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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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Westsahara nicht als Weiße anerkennen, doch vertraut er auf Binnendifferenzierungen von «Hautfarben», die der Botschaft folgen, je
weißer,
desto überlegener, je dunkler, desto «primitiver». Letztlich ist «Schwarzafrika» eine Metonymie, der symbolische Ort für «Schwarzafrikaner_innen». Das zeigt sich daran, dass Namibia und Südafrika zwar eigentlich dem geopolitischen Konstrukt «Schwarzafrika» zugehören, seine
weißen
Bewohner_innen aber nicht als «Schwarzafrikaner_innen» deklariert werden. Sie Weißafrikaner_innen zu nennen, ist ebenso ungebräuchlich, wie wir von Weißeuropa sprächen, um deutlich zu machen, dass in Europa viele Weiße leben. Dass afrodeutsche Menschen hingegen oft als «Schwarzafrikaner_innen» bezeichnet werden, zeigt: Wir reden hier nicht über geographische Räume, sondern über rassistisch konturierte geopolitische Kartierungen von «Hautfarben».
    60. Ist Barack Obama ein «Farbiger»?   Als Barack Obama 2008 als Präsidentschaftskandidat der Demokraten in den Wahlkampf zog und wenige Monate später zum ersten Schwarzen Präsident der USA gewählt wurde, verursachte dies erhebliche Aufregung. Für die einen war es überraschend, weil in den USA Rassismus strukturell und diskursiv fest verankert sei. Sie schöpften Hoffnung, dass dem Rassismus nun mit höchster Symbolkraft widerstanden würde. Die anderen näherten sich diesem Phänomen aus genau umgekehrter Richtung. Sie sprachen nicht über Rassismus, sondern schauten mit seinen Augen, indem sie sich irritiert darüber zeigten, dass ein Mann wie Obama, der doch eigentlich nicht dazu (zu den
weißen
christlichen USA) gehöre, es in dieses Amt schaffen konnte. Hier wurde fleißig an der Erzählung geschrieben, Obama mit seinem
weißen
Elternteil, seiner soliden Ausbildung und seinem lupenreinen Englisch sei gar kein «richtiger» Schwarzer.
    In Deutschland kam noch hinzu, dass viele gar nicht wussten, wie sie den 44. Präsident der USA eigentlich benennen dürften: Schwarzer? «Farbiger»? Afroamerikaner? Interessanterweise tauchte hier außerhalb von rechtsextremen Kreisen und den vielen wirren Blogs diverser Art das «N-Wort» nicht auf. Dagegen überwog die Markierung Obamas mit dem «F-Wort».
    Dieses Wort definiert Menschen über ihre «Hautfarben». Dabei ist nicht interessant, ob jemand sonnengerötet oder voller Sommersprossen ist. Tatsächlich fungiert Weißsein als unbenannte Normalität. Im deutschsprachigen Raum erfüllt das Wort heute weithin die Funktion, das «N-Wort» zu vermeiden. Manche verwenden es aberauch mit dem Bestreben, darauf zu verweisen, dass eine Person (wie eben Barack Obama) Schwarze wie
weiße
Vorfahren hat. Beide Bedeutungsebenen finden sich auch im englischsprachigen Äquivalent «Coloured». Eine Sonderrolle nahm es dabei im südafrikanischen Apartheid-Regime ein, das die so Bezeichneten von
Blacks
unterschied.
    Will man sich dem Rassismus sprachlich entgegenstellen, so stehen viele Ersatzbegriffe zur Verfügung, darunter Schwarze und People of Color. Der entscheidende Unterschied ist, dass Schwarze wie auch People of Color Selbstbezeichnungen darstellen, die aus Schwarzen Bürgerrechtsbewegungen heraus umfunktioniert wurden und die schwierige Gradwanderung meistern, sowohl genau zu benennen, wie der Rassismus einen Menschen positioniert hat, als auch dieser rassistischen Verortung zu widersprechen.
    Es ist im Übrigen auch nicht korrekt, Obama als ersten Schwarzen amerikanischen Präsidenten zu bezeichnen – denn es gibt viele Länder in den beiden Amerikas. Der erste gewählte Schwarze Staatspräsident in den Amerikas war Alexandre Sabès Pétion (1770–1818), der 1806 zum Präsidenten der Republik Haiti gewählt worden war.
    61. Welche Haut ist eigentlich «hautfarben»?   Wie unlogisch so manche Wortbildung ist, zeigt sich exemplarisch daran, dass der Wortstamm «-farb» in «Farbige_r» vollkommen anders konnotiert ist als in «hautfarben». Während er im «F-Wort» alle «nicht-weißen» Farben hyper-sichtbar macht, rekurriert «hautfarben» gerade umgekehrt darauf, Weißsein zur Norm zu erklären und alle anderen Farben unsichtbar zu machen.
    Wenn es im
Wahrig
(2006) unter «hautfarben» heißt, «in der Farbe der Haut • ein ~es Unterhemd, Trikot», so sind nicht Trikots oder Strümpfe gemeint, die sich chamäleonartig dem jeweiligen Hautuntergrund anpassen, sondern es wird auf die «Hautfarbe» angeblich Weißer angespielt. Als ich als
weiße
Deutsche in einem Sanitätshaus

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