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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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ins Licht und wartete darauf, den Ausdruck auf Gabriels Gesicht zu sehen, wenn er von der Neuigkeit erfuhr.
     

VIERTER TEIL  

Yatima schaute voller Hoffnung auf den Stern, den sie Weyl getauft hatten. Falls er nicht das letzte Glied in der Kette war, mußte er zumindest nahe sein. »Achteinhalb Jahrhunderte später hatte die Diaspora Swift erreicht. Von da an weißt du genausoviel wie ich.«
    »Vergiß Swift«, sagte Paolo. »Was ist mit Orpheus?«
    »Orpheus?«
    »Nur weil dein Klon dort nicht aufgewacht ist …«
    Yatima lachte. »Damit hat es nichts zu tun. Glaubst du, eine uralte, raumfahrende Zivilisation würde sich für jedes Detail unserer Reisen interessieren?«
    Paolo ließ sich nicht beirren. »Wir wären nicht hier, wenn Orpheus nicht gewesen wäre. Orpheus hat alles verändert.«
     

10 Diaspora
     
    Carter-Zimmerman-Polis, Erde
    55 721 234 801 846 KSZ
    31. Dezember 3999, 23:59:59.000 WZ
     
     
    Während Paolo Venetti darauf wartete, tausendmal geklont und über zehn Millionen Kubiklichtjahre verteilt zu werden, entspannte er sich in seinem luxuriösen Lieblingspool. Es war eine gestufte sechseckige Mulde, die in einen Hof aus schwarzem, mit Gold gesprenkeltem Marmor eingelassen war. Paolo hatte die vollständige traditionelle Anatomie angelegt, zu Anfang ein ungewohntes Gewand, doch das warme Wasser, das über seinen Rücken und seine Schultern strömte, ließ ihn allmählich zu einer angenehmen Trägheit erschlaffen. Er hätte denselben Zustand innerhalb eines Augenblicks durch Gedankenbefehl erreichen können, doch der Anlaß verlangte das vollständige Ritual der Wahrhaftigkeit, die kunstvolle Ausführung jedes Schnörkels der imitierten Physik von Ursache und Wirkung.
    Der Himmel über dem Hof war warm und blau, wolkenlos und sonnenlos, völlig isotrop. Als der Moment der Diaspora näher kam, huschte eine kleine grüne Eidechse mit scharrenden Krallen über den Hof. Sie hielt am anderen Ende des Pools an, und Paolo bewunderte das feine Pulsieren ihrer Atmung. Er beobachtete, wie die Eidechse ihn beobachtete, bis sie sich wieder bewegte und in den Weinbergen der Umgebung verschwand. Die Landschaft war voller Vögel und Insekten, Nagetiere und kleiner Reptilien – nicht nur als Dekoration, sondern auch zur Befriedigung einer abstrakteren Ästhetik. Sie milderten die krasse Radialsymmetrie des einsamen Beobachters, sie verankerten die Simulation durch die Wahrnehmung aus einer Vielzahl von Perspektiven. Ontologische Halteseile. Doch niemand hatte die Eidechsen gefragt, ob sie geklont werden wollten. Sie waren mit von der Partie, ob es ihnen gefiel oder nicht.
    Paolo wartete ruhig ab und war auf ein halbes Dutzend möglicher Schicksale gefaßt.
     

11 Wang-Teppiche
     
    Carter-Zimmerman-Polis, Orpheus-Orbit
    65 494 173 543 415 KSZ
    10. September 4309, 17:12:20.569 WZ
     
     
    Eine unsichtbare Glocke ertönte leise, dreimal. Paolo lachte entzückt.
    Ein Glockenschlag hätte bedeutet, daß er immer noch auf der Erde war – gewiß eine Enttäuschung, aber sie wäre durch zahlreiche Vorteile ausgeglichen worden. Jeder, der ihm etwas bedeutete, lebte in Carter-Zimmerman, doch nicht alle von ihnen hatten sich im gleichen Ausmaß an der Diaspora beteiligt. Sein Erden-Ich hätte also niemanden verloren. Auch die Bestätigung, daß die tausend Schiffe sicher auf den Weg gebracht worden waren, wäre befriedigend gewesen. Und weiterhin ein Mitglied der Koalition zu bleiben, in Realzeit mit der gesamten Globalkultur verbunden zu sein, hätte ebenfalls seinen Reiz gehabt.
    Zwei Glockenschläge hätten bedeutet, daß dieser Klon von Carter-Zimmerman ein Planetensystem ohne jedes Leben erreicht hatte. Paolo hatte ein ausgefeiltes – aber nicht-intelligentes – Vorhersagemodell laufen lassen, bevor er sich entschloß, unter diesen Bedingungen aufzuwachen. Er hatte sich vorstellen können, daß die Erkundung einer Handvoll fremder, wenn auch lebloser Welten eine bereichernde Erfahrung wäre, die zudem den entscheidenden Vorteil hatte, daß das Unternehmen nicht durch komplizierte Vorsichtsmaßnahmen behindert wurde, die im Fall des Vorhandenseins fremden Lebens notwendig gewesen wären. Die Bevölkerung von C-Z wäre um mehr als die Hälfte geschrumpft, und viele seiner engsten Freunde hätten gefehlt, doch er hätte zweifellos neue Freundschaften geschlossen, dessen war er sich sicher.
    Vier Glockenschläge wären das Zeichen für die Entdeckung intelligenter Lebensformen gewesen. Fünf: eine technische

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