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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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wenige davon trafen sich, um zu verschmelzen und ein lockeres Netz über der Wunde zu bilden, das als Verankerung für die Repolymerisation dienen sollte. Doch das Loch war bereits zu groß, und der brodelnde Wasserdampf zerfetzte die zarten Schutzvorrichtungen wieder. Die Membrane riß weiter auf. Der Prozeß war jetzt nicht mehr aufzuhalten.
    Orlando stand auf dem Sitz seines Fahrzeugs und schrie wild gestikulierend. »Du Idiot! Du hast sie getötet! Du verdammter Narr!« Yatima zögerte, dann sprang hie, wie hie es aus Konishi kannte, direkt in das Gefährt und packte ihn an den Schultern.
    »Es ist alles in Ordnung, Orlando, sie werden überleben! Sie sind daran angepaßt!« Er stieß hie zurück, wedelte mit den Armen und brüllte vor Zorn und Schmerz. Yatima verzichtete darauf, ihn noch einmal zu berühren, aber hie blickte ihm in die Augen und wiederholte ruhig: »Sie werden überleben.« Das stimmte nicht ganz, denn nur etwa eins von drei individuellen Lebewesen überstand den Siede- und Rehydrationsvorgang.
    Hie blickte nach unten. Die gesamte Oase war jetzt nur noch ein schlammiger Fleck, ein klebriger Rest, der sich an ein paar Polymerblasen mit Wasserdampf klammerte, die langsam expandierten, bis sie platzen mußten. Alle Farben des Swift-Lebens waren zu einem schwach irisierenden Braun verschmolzen, in dem nicht einmal die Umrisse eines Bauplans wiederzuerkennen waren. Die solide Geometrie der funktionierenden Organismen war zu einer annähernd zweidimensionalen Mischung aus chemischen Markern komprimiert worden, doch der Prozeß war nicht immer reversibel, genauso wie die Codierung nicht mehr eindeutig war. Es kam sogar vor, daß Geschöpfe unterschiedlicher Spezies, die gemeinsam austrockneten, anschließend als gemeinsame genetische Chimären wiederbelebt wurden, indem sich ihre Sporen kombinierten, um sich gegenseitig Gewebe für die rekonstruierten Körper zur Verfügung zu stellen.
    »Wo warst du?« Orlandos Gesicht zeigte Entsetzen und Verachtung. »Das waren reale, lebende Geschöpfe – und du warst nicht einmal in der Lage, sie im Auge behalten!«
    »Es muß einen plötzlichen Sog nach unten gegeben haben. Der Autopilot hätte die Sonde von selbst vom Wasser ferngehalten, wenn es möglich gewesen wäre.«
    »Du hättest gar nicht erst so weit runter gehen dürfen!«
    Sie hatten sich beide in gleicher Höhe gehalten. »Es tut mir leid, daß es geschehen ist«, sagte Yatima. »Wir müssen die Sicherheitsmarge für die Sonden erhöhen. Aber ein Sandkorn im Wind hätte ohne weiteres dieselben Folgen haben können. Und die Membrane wäre innerhalb der nächsten zehn Minuten ohnehin unter dem Dampfdruck zerplatzt. Das wußtest du.«
    Der Zorn verschwand aus Orlandos Augen. Er wandte sich ab und verbarg sein Gesicht unter den Armen. Yatima wartete schweigend ab, denn hie hatte schon vor langer Zeit erkannt, daß hie in einer solchen Situation nichts tun konnte.
    Nach einer Weile sagte hie: »Ich glaube, ich weiß, worauf uns die Transformer aufmerksam machen wollten.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Was benötigt man, um Wasserstoff in Deuterium zu verwandeln? Oder Kohlenstoff-12 in Kohlenstoff-13?«
    Orlando drehte sich wieder zu hie herum und wischte unsichtbare Tränen ab. Sein öffentliches Icon konnte nach Belieben sein privates Gefühl der Verkörperung maskieren oder offenbaren, doch er hatte es nie richtig gelernt, ohne nahtlose Übergänge auf beiden Ebenen zu operieren. Und nachdem seine Wut nun verraucht war, wirkte er so erschüttert, als würde er jeden Augenblick zusammenbrechen und eingehen. Dazu wäre nur noch eine weitere Enttäuschung nötig.
    Yatima sagte behutsam: »Es starrt uns geradezu ins Gesicht.«
    »Neutronen?«
    »Ja.«
    »Neutronen sind Neutronen. Was sollten wir finden? Wofür sollten wir zweiundachtzig Lichtjahre weit gereist sein?«
    »Neutronen sind Wurmlöcher.« Yatima hob die Hand und ließ ein Standard-Kozuch-Diagramm entstehen, dessen eines Ende sich in drei Verzweigungen aufspaltete. »Und wenn Blancas getöteter Klon recht hatte, dann besaßen die Transformer jede erdenkliche Freiheit, um die Neutronen von Swift einzigartig zu machen.«
     

14 Einbettung
     
    Carter-Zimmerman-Polis, Swift-Orbit
    85 801 737 882 747 KSZ
    18. März 4953, 23:17:59.901 WZ
     
     
    Yatima hatte sich mit Orlando in einer Landschaft der Lilliput-Basis verabredet, einer zwanzig Meter durchmessenden Kuppel voller wissenschaftlicher Instrumente, die auf einem äquatorialen Plateau lag, weit

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