Diana - sTdH 5
Bewunderung für sie wären Balsam auf die schmerzende Wunde, die ihr Lord
Dantrey zugefügt hatte. Sie zog ihr Reitkostüm an und fragte sich, ob ihre
Freude am Reiten für eine junge Dame in Trauer angebracht war. Aber Minerva
hatte nichts Unrechtes an ihrer Teilnahme an der Jagd gefunden, und Minerva
hatte immer recht. Der Jägerhut war nicht mehr zu reparieren gewesen. Dafür
hatte Sarah einen Männerhut mit einem schwarzen Seidenschleier so
herausgeputzt, daß er ein passabler Reithut für eine Dame wurde.
Nach einem
hastigen Frühstück, das aus Eiern, Toast und Tee bestand, ging Diana zu den
Ställen und bat John Sum mer, Blarney zu satteln. Wie üblich bot John Summer
ihr an, sie zu begleiten, da er es nicht ganz korrekt fand, wenn das Fräulein
allein ausritt. Aber Diana wollte mit ihren Gedanken allein sein. In kürzester
Zeit war sie auf und davon und verschwand am Horizont. Diana hatte sich vorgenommen,
auf die Suche nach der Zigeunerin zu gehen.
Mr.
Emberton kehrte
früher als gedacht vom Pfarrhaus zurück, nachdem es ihm nicht gelungen war,
Diana zu sehen, und schlug seinem Freund Peter Flanders vor, ihre Ausgaben zu
kürzen und in die Hauptstadt zurückzukehren.
Mr.
Flanders musterte Mr. Emberton aus den Augenwinkeln. Er wollte noch nicht so
bald nach St. James's zurück. Mr. Flanders wußte sehr wohl, daß mehrere junge
Männer ihm die Schuld an ihrem finanziellen Ruin gaben, weil er Mr. Emberton
bei ihnen eingeführt hatte.
»Weißt du,
ich glaube, sie ist bis über beide Ohren in Dantrey verliebt«, sagte Jack
Emberton, »auch wenn ich nicht der Meinung bin, daß er sie will. Er hat Ann
Carter im Auge. Ich war bei ihm, bevor ich ins Pfarrhaus fuhr, und er sitzt
dort vor dem Kamin wie eine Schoßkatze und läßt sich von Mrs. Carter und Ann
verwöhnen.«
»Das ist
doch sonst nicht deine Art, so niedergeschlagen zu sein«, sagte Mr. Flanders.
»Du bist Miß Armitage nicht gleichgültig. Sie wollte doch sogar mit dir
durchbrennen. Hast du je daran gedacht, einfach ins Pfarrhaus rüber zu gehen,
auf das Knie zu fallen und sie zu bitten, dich zu heiraten? Sie wird entweder
›Ja‹ sagen oder ›Nein‹. Wenn sie ›Ja‹ sagt, wird dich der
Pfarrer nach deinen Zukunftsaussichten fragen, und du sagst ihm, du hast
keine, und dann kannst du ihm eine Andeutung machen, daß er dich abfinden
kann. Wenn sie ›Nein‹ sagt, dann brauchen wir unsere Zeit nicht mehr in
Hopeworth zu verschwenden.«
»Du bist
ein gerissener Bursche, Peter«, sagte Mr. Emberton, und ein Lächeln erhellte
sein Gesicht. »Der einfachste Weg ist der beste, was? Aber was ist, wenn
Dantrey mich zum Duell fordert?«
»Das wird
er nicht tun. Nicht, wenn das Mädchen sagt, sie will dich heiraten. Außerdem
hast du doch gerade gesagt, daß er nichts für Miß Armitage übrig hat.«
»Das
stimmt. Aber da ist irgend etwas ... Na, macht ja nichts. Ich werde sie morgen
besuchen. Wir müssen nur herausfinden, wann der Pfarrer nicht zu Hause ist.«
»Ganz
einfach. Da ist doch das hübsche Hausmädchen, von dem du mir neulich erzählt
hast. Sie wird es dir bestimmt sagen.«
»Da hast du
recht. Ein reizender Käfer. Wenn Miß Diana nein sagt, dann werde ich dafür
sorgen, daß das Mädchen ja sagt, bevor wir diese Gegend verlassen.«
»Du willst
doch nicht etwa ein Hausmädchen heiraten?«
Mr.
Emberton machte sich daran, Mr. Flanders in allen Einzelheiten
auseinanderzusetzen, was er mit Sarah vorhatte, bis sich die beiden Herren vor
wüstem Gelächter nicht mehr halten konnten.
Zu
dieser Zeit saßen
der Squire und der Pfarrer vor dem Kamin im Hause des Squire. Der Pfarrer war
von Hopeminster aus direkt zum Squire geritten. Er hatte reiten müssen, weil
die Reparatur der Kutsche länger dauerte. Sein Gesichtsausdruck war etwas
unsicher, als ob er das Gefühl hätte, der Squire könnte ahnen, wie er den Rest
der Nacht in Hopeminster verbracht hatte.
Aber der
Squire wollte nur die guten Eigenschaften von Lord Dantrey loben. »Was immer er
auch in seiner Jugend angestellt hat, Charles«, sagte der Squire, »es sollte
nicht gegen ihn gerichtet werden. Er ist ein wunderbarer junger Mann. Ich bin
überzeugt, daß er Diana nicht gleichgültig ist. Er würde einen höchst
geeigneten Mann für sie abgeben.«
»Und was
hältst du von Emberton? Sie scheint ihn auch zu mögen.«
»Trotz der
Aussagen von Lady Godolphin wissen wir in Wirklichkeit nichts von diesem
Emberton. Er scheint vermögend zu sein, aber wir wissen nichts über
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