Diana - sTdH 5
mit einem zärtlichen Ausdruck in den
Augen auf Ann herab. Die Leute gingen in den Ballsaal zurück, und der
Speisesaal war fast leer. Diana sah, daß Mr. Emberton an der Tür stand und sie
beobachtete.
Sie stand
schnell auf und ging zu ihm hinüber. Dabei bemerkte sie nicht, daß Lord Dantrey
erstarrt war und über Anns goldenen Kopf hinweg jede ihrer Bewegungen mit
Blicken verfolgte.
Mr.
Emberton hatte beschlossen, jede Erwähnung von Lord Dantreys Namen zu
vermeiden. Er war sich darüber klargeworden, daß er wenig Hoffnung auf Ann
Carter setzen konnte, jedenfalls nicht, solange Lord Dantrey und ihre
ehrgeizige Mutter dabei waren. Er wußte, daß es Ann bereits leid tat, daß sie
soviel Zeit mit ihm verbracht hatte. Also zurück zu Plan eins – Diana Armitage.
»Sie sehen
heute abend wundervoll aus, Miß Diana«, sagte er in seiner fröhlichen Art, die
nie ihre Wirkung auf sie verfehlte. »Jetzt, wo ich Sie für mich habe, darf ich
Sie um den nächsten Tanz bitten?«
Diana
lächelte ihn strahlend an. Was für ein Gegensatz zu Lord Dantrey! Und was ging
sie Lord Dantrey über haupt an? Sollte er doch mit dümmlichen kleinen Mädchen
wie Ann Carter flirten und turteln. Er konnte sie gerne haben.
Trotzdem
mußte sie feststellen, daß es ihr irgendwie nicht gelang, mit Mr. Emberton zu
tanzen. Der Zauber, der ihre Schritte während des Walzers gelenkt hatte, war
rätselhafter-weise verschwunden, und ihre alte Tolpatschigkeit war wieder da.
»Ich bin
eine miserable Tänzerin, Mr. Emberton«, sagte sie bekümmert. »Wollen wir uns
ein bißchen setzen? Ich möchte gerne etwas trinken. Ich bin so schrecklich
durstig. Ein Glas Limonade wäre jetzt genau das Richtige.«
»Ihr Wunsch
wird auf der Stelle erfüllt«, sagte Mr. Emberton heiter. »Setzen Sie sich, Miß
Diana, bis ich zurück bin. Ich werde nicht lange fort sein, da ich nicht das
Bedürfnis habe, mit einem Ihrer Verehrer zu kämpfen, wenn ich zurückkomme.«
Er
beschloß, Diana etwas Stärkeres zum Trinken zu bringen. In das Limonadeglas
schüttete er deshalb reichlich Arrak.
»Es ist
eine Limonade mit Lakritzgeschmack«, sagte er, als er zurückkam. »Sehr
erfrischend.«
Diana nahm
einen großen Schluck und würgte. »Es schmeckt sehr eigenartig.«
»Aber es
kühlt«, sagte er. »War das die Kutsche Ihres Vaters, die ich sah, als ich
ankam? Die altmodische mit den großen gelben Rädern?«
»Das ist
unsere Reisekutsche«, lächelte Diana. »Ich fürchte, sie ist sehr unmodern.
Dafür ist Papas Rennwagen der allerletzte Schrei.«
Mr.
Emberton legte sich einen Plan zurecht. Er wollte diesen bisher so erfolglosen
Abend doch noch zu seinem Vorteil wandeln.
Ihre Frage,
warum er damals, als sie fliehen wollten, weggefahren
war, ohne auch nur mit ihr zu sprechen, riß ihn aus seinen Gedanken.
Er wollte
nicht zugeben, daß er vor Dantrey Angst hatte, und so sagte er ernst: »Ich
bedaure mein überstürztes Vorgehen, Miß Diana. Auf einmal dachte ich an all
die Schande, der Sie sich aussetzen würden, wenn Sie mit mir wegliefen. Und da
brachte ich es einfach nicht fertig. Als ich erfuhr, daß Sie nicht heiraten mußten,
habe ich solche Erleichterung verspürt. Jetzt kann ich der Dame den Hof machen,
wie es ihrem Rang gebührt, habe ich damals gedacht. Natürlich hätte ich Sie
auch noch vom Altar weggeholt, wenn Sie zu einer unpassenden Heirat gezwungen
worden wären! Und dann haben Sie traurigerweise Ihre Mutter verloren. Ich
wollte Sie trösten, Ihnen wenigstens schreiben, aber ich fürchtete, ich hätte
Sie verloren. Mein Verhalten erscheint jetzt so ungeschickt. Bitte vergeben Sie
mir.«
Er konnte
nicht hören, ob Diana ihm verzieh, denn der Offizier, der mit Ann getanzt
hatte, kam zu ihnen und bat Diana um den nächsten Tanz. Da Dianas
Selbstbewußtsein durch den Arrak wieder gestiegen war und Mr. Emberton, der ein
paar Minuten Zeit zur Verwirklichung seiner Pläne brauchte, sie drängte,
zuzusagen, erhob sich Diana voller Zuversicht und stellte fest, daß sie diesmal
entspannt tanzen und sogar so tun konnte, als erfreue sie die Gesellschaft des
Offiziers, besonders wenn sie in der Nähe von Lord Dantrey tanzte.
Lord
Dantrey sah Mr. Emberton aus dem Ballsaal gehen und fragte sich vergeblich,
wohin er wohl ging. Er beschloß, sich ebenfalls zu verabschieden. Plötzlich war
er des Lärms und der Hitze im Ballsaal überdrüssig, und wenn sich Diana
Armitage unbedingt an einen Falschspieler wegwerfen wollte, wer war er denn,
daß er sie aufhalten
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