Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland
Frequenzmodulation importiert werden, was wiederum – aufgrund von Exportbeschränkungen von Technologie in den Ostblock – Sondergenehmigungen erforderte. Trotz vieler weiterer Schwierigkeiten konnte der Umtausch pünktlich am 1. Juli um 0 Uhr beginnen.
Die Folgen der Währungsunion, die einer Schocktherapie gleichkam, waren zwiespältig. Aus Furcht vor einem Wertverlust ihrer Ersparnisse hatten viele Ostdeutsche in den Wochen vor der Umstellungalles gekauft, was sie in die Hände bekamen. Solche Hamsterkäufe führten zu abstrusen Engpässen. Wichtiger aber war: Die Kosten der deutschen Einheit überstiegen die anfangs errechneten Werte um ein Mehrfaches. Außerdem setzten der sofortige Wegfall von Subventionen und die plötzliche Öffnung der Märkte der ostdeutschen Wirtschaft erheblich zu. Die Massenarbeitslosigkeit nahm Ausmaße an, wie man sie seit dem Ende der 1920er Jahre nicht mehr gekannt hatte. Eines der Hauptziele der Währungsunion konnte indessen erreicht werden: Die Übersiedlerzahlen nahmen – zunächst jedenfalls – stark ab.
«Was politisch alternativlos und damit richtig ist, kann nicht ökonomisch falsch sein», so Lothar de Maizière im Rückblick des Jahres 2000. Die Frage nach den Alternativen beschäftigt noch heute einige Wissenschaftler. Die Währungsunion 1990 war beispiellos in der Geschichte, und jede andere, vielleicht «schonendere» Methode hätte ebenfalls Probleme aufgeworfen. Zum Wagnis der Währungsunion gab es wohl keine gute Alternative, zum Versprechen, im Handumdrehen würden «blühende Landschaften» entstehen, allerdings schon.
43. Warum ist die «Ostalgie» gar nicht so witzig? Bei der deutschen Wiedervereinigung 1990 lagen sich die Deutschen in den Armen. Wenige Jahre später lagen sie sich in den Haaren. «Besser-Wessi» und «Jammer-Ossi», «Kolonialstil» und «Undankbarkeit», die Liste deutsch-deutscher Misshelligkeiten ließe sich beliebig verlängern. Auf hochgesteckte Erwartungen folgten tiefe Enttäuschungen. Das Verschwinden der DDR unter dem Motto «Wie im Westen, so auf Erden» führte bei Ostdeutschen auch zu einem Verlust von Heimat, zu einem Gefühl von Wehmut und Nostalgie. Wer könnte dies nicht verstehen? Warum verschwanden die Spreewaldgurken aus den Regalen der Läden und wurden durch westliche Waren, die keineswegs besser waren, ersetzt? Warum tilgte man alles, wodurch sich die ostdeutsche Alltagskultur von der westdeutschen unterschied? Es entstand eine «Ostalgie» – ein Heimweh nach dem Osten, die individuelle Komponenten wie Ostalgie-Partys beinhaltete, aber auch kommerzielle, z.B. den Verkauf von Ostprodukten oder eine Renaissance von DDR-Fernsehshows umfasste.
Retro-Wellen hat es immer gegeben, in der alten wie in der neuen Bundesrepublik. Aber ganz so harmlos wie es auf den ersten Blick erscheint, ist die «Ostalgie» nicht, denn die Erinnerung an die «gute,alte Zeit» taucht die SED-Diktatur in ein mildes Licht – mit fatalen Folgen. So belegen neue Untersuchungen, dass es um das Geschichtsbewusstsein vieler junger Deutscher nicht gut bestellt ist. Vor allem bei ostdeutschen Schülern offenbaren sich fehlendes Sachwissen, haarsträubende Klischeebilder und sozialromantische Traumwelten. Weit verbreitet ist die Vorstellung, die DDR sei ein ärmliches, kleines, irgendwie skurriles und witziges Land gewesen, eine Art «Hobbit-Staat», wohingegen der menschenverachtende Diktaturcharakter, die Toten an der Mauer, die Unterdrückung und die zerstörten Biographien kaum Erwähnung finden, vielmehr der Stasi ein «James-Bond-Image» anhaftet. Verantwortlich dafür, so fanden Wissenschaftler heraus, sind mehrere Dinge: Die unsäglichen Ostalgie-Fernsehshows wie «Ein Kessel DDR», die nach wie vor bestehende Systemverhaftung vieler Elternmilieus, die DDR-freundliche Orientierung vieler Lehrer, die bereits zu DDR-Zeiten unterrichtet hatten, sowie die skandalöse populistische Geschichtspolitik der PDS/Die Linke, die ostdeutsche Minderheitskomplexe und antiwestliche Ressentiments erst schürt, um sie dann politisch genüsslich auszunutzen.
Wie die Deutschen wurden, wie sie sind – Gesellschaft im Wandel
44. Was machten die Nazis nach dem Krieg? Diese Frage ist sehr wichtig, denn man schätzt, dass bei Kriegsende 6,5 Millionen Deutsche Mitglieder der NSDAP waren. Sicher handelte es sich nicht bei allen um fanatische Nazis, aber was die junge bundesdeutsche Demokratie von ihnen zu erwarten hatte, war eine
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