Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus
Bergen, Seen und erst recht mit Inseln und ganzen Kontinenten, die bereits besiedelt und daher Menschen vertraut waren. Spricht man davon, dass diese «entdeckt» wurden, so bleibt man der kolonialistischen Praxis verhaftet, den dort lebenden Menschen letztlich das Mensch-Sein abzusprechen. Dies wurzelt in dem Streben, das Stehlen von Land dadurch zu legitimieren, dass man die koloniale Welt als «weiße Flecken auf der Landkarte» verkaufte, als terra incognita und terra nullius – eine Denkweise, die auch dem Begriff «Neue Welt» innewohnt. Denn neu war sie allein für jene, die sie bisher nicht gekannt hatten und diese sich nun unterwarfen.
Allein in diesem Sinne hat Columbus – überrascht, dass er nicht, wie «wissenschaftlich» geplant, in Indien angekommen war – die Amerikas «entdecken» können. Dass er seinen «wissenschaftlichen» Irrtum auch noch veredelte und die dortigen Menschen nach seinem Ursprungsziel benannte, gehört zu den wirkungsvollsten Kuriositäten der Weltgeschichte. Bis heute huldigen wir dieser «europäischen Wissenschaft», wenn wir die vielen verschiedenen Gesellschaften und die Menschen, die die Amerikas vor den Europäer_innen besiedelten, kurzerhand als «Indianer» bezeichnen.
Abgesehen davon, dass Wikinger um Leif Eriksson bereits 500 Jahre vor Columbus in Nordamerika waren, steht die Crew um Columbus historisch also weniger für die «Entdeckung» der Amerikas, sondern vielmehr für den Beginn ihrer europäischen Unterwerfung. Der koloniale Terror in den Amerikas wurde nicht nur vom Widerstand der betroffenen Gesellschaften begleitet. Von Beginn an gab es auch in Europa und unter beteiligten Weißen kritische Stimmen. Berichte über die zahllosen Massaker an den amerikanischen Bevölkerungen schockten Spaniens Öffentlichkeit. 1542 erließ der spanische König auch in Reaktion darauf das erste Gesetz zur Abschaffung kolonialer Sklaverei, das jedoch infolge massiver Proteste der Landbesitzer_innen ausgehebelt wurde.
Columbus wiederum war kein Kritiker der Gewalt, sondern einer ihrer Protagonisten. Von Isabella I. mit 10 Prozent am Profit der Reisenbeteiligt, beraubte er die einheimischen Bevölkerungen mit einem hohen Eigeninteresse. Dabei beteuerte er gegenüber der Königin, dass er ihre Politik, Islam und Judentum aus Spanien zu vertreiben, in den Amerikas durch eine konsequente Politik christlicher Missionierung weiterführen werde. Derart motiviert beteiligte er sich selbst an zahlreichen Massakern.
24. Wohin führten für Millionen versklavte Afrikaner_innen die «gates of no return»? Afrikanische Sklav_innen gab es in Europa bereits in der Antike. Als Beginn des europäischen Versklavungshandels gilt das Jahr 1441. Portugiesische Händler fuhren seit einiger Zeit die westafrikanische Küste entlang, um arabische Handelswege in Afrika zu umgehen. In jenem Jahr nahmen Händler an der Küste des heutigen Marokko einen Mann und eine Frau gefangen, die sie Heinrich dem Seefahrer (Königssohn in Portugal) «schenkten». Bald darauf wurden Afrikaner_innen auf portugiesischen Märkten als Sklav_innen verkauft. In weiten Teilen Europas wurde es zum Statussymbol, Schwarze als Sklav_innen zu haben. Papst Nikolaus V. legitimierte 1452 «Aus göttlicher Liebe zur Gemeinschaft» die Versklavung von Nichtchrist_innen. Die Nachfrage nach Sklav_innen erhöhte sich rasant, an der Westküste Afrikas wurden erste Sammelpunkte für versklavte Menschen errichtet. Gleichzeitig begann der Aufbau von Zuckerrohrplantagen.
Der ökonomische Gewinn, der sich aus der Nachfrage nach Zucker und dem Einsatz nicht-entlohnter Arbeitskräfte ergab, war für Europa immens. Nach 1492 weitete Europa die Plantagenökonomie auf die Amerikas aus. Dies beinhaltete Landraub und Massenmorde an den einheimischen Bevölkerungen der Amerikas. Kaum zehn Prozent überlebten diesen Terror. 1510 erfolgten die ersten Deportationen von Afrikaner_innen in die Karibik. 1526 segelte das erste Schiff mit Sklav_innen direkt von Afrika in die Amerikas. Bis 1540 waren bereits 15.000 versklavte Afrikaner_innen in die Karibik verschleppt worden. Nach Brasilien kamen zwischen 1530 und 1550 etwa 25.000 Sklav_innen. Als John Hawkins 1562 im Auftrag Ihrer Majestät sechs portugiesische Schiffe kaperte und 300 versklavte Menschen dabei raubte, begann die portugiesische Vormachtstellung im europäischen Menschenhandel mit Afrikaner_innen zu bröckeln. Bis zum 17. Jahrhundert verlor Portugal diese endgültig, Gleiches galt
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