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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Gravitation die Neutronensterne fester zusammenziehen und ihre kreisende Bewegung beschleunigen. Die bisherigen Abweichungen im Nanosekundenbereich konnten mit der kurzfristigen Bildung kleiner Zonen aus mobilen Quarks zusammenhängen, die dann wieder zu vereinzelten Neutronen erstarrten, doch sobald die Kerne völlig geschmolzen waren, mußte sich der Prozeß aufschaukeln. Je näher sich die Neutronensterne kamen, desto stärker wurde ihre Polarisation, und je stärker die Jets wurden, desto schneller rasten die Sterne auf spiralförmigen Bahnen aufeinander zu.
    Karpal wußte, daß die Berechnungen zur Überprüfung dieser Idee unglaubliche Kapazitäten beanspruchen würden. Die Interaktionen zwischen der starken Wechselwirkung und der Gravitation konnten selbst den leistungsfähigsten Computer in die Knie zwingen, und ein Softwaremodell, das ausreichend akkurat und zuverlässig war, würde viel langsamer als der reale Prozeß ablaufen, womit es für Vorhersagen nutzlos wurde. Eine Prognose des weiteren Schicksals von Lac G-1 war nur möglich, indem man die Tendenzen der Beobachtungsdaten bestimmte.
    Er programmierte die Analysesoftware darauf, den sich verringernden Bahnimpuls der Neutronensterne als glatte Kurve darzustellen und sie in die Zukunft zu extrapolieren. Die Veränderung wurde schneller, zunächst kaum wahrnehmbar, dann jedoch mit einem steilen Absturz. Karpal spürte einen eiskalten Schauder des Entsetzens: Wenn dies das letztliche Schicksal jedes binären Neutronensterns war, stellte es möglicherweise die Lösung eines uralten Rätsels dar. Aber es war keine erfreuliche Neuigkeit.
    Seit Jahrhunderten hatten Astronomen starke Röntgen-Ausbrüche in fernen Galaxien beobachtet. Wenn diese Ausbrüche, wie vermutet, auf kollidierende Neutronensterne zurückzuführen waren, dann hätten die Gravitationswellen, die kurz vor der Kollision produziert wurden – wenn die Neutronensterne ihren schnellsten und engsten Orbit erreicht hatten –, stark genug sein müssen, um von TERAGO über Entfernungen von Milliarden Lichtjahren festgestellt zu werden. Doch bisher waren niemals solche Wellen entdeckt worden.
    Im Fall von Lac G-1 sah es aus, als ob die Mesonenstrahlen die Bahnbewegung der Neutronensterne schließlich zum Stillstand bringen könnten, während sie noch mehrere zehntausend Kilometer voneinander entfernt waren. Die Funken des Feuerrades hatten den Kampf gewonnen und würden erlöschen, so daß es am Ende nicht zu einer wild sprühenden Spirale kam, sondern zu einem ruhigen, anmutigen Absturz – der lediglich einen Hauch von Gravitationsstrahlung erzeugte.
    Dann würden die Kerne, groß wie Berge und schwer wie Sterne, direkt zusammenstoßen, als hätte es niemals die geringste Fliehkraft gegeben, die sie auf Abstand halten könnte. Sie würden einfach aufeinander zufallen – und die Hitze des Zusammenstoßes würde sich noch tausend Lichtjahre entfernt bemerkbar machen.
    Karpal verwarf wütend die Idee. Bisher hatte er nicht mehr als eine Anomalie von drei Minuten in einer Orbitalperiode und eine Menge von Mutmaßungen. Wieviel war sein Urteilsvermögen noch wert, nachdem er neun Jahre in der Einsamkeit und einem Zuviel an kosmischer Strahlung verbracht hatte? Er mußte mit Kollegen im Asteroidengürtel Kontakt aufnehmen, ihnen die Daten zeigen und in aller Ruhe die Möglichkeiten diskutieren.
    Aber was war, wenn er recht hatte? Wieviel Zeit blieb den Körperlichen noch, bevor Lacerta zu einem heißen Röntgenstrahler wurde, sechstausendmal heller als die Sonne?
    Karpal überprüfte immer wieder die Berechnungen, paßte die Kurven unterschiedlichen Variablen an und probierte jede bekannte Extrapolationsmethode aus.
    Die Antwort blieb jedesmal dieselbe.
    Vier Tage.
     

5 Ausbruch
     
    Konishi-Polis, Erde
    24 046 380 271 801 KSZ
    5. April 2996, 21:17:48.955 WZ
     
    Yatima schwebte am Himmel über heiner Privatlandschaft und beobachtete das kolossale Netzwerk, daß sich über den verborgenen Boden erstreckte, so weit hie blicken konnte. Das Gebilde war zehntausend Delta breit und siebentausend hoch. Um das Ganze wand sich eine kunstvolle Kurve, die ein wenig wie die Achterbahnen wirkte, die hie in Carter-Zimmerman gesehen hatte – und die hie ausschließlich wegen des visuellen Kitzels mit Blanca und Gabriel befahren hatte. Hier war die ›Spur‹ ohne Stützen, genauso wie die Achterbahn in C-Z, aber sie schien sich durch ein Labyrinth aus Trägern zu winden.
    Yatima ging tiefer, um es sich aus der

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