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Dicke Moepse

Dicke Moepse

Titel: Dicke Moepse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Moschner
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ein. Nach drei Stunden Wehen und einer schier endlosen Warterei erscheint nun zuerst ein winziger Kopf und dann ein Paar Beine.
    »Es jeht los!«, ruft Stefan begeistert aus. Scheinbar hat er doch so etwas wie ein Herz in seinem Brustkorb. Lucinda beginnt zu pressen. Doch irgendetwas stimmt da nicht.
    »Wir müssen ihr helfen, sonst dauert es zu lange.« Ich laufe erneut nach draußen, um ein paar Seile zu holen. Stefan hat bereits einen kleinen Podest aufgestellt und bindet nun die Seile um die kleinen Hufe des Babys.
    »Jetzt, zieh!«, rufen wir im Chor. Hoffentlich machen wir nichts falsch. Wo nur Dr. Nachtnebel bleibt?
    »Zieh … nochmal, zieh …!« Nach weiteren zwanzig Minuten ist es dann endlich so weit. Die letzten Zentimeter schafft Lucinda von ganz allein, und wir können gerade noch rechtzeitig zur Seite springen, als die kleine Babygiraffe mit einem Plumps das Licht der Welt und zwei sehr stolze Tierpfleger erblickt.
    »Wie schön!«, rufe ich aus. Ich will auch irgendwann einmal Kinder, natürlich nicht in dieser Größe und Form. Lucinda säubert das kleine Giräffchen fürsorglich, indem sie es liebevoll ableckt. Stolz blickt die frischgebackene Mami auf ihr Kleines, das versucht, auf seinen staksigen Beinen zu stehen, und ich verdrücke heimlich eine Träne der Rührung, die ich schnell an meinem Ärmel abwische. Versunken beobachte ich das friedliche Bild, bis mich Stefan wieder zurück ins wahre Leben holt.
    »Du, ist dett o. k., wenn ick jetze abhaue? Wenn ick nämlich jetze losfahre, denn schaff ick’s noch rechtzeitich zum Zwischengang.«
    Ich wundere mich über so viel geballtes Desinteresse auf einem Häufchen Mensch, bin aber zu erschöpft, um Stefan etwas entgegenzusetzen. Angestiftet von der friedlichen Stimmung kurz nach einer Geburt, gebe ich klein bei.
    »Klar, geh ruhig, aber tu mir einen Gefallen. Ruf nochmal Dr. Nachtnebel an und sag ihm, er soll sofort hierherkommen. Das Baby ist ziemlich klein, und die ersten 14 Tage sind einfach zu kritisch. Ich möchte wirklich kein Risiko eingehen. Ich bin erst sicher, dass alles in Ordnung ist, wenn er mir das bestätigt!«
    »Jaja, jeht klar. Danke, Rosi, hast watt jut bei mir!« Stefan tätschelt mir unbeholfen den Arm und macht dann in null Komma nichts die Fliege.
    Allein im Stall, lasse ich meiner Neugier freien Lauf. Ich nähere mich den beiden Giraffen. Schließlich möchte ich wissen, ob wir eine Sie oder einen Er zur Welt gebracht haben.
    »Es ist ein Mädchen!«, rufe ich begeistert aus. Aber Stefan ist schon außer Hörweite. Nicht mal das hat ihn interessiert. Dann wird er auch sicher kein Interesse an der Namensgebung haben. Ich suche mir eine ruhige Ecke im Stall und sinke langsam zu Boden. Wie eine kleine Giraffenprinzessin sieht sie aus. Ich werde sie Cinderella nennen. Das passt perfekt. Da können sich die Chinesen noch so querstellen.
    »Wahrscheinlich wirst du später eine Hsiao oder eine Mei-Mei werden, aber für mich bist und bleibst du Cinderella!« Ich drücke der Kleinen einen Kuss auf den schlanken Hals, und erneut laufen mir die Tränen über die Wangen. Wie gut, dass Stefan mich nicht so sieht. Der fände das sicher extrem übertrieben. Soll er doch mit seiner buckligen Verwandtschaft Eierlikör saufen! Für mich gibt es gerade keinen schöneren Platz, an dem ich sein möchte.
    So langsam kommt die Anstrengung in mir hoch, und ich merke, wie müde ich eigentlich bin. Im Fünf-Minuten-Takt fallen mir die Augen zu, und ich schrecke immer wieder hoch. Im Gegensatz zum Menschen schlafen Giraffen nicht besonders viel. Aber dafür sieht das dann sehr hübsch aus, denn sie legen dabei ihren langen Hals elegant um den sitzenden Körper. Auch Lucinda tut das jetzt, und Baby Cinderella schmiegt sich eng an sie heran. Ich habe mir eine Pause verdient. Für ein paar Minuten will ich die Augen zumachen. Dr. Nachtnebel wird mich schon wecken, wenn er hier ankommt.
     
    Ein paar Stunden später schlage ich erschrocken die Augen auf. Lucinda steht direkt vor mir und schnuppert an ihrem Baby. Die kleine Cinderella liegt vor ihr im Stroh. Schnell rapple ich mich auf und klopfe mir ein paar Halme von den Klamotten. Dr. Nachtnebel ist offenbar immer noch nicht aufgetaucht. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich etwa sechs Stunden seelenruhig im Giraffenstall geschlummert habe. Baby Cinderella wird schon längst ihre ersten Gehversuche gemacht haben und scheint sich gerade von den Anstrengungen zu erholen. Wie friedlich sie

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