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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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unpassend in die Situation gongte, blickte Victoria zunächst schmaläugig auf das Display. Dann sagte sie mit kaum zu überhörender Ironie in der Stimme: «Jetzt weiß ich zumindest, warum du keine Küche brauchst.»
    Danach stand sie auf, faltete seelenruhig die Pläne zusammen und ging zur Treppe. «Sicher möchtest du nun doch lieber zu Hause essen. Oder, Bautzelchen ?»
    «Nein, das möchte ich nicht», gab ich bockig zurück, ohne auch nur im Entferntesten zu ahnen, dass ich mit diesem Spruch fast mein Todesurteil besiegelt hätte.
    Denn als wir nacheinander die Treppe hochstiegen und schweigend die Sitzecke im Flur ansteuerten, machte ich kurz darauf eine furchtbare Entdeckung. Kai hatte tatsächlich Essen bestellt und alles fein säuberlich auf dem Couchtisch arrangiert. Mein Magen knurrte wie Hölle, und während mir bereits das Wasser im Mund zusammenlief, ließ ich mich auf das Sofa plumpsen und … erstarrte. Es gab Sushi! Ekliges, glibberiges, toxisches Sushi! Schleimige Fischröllchen, ummantelt von tausendjährigen Algen, garniert mit pipigelben Ingwerlappen.
    Ich starrte auf meine Plastikschale, als könne ich sie mittels Willenskraft in eine Pizza verwandeln. Und tatsächlich kroch mir plötzlich ein herrlicher Duft in die Nase. Eine überwältigende Mischung aus Tomaten, Basilikum und warmem Käse wehte zu mir herüber und ließ meine Speichelproduktion auf Hochtouren laufen. Als ich aufsah, packte Victoria gerade eine Pizza aus.
    «Ich mag kein Sushi», war ihre knappe Erklärung, nach der sie ohne Umschweife herzhaft in ihre Margherita biss. «Stört euch nicht daran und lasst es euch schmecken!»
    Tanja und der rosa Morgenmantel schweben aus dem Badezimmer zurück. «Bautzel, du bist ja so nachdenklich. Hattest du einen harten Tag?» Ohne meine Antwort abzuwarten, plappert sie weiter: «Du kannst dich schon ausziehen, das Wasser ist wunderbar warm. Es wird dich entspannen.» Sie baut sich dicht vor mir auf und spitzt die Lippen zum Kuss.
    Also, hart ist für diesen Tag gar kein Ausdruck! Hatte ich mir nicht am Sonntag erst vorgenommen, mein Leben mehr zu genießen? Bislang kann davon keine Rede sein. Im Gegenteil. Neben dem vielen Stress, der Begegnung mit meinem Chef und den Salmonellen, die aller Wahrscheinlichkeit nach gerade in meinem Magen darauf lauern, mich schon sehr bald ins Jenseits zu befördern, scheint es außerdem, als habe ich ein Kuss-Trauma davongetragen. Nie wieder werde ich eine Frau küssen können, ohne Angst zu haben, irgendwo könnte ein Handy durch die Stille gongen. Und ohne Victorias Sommersprossen vor mir zu sehen.
    Tanja zupft mich am Ärmel. «Was ist, bekomme ich keinen Kuss?»
    Ich beuge mich vor und küsse sie. Zum Glück gongt nichts. Und wenn ich die Augen geöffnet lasse, sehe ich auch keine Sommersprossen.
    Gut so.
    Zwei Minuten später sitzen wir mal wieder gemeinsam in der Wellnesswanne, und ich gebe mir größte Mühe, weder an meinen Chef noch an verseuchten Glibberfisch zu denken. Stattdessen denke ich an Werner Wischnewski.
    Werner Wischnewski ist der freundliche Inhaber einer Firma, die ich morgen früh als Erstes anrufen muss. Wegen des Lochs im Fußboden bei Miucci, das mir das Leben gerettet hat.
    Während Victoria nämlich mit ihrer duftenden Pizza durch den Laden spazierte, hier und dort stehen blieb, um die Umräumarbeiten des schwulen Kollegen zu begutachten, blieb sie plötzlich wie angewurzelt mitten im Raum stehen und starrte auf den Fußboden.
    «Was ist denn hier passiert?», fragte sie entsetzt, als wäre jemand mit Hundescheiße an den Hacken durch den Laden marschiert.
    Kai, der sich gerade ein Stück Glibberfisch in den Mund geschoben hatte, murmelte mampfend: «Wo?»
    «Na, hier.» Victoria scharrte mit dem Fuß. «Hier fehlt ein Stück der Dielen!» Sie drehte sich zu Kai um. «Stand dort vorher das Regal drauf?»
    Mr. Spock sprang auf, und für einen kurzen Moment befürchtete ich, ihm würde die Betonfrisur explodieren. Sichtlich geschockt starrte er auf die gleiche Stelle am Boden.
    «Das ist mir noch gar nicht aufgefallen», gab er kleinlaut zu. «Irgendwer muss den Raumteiler extra so gestellt haben, dass man die Stelle nicht sieht. Oder aber …» Er umkreiste das schadhafte Areal. «Jemand hat den Boden um das Regal herum verlegt.»
    Hatte ich mir gerade noch in einer Mischung aus Hunger und Aufregung ein Stück des toxischen Sushis in den Mund geschoben, sah ich nun meine Chance gekommen, den Tisch und das widerliche Essen

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