Diaspora
Grenzen«, sagte sie. »Ich möchte selbst damit fertig werden.«
»Ich verstehe.« Er ließ das Teilmodell von ihr, das er entwickelt hatte, während sie sich geliebt hatten, aus seinem Geist verblassen, bis nur noch ein gewöhnliches, auf Vermutungen gegründetes Elena-Symbol übrig war, ganz ähnlich wie jene, die er für jeden anderen seiner Bekannten besaß. Paolo nahm die Verantwortung der Intimität sehr ernst; seine Geliebte vor Elena hatte ihn gebeten, sein gesamtes Wissen über sie zu löschen, und er hatte ihren Wunsch mehr oder weniger erfüllt – das einzige, was er noch über sie wußte, war die Tatsache, daß sie diese Bitte geäußert hatte.
»Landung!« verkündete Hermann. Paolo betrachtete die Aufzeichnung einer Scoutsonde, die zeigte, wie die ersten Eintrittskapseln über dem Ozean aufbrachen und ihre Mikrosonden freisetzten. Nanomaschinen transformierten die keramischen Hüllen (und dann sich selbst) in Kohlendioxid und ein paar einfache Mineralien – nichts, was nicht auch die Mikrometeoriten enthielten, die ständig auf Orpheus herabregneten –, bevor die Fragmente die Wasseroberfläche erreichen konnten. Die Mikrosonden würden nichts senden; wenn sie die Datensammlung abgeschlossen hatten, schwebten sie an die Oberfläche und modulierten ihre UV-Reflexivität. Dann lag es an den Scoutsonden, diese Pünktchen zu lokalisieren und ihre Botschaften zu entziffern, bevor sie sich genauso gründlich wie die Eintrittskapseln zerstörten.
»Das ist ein Grund zum Feiern!« sagte Hermann. »Ich gehe ins Herz. Wer kommt mit?«
Paolo warf einen Blick zu Elena. Sie schüttelte den Kopf. »Geh nur.«
»Bist du sicher?«
»Ja! Geh mit.« Ihre Haut war zu einer spiegelnden Oberfläche geworden, und ihr ausdrucksloses Gesicht reflektierte den Planeten unter ihnen. »Mir geht es gut. Ich möchte nur etwas Zeit für mich, um allein über einige Dinge nachzudenken.«
Hermann wickelte sich um das Gerüst des Satelliten und streckte seinen bleichen Körper, während er sich auf den Weg machte, indem er neue Segmente und neue Beine produzierte. »Kommt schon, kommt schon! Karpal? Liesl? Kommt und feiert mit!«
Elena war fort. Liesl stieß einen verächtlichen Laut aus und flatterte davon, als wollte sie die Luftlosigkeit der Landschaft verhöhnen. Paolo und Karpal sahen zu, wie Hermann immer länger und schneller wurde – bis er in einer verschwommenen Transformation den gesamten geodätischen Rahmen umspannte. Paolo sprang lachend fort, Karpal folgte ihm.
Dann zog sich Hermann wie eine Boa zusammen und zerquetschte den gesamten Satelliten.
Sie schwebten eine Weile im Raum, zwei Geschöpfe, die wie Körperliche geformt waren, und ein gigantischer Wurm in einer Wolke aus umherwirbelnden Metallfragmenten, eine absurde Ansammlung imaginärer Trümmer, die im Licht der realen Sterne glitzerten.
Das Herz war immer überfüllt, aber es war größer, als Paolo es das letztemal gesehen hatte, obwohl Hermann wieder auf seine ursprüngliche Größe geschrumpft war, um keine Aufregung zu verursachen. Der gewaltige, muskulöse Saal wölbte sich über ihnen und pulsierte feucht im Rhythmus der Musik, während sie nach der besten Position suchten, um die Atmosphäre aufzusaugen.
Sie fanden einen gute Stelle und schufen etwas Mobiliar, einen Tisch und zwei Stühle – Hermann zog es vor zu stehen –, und der Boden expandierte, damit genügend Platz war. Paolo blickte sich um, rief den Leuten, die er visuell wiedererkannte, Grüße zu, ohne sich die Mühe zu machen, ihre Signaturen zu überprüfen. Höchstwahrscheinlich war er schon jedem Anwesenden irgendwann einmal begegnet, aber er wollte die nächsten paar Kilotau nicht damit verbringen, Höflichkeiten mit flüchtigen Bekanntschaften auszutauschen.
Hermann sagte: »Ich habe den Datenstrom unseres bescheidenen Sternenobservatoriums verfolgt – meine Kur gegen weganische Engstirnigkeit. In der Nähe des Sirius gehen seltsame Dinge vor sich. Wir beobachten Megakelvin-Röntgenstrahlung, Gravitationswellen … und unerklärliche heiße Stellen auf Sirius B.« Er wandte sich an Karpal und fragte unschuldig: »Was haben diese Roboter deiner Meinung nach vor? Es gibt Gerüchte, daß sie planen, den Weißen Stern aus dem Orbit zu zerren und ihn als Teil eines gigantischen Raumschiffs zu benutzen.«
»Ich gebe nichts auf Gerüchte.« Karpal präsentierte stets eine getreue Reproduktion seines alten Gleisner-Körpers. Seine Leute zu verlassen und nach C-Z zu kommen
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