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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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den jahrhundertelangen Kriegen um die Vorherrschaft auf der iberischen Halbinsel folgte. In Portugal ist 1249 der Kampf beendet worden. Dieser Sieg ging mit der Verbannung der Moslems einher. Der einzige muslimische iberische Staat, das Emirat von Granada, wurde ein Vasallenstaat Kastiliens. 1492 musste der letzte islamische Herrscher Granadas sein Königreich der spanischen Königin Isabella I. unterwerfen.
    Dem umstrittenen Interpretationsbegriff «spanische Reconquista» wohnt die Auffassung inne, dass Spanien und Portugal
natürliche
Eigentümer der iberischen Halbinsel seien. Auch das Pilgern auf dem Jakobsweg kommt einer solchen pan-christlichen Parteiergreifung gleich, führt doch der Jakobsweg nach Santiago de Compostela und zum Grab des heiligen Jakob. Dieser Apostel erschien, der Legende nach, im Jahr 844, um die zahlenmäßig unterlegene christliche Armee im Kampf gegen die Armee des Emirs von Cordoba zu unterstützen. Die spanische Krone gewann diese Schlacht und Jakob wurde zum Schutzpatron namens Santiago de Matamoros – ist nomen omen, dann bestand seine Tugend darin, dass er Muslim_innen tötete (mata), die rassistisch (moros) benannt wurden.
    Santiago de Matamoros in gleißendes Licht und helle Gewänder zu kleiden, gehört zur Rezeptionsgeschichte dieses streitbaren Schutzpatrons. Hier deutet sich an, wie wichtig Konstruktionen um «Hautfarbe» für die der spanischen Reconquista immanente These sind, der Islam sei dem Christentum unterlegen und habe in Europa nichts zu suchen. Grundsätzlicher noch steht die spanische Reconquista für ein sich radikalisierendes
weißes
christliches Glaubens- und Kulturverständnis, das eine Unvereinbarkeit des christlichenEuropas mit Muslim_innen, Jüd_innen und Roma proklamierte.
    Im Zuge der Reconquista wurden viele Jüdinnen und Juden zur christlichen Taufe gezwungen. Unabhängig davon wurden sie von den so genannten Altchristen weiter diskriminiert. Es ging um rassistische Vorstellungen, die die Reinheit des Glaubens an eine Reinheit des Blutes banden. So erklärten etwa die Ratsherren von Toledo 1449, dass alle Menschen jüdischer Abstammung «von Rechts wegen für ehrlos, ungeschickt, unfähig und unwürdig gehalten werden sollen, irgendein Amt zu bekleiden oder eine öffentliche oder private Pfründe in … Toledo … innezuhaben … Sie werden auch für unfähig erklärt, als öffentliche Schreiber oder als Zeugen Zeugnisfähigkeit und Glaubwürdigkeit geltend zu machen … und über Altchristen des heiligen Glaubens Herrschaft auszuüben.» Dieses Gesetz der
limpieza de sangre
(Blutreinheit) wurde von weiteren spanischen Städten eingeführt und mündete schließlich darin, dass im Zuge der sich vollendenden Reconquista 1492 Jüdinnen und Juden aus Spanien verbannt wurden. Moslems hingegen sollten hohe Steuern zahlen, um ihren Glauben ausüben zu dürfen. Diese wiederum gehörten zum Finanzpaket, das Columbus erhielt, um 1492 seine Reise antreten zu können. Damit symbolisiert das Jahr 1492 die enge Verzahnung von anti-islamischem Rassismus, Judenfeindlichkeit und kolonialem Rassismus.
    23. Was entdeckte Christoph Columbus?   1492 – ein Epochenjahr, das sich mit der «Entdeckung» Amerikas durch den Italiener Christoph Columbus verbindet. Dem Wortsinn nach steckt in «entdecken», dass eine Decke oder Bedeckung entfernt bzw. abgenommen wird. Seit dem 16. Jahrhundert lässt sich die bis heute gebräuchliche Verwendung nachweisen, dass jemand etwas entdecken kann und «durch Auffinden von Unbekanntem die Welt erweitern kann». Unbekannt meint, was Menschen nicht bekannt ist. Was aber Menschen bekannt ist, kann nicht entdeckt werden. In diesem Sinne können Naturgesetze und chemische Elemente entdeckt werden. Während es hier einen Urheberschaftsschutz gibt, ist dies bei Pflanzen und Tieren etwas komplizierter. So wurde z.B. 1901 in europäischen Medien gemeldet, dass das Okapi in den Regenwäldern des Kongo entdeckt worden sei. Nun ist das Okapi ein pferdegroßes Tier, das Menschen, die seit Jahrtausenden in dieser Gegend lebten, natürlichlängst bekannt war. «Entdecken» meint hier also offenbar, dass das Okapi das erste Mal von einem
weißen
Menschen gesehen – und wissenschaftlich erfasst – wurde. Implizit wird damit Afrikaner_innen, die schon lange vor 1901 auf Okapi gestoßen waren, nicht nur die Fähigkeit zum «wissenschaftlichen Verständnis», sondern auch die Begabung zur Vernunft abgesprochen. Ähnlich verhält es sich mit Flüssen,

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