Dicke Moepse
rühmt sich jenau dafür. Für den realen Lebensraum, wart wir den Tierchen schaffen, och wenn se hinter Gittern stehn müssen«, kontert Stefan.
»Herr Mutzenberg!«, sage ich streng.
»Okidoki. Ick halt ja schon de Klappe. Aber wenn de sowieso allet bessa weißt, denn hol dir det Stroh doch och selba. Ick möchte zur Sicherheit nur eens klarstellen: Andy möchte, datt ick hier die Kopfarbeit leiste. Du kannst jerne den Dreck wegräumen oder reinräumen, wenn de denkst, ditt macht Sinn. Ick bleibe derweil hier bei Luci, det is mir wichtija.« Stefan schreibt irgendetwas auf sein Brettchen und starrt abwechselnd zur Giraffe und zu mir.
Ich stürze also nach draußen, um Stroh zu sammeln. In Windeseile staple ich die Ballen auf eine Schubkarre und will damit los. Aber natürlich habe ich den Wagen in der Hast viel zu sehr überladen, und er kippt mir mit einem lauten Krach zu Boden. Erneut staple ich das Stroh auf die Schubkarre, diesmal aber nur die halbe Menge, und rase damit in Richtung Stall. Dort lade ich alles ab, um dann die andere Hälfte zu holen. Ich schwitze und fühle mich, als wäre ich selbst in den Wehen.
»Hast du Dr. Nachtnebel angerufen?«, frage ich keuchend, während ich mit einer großen Mistgabel den Stall in einen Monster-Airbag verwandele. Das Kleine soll fallen, als sei es im siebten Himmel. Schön kuschlig, weich und sanft. Die große kalte brutale Welt lernt es noch früh genug kennen.
»Logen! Eben als de draußen warst. Er meint, wir schaffen ditt schon alleene. Er hat nämlisch jrade ’ne wichtije OP.«
»Ach, echt?« Ungläubig halte ich kurz inne, um Luft zu holen und mir den Schweiß von der Stirn zu wischen. Normalerweise lässt Dr. Nachtnebel für unseren Zoo sofort alles stehen und liegen. Muss ein sehr wichtiger Termin sein, der ihn davon abhält. »Aber wenn das Kleine da ist, sollen wir uns doch melden oder etwa nicht?«
»Hatta jetz nich jesagt, aber ditt machen wa natürlich. Watt meinste, wie lange ditt hier noch dauern wird, bis dett Kleene jeschlüpft is?« Stefan blickt fragend auf seine Armbanduhr und dann etwas vorwurfsvoll zu Lucinda, als könne er dadurch den Geburtsvorgang beschleunigen.
»Keine Ahnung, es ist Lucindas erste Schwangerschaft. Wenn sie Glück hat, ist es in dreißig Minuten vorbei, allerdings kann das ganze Spektakel auch vier, fünf Stunden dauern. Vielleicht müssen wir auch mit anpacken, wenn das Kleine nicht gleich rauswill. Die beiden sind enorm wichtig für unseren Zoo, da darf nichts schiefgehen.« Meine Nerven haben sich mittlerweile wieder etwas beruhigt, und ich rufe mein gelerntes Wissen ab. Wenn ich nur immer alles so souverän meistern könnte wie tiermedizinisches Know-how. Stefan schaut mich völlig konsterniert an. »Vier Stunden?«
»Wird es schon nicht!«, antworte ich ihm. So ganz kann ich seine Reaktion nicht verstehen. Wenn es nach mir ginge, ich würde hier auch die nächsten Tage Wache schieben, damit die beiden das Ganze wohlbehalten überstehen.
»Ditt Timing is denkbar schlecht. Ick hab gerade heute Abend ne janz wichtige Familienanjelegenheit. Is schon seit Wochen jeplant. Dett kann ick jetze nich so einfach absajen.«
»Tja, dann musst du eben Lucinda davon überzeugen, dass sie schneller machen soll!«, feixe ich.
»Ach watt, jeht dett denn?«, fragt Stefan interessiert.
»Nein, natürlich nicht!« Entsetzt über so viel Unwissen schüttle ich den Kopf. »Vielleicht freuen sich deine geplagten Familienmitglieder aber auch, dass sie wenigstens einen Abend lang deine Visage nicht ertragen müssen.« Am liebsten würde ich Stefan an den Eiern packen und aus dem Stall schmeißen. Aber ich reiße mich zusammen. Frei nach dem Motto: Humor ist, wenn man trotzdem lacht, blecke ich ihm die Zunge entgegen und grinse ihn provokativ an.
»Sehr witzig. Nur weil du keene Familie hast, heißt ditt noch lange nich, ditt andere och keene haben«, entgegnet mir Stefan beleidigt. Das saß.
»Erstens habe ich eine großartige Mutter, die alles für mich tun würde, und zweitens gehst du doch nur zu deinen Treffen, damit du nicht enterbt wirst.«
»Wenigstens jibt ett bei uns watt zu erben.« Mittlerweile ist unser Ton etwas lauter geworden, und wir hätten fast vergessen, wieso wir eigentlich in einem Haufen voller Stroh herumstehen. Es ist 19 Uhr, und ich bin wirklich hundemüde, immerhin bin ich schon seit vierzehn Stunden auf den Beinen. Wir warten. Und warten. Und warten.
Da, endlich! Lucinda knickt die Hinterbeine etwas
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