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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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sagte?«
    »Ein paar, mit großer Wahrscheinlichkeit.«
    »Und könnten sie sich entscheiden, weiterhin zuzuhören?«
    »Natürlich. Niemand zensiert das Netz.«
    Also gab es noch Hoffnung. Die Statischen waren noch nicht völlig verloren, im Gegensatz zu den Traumaffen.
    Die nächste Wortmeldung kam von einer Frau, einer Vitalen ohne sichtbare Modifikationen, die eine Sprache benutzte, welche der Bibliothek unbekannt war. Als die Übersetzung kam, erwies sich, daß sie nach genaueren Einzelheiten über den Vorgang fragte, der angeblich die Bahnimpulse der Neutronensterne aufzehrte.
    Inoshiro hatte sich umfangreiches Wissen über die Kozuch-Theorie angeeignet, so daß hie keine Schwierigkeiten mit der Antwort hatte. Yatima verstand etwas weniger davon, da hie die Wissenssuche in den Minen vorurteilsfrei fortsetzen wollte. Aber hie wußte, daß die Berechnung der Dynamik der Neutronensterne nach der Kozuch-Gleichung extrem schwierig war und daß es in erster Linie ein Eliminationsprozeß gewesen war, der die Polarisation als plausibelste Erklärungsmöglichkeit übriggelassen hatte.
    Die Vitale hörte ruhig zu. Yatima konnte nicht erkennen, ob es reine Höflichkeit oder ein Zeichen war, daß sie endlich von jemandem ernst genommen wurden. Als der Dolmetscher aus dem äußeren Kreis fertig war, sagte die Frau noch etwas.
    »Bei so schwachen Gezeitenkräften würde es viel länger als die Lebensdauer des Universums beanspruchen, bis die Polarisation sich einen Tunnel durch die Energiebarriere geschaffen hat und über den Erstarrungszustand dominiert. Die Polarisation kann also nicht die Ursache sein.« Yatima war erstaunt. War diese selbstbewußte Behauptung fehlerhaft – oder eine fehlerhafte Übersetzung –, oder hatte die Vitale eine solide mathematische Begründung dafür? »Ich kann jedoch akzeptieren, daß die Beobachtungen eindeutig sind. Die Neutronensterne werden kollidieren, und es wird zu einem Gammastrahlen-Blitz kommen. Wir werden entsprechende Vorkehrungen treffen.«
    Yatima wünschte sich, sie hätte noch mehr gesagt, aber wenn zwölf Dolmetscher involviert waren, hätte eine längere Diskussion Tage in Anspruch genommen. Und sie hatten endlich einen kleinen Sieg errungen, den hie nun genoß. Die physikalische Autopsie der Neutronensterne konnte bis zu ihrem Ende warten.
    Als Francesca den nächsten Sprecher auswählte, standen mehrere Leute im Publikum auf und begaben sich nach draußen. Yatima beschloß, dies als gutes Zeichen zu interpretieren. Selbst wenn die Menschen noch nicht völlig überzeugt waren, konnten sie Vorkehrungen treffen, die Hunderten oder Tausenden das Leben retten mochten.
    Mit Hilfe umfangreicher mentaler Moduln und durch Zugriffsmöglichkeiten auf die Bibliothek kam Inoshiro problemlos mit den Fachfragen zurecht. Als der amphibische Vitale mehr über UV-Schädigungen am Plankton und pH-Wert-Veränderungen im Oberflächenwasser der Ozeane wissen wollte, konnte hie ein Carter-Zimmerman-Modell zitieren. Als ein Mittler im Publikum die Zuverlässigkeit von TERAGO in Frage stellte, erklärte Inoshiro, warum Signale von einer ganz anderen Quelle als Ursache für die Beschleunigung der Wellenperioden der Neutronensterne ausgeschlossen waren. Von den Feinheiten der Photochemie in der Stratosphäre bis zur Unmöglichkeit der Hypothese, daß sich das künftige Schwarze Loch von Lacerta nicht schnell genug bilden konnte, um alle Gammastrahlung aufzusaugen und die Erde zu verschonen, konterte Inoshiro fast jeden Einwand, der die Dringlichkeit der Lage hätte mildern können.
    Yatima empfand eine unbehagliche Bewunderung. Inoshiro war genau zu dem geworden, was die Krise von hie verlangte, hie hatte all dieses Wissen aus zweiter Hand aufgenommen, ohne Rücksicht auf die möglichen Auswirkungen auf heine Persönlichkeit. Hie würde sich anschließend vermutlich das meiste wieder entfernen lassen, was in Yatimas Augen einer Amputation gleichkam, doch für Inoshiro schienen diese Aussichten weit weniger traumatisch zu sein als der Ein- und Ausstieg in die Gleisner.
    Weitere Enklavenvertreter meldeten sich ab. Einige waren zweifellos überzeugt, andere offensichtlich nicht, und einige reagierten mit Signalen, die Yatima nicht entziffern konnte. Außerdem verließen weitere Mittler den Saal, während andere hereinkamen, um ihre Plätze zu übernehmen. Mehrere Bewohner von Atlanta stellten Fragen aus ihren Häusern.
    Die drei Wachen hatten die ganze Zeit im Publikum gesessen und die Debatte

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