfüllung fertig war, merkte sie, daß sie
alles Mehl
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