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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Kartons mit den Taschen, die heute eingetroffen sind. Außerdem kam noch so komischer bunter Häkelkram, bei dem ich gar nicht weiß, wo oben und unten ist. Für einige Teile gibt es sogar eine Anleitung, wie man sie anzuziehen beziehungsweise zu knoten hat. Kaum zu glauben, dass ausgerechnet Frauen, denen ja bekanntlich schon das simple Auffüllen des Scheibenwaschwassers im Auto zu kompliziert ist, Lust haben, sich das Tragen eines Kleides erklären zu lassen. Und dafür sogar eine Gebrauchsanweisung lesen.
    «Alexander?», ruft Victoria von oben herunter. «Wie weit bist du?»
    Meine Fresse, nimmt das Gehetze hier denn nie ein Ende? Genervt blicke ich auf die Uhr. Es ist bereits kurz nach halb acht! Andere Leute haben um diese Zeit längst Feierabend, nur ich stehe immer noch in meinem pinkfarbenen Keller-Guantanamo und sortiere Häkellappen.
    «Fertig!»
    «Das ist ja toll», ertönt es plötzlich direkt hinter mir, und ich drehe mich überrascht um. Meine Gefängniswärterin hat sich lautlos über die Treppe angeschlichen und begutachtet nun fachmännisch die neue Ordnung. «Super», sagt sie mit ehrlicher Begeisterung in der Stimme.
    Sie wandert die Kartonreihen ab und verströmt den Duft von Sommerwiese light. Erst jetzt bemerke ich, dass sie sich umgezogen hat. Statt des gemusterten Seidenkleides von heute Morgen trägt sie nun Jeans und T-Shirt. Dazu eine übergroße graue Strickjacke, in der sie schmal und zerbrechlich wirkt.
    «Endlich kann man hier wieder eintreten.» Anerkennend lässt sie ihren Blick durch beide Räume streifen. Immer wieder schaut sie zu mir, als könne sie es nicht glauben, dass ich tatsächlich etwas zustande gebracht habe. «Kai und ich haben uns nämlich gerade überlegt, wie wir am Freitag oben die Möbel umstellen, damit genügend Platz ist. Aber jetzt können wir ja auch nach hier unten ausweichen.»
    Tja, ein Schwuler und eine Diva – wäre sicher spannend gewesen, da mal zuzuhören. Wer von den beiden wohl das bessere räumliche Vorstellungsvermögen hat?
    «Ach, du meine Güte!» Victoria schlägt sich mit der Hand an die Stirn. «Du kennst ja noch gar keine Einzelheiten über das Event nächste Woche, nicht wahr? Tut mir leid, für eine Erklärung war irgendwie noch keine Zeit.» Nach kurzem Überlegen springt sie zur Treppe. «Ich hole schnell die Pläne.»
    Herrje – ist denn immer noch kein Feierabend?
    «Heute wird es etwas länger gehen», ruft Victoria von oben herunter, als hätte sie gerade noch schnell in mein Gehirn geschaut. «Hast du Hunger?»
    «Und wie!»
    «Dachte ich mir.»
    Kaum dass ich allein im Keller bin, hetze ich in die Haremskabine und schäle mich aus der pinkfarbenen Gefängniskleidung. Offenbar sind Freizeitklamotten nach Ladenschluss erlaubt. Endlich! Meine Rückverwandlung vom Zebra zum Menschen!
    Statt des Jeanshemdes belasse ich es jetzt ebenfalls beim T-Shirt. Nur mein iPhone ziehe ich noch aus der Hemdtasche und checke kurz, ob Flo sich noch mal gemeldet hat. Aber hier unten gibt es ja bekanntermaßen kein Netz.
    «Alex?»
    Victoria ist schon zurück und läuft suchend die Kellerräume ab. Ich stutze. Hat sie tatsächlich Alex gesagt? Nach zwei förmlichen Alexander-Tagen bin ich nun, heute, hier im Keller plötzlich Alex? Nur wegen der Kartonstapelei? Oder hat sie vielleicht getrunken?
    «Komme!»
    Zwei Sekunden später stehe ich vor Victoria, die sich schräg gegenüber der Kabine an den Schreibtisch gesetzt hat. Vor ihr liegt ein ausgebreiteter Grundriss des Ladens.
    Während sie mit der einen Hand auf einige gelb markierte Flächen deutet, schiebt sie sich mit der anderen einen Schokoriegel in den Mund. «Möchtest du auch einen?», fragt sie und hält mir eine schmale Packung hin. «Gibt aber oben sonst gleich was Richtiges zu essen, Kai hat was bestellt.»
    Ist Schokolade vielleicht die Droge, die sie so entspannt sein lässt? Dann ist es vielleicht besser, ich überlasse ihr auch noch den zweiten Riegel.
    «Nein danke», murmele ich, lege mein Handy auf den Tisch und ziehe mir einen Stuhl heran.
    «Für das Event wird der Laden in eine Art Werkstatt verwandelt», erklärt Victoria und deutet auf die Grundfläche des hinteren Verkaufsraums. «Eine echte kleine Produktionsstätte für die Miucci-Taschen. Es kommen extra die Profis aus Italien, die dort auch tatsächlich in der Fertigung arbeiten. Sie bauen hier ihre Werkbänke auf, und unsere Kunden können sich ein Bild machen, wie genau so eine Taschenproduktion abläuft. Vom

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