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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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und auch die Peitsche aushalten! Und bin ich etwa keine Frau? Ich habe 13 Kinder geboren und musste mit ansehen, wie fast alle als Sklaven verkauft wurden, und wenn ich in meinem Mutterschmerz aufgeschrien habe, hat mich niemand gehört, nur Jesus! Und bin ich etwa keine Frau? …)Und dann der kleine Mann in Schwarz dort drüben, er sagt, Frauen können nicht so viele Rechte haben wie Männer, weil Christus keine Frau war! Wo kam denn Christus her? Wo kam denn Ihr Christus her? Von Gott und einer Frau! Ein Mann hatte nichts damit zu tun …» (zit. nach: Klassikerinnen feministischer Theorie. Königstein/Ts. 2008, Band 1, S. 99, (übersetzt von Susanne Opfermann).
    87. Darf man «Hautfarben» sehen?   In einem Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 28. Februar 2012 heißt es: «Beamte der Bundespolizei dürfen Reisende jedenfalls auf Bahnstrecken, die Ausländern zur unerlaubten Einreise oder zu Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz dienen, verdachtsunabhängig kontrollieren. Es ist ihnen bei Stichprobenkontrollen nicht verwehrt, die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vorzunehmen.» Das Begehren eines Schwarzen Mannes, es als Beleidigung anzuerkennen, dass er regelmäßig in Zügen und anderen Orten kontrolliert wird, wurde damit abgewiesen. Dabei äußerte einer der beklagten Polizisten im Laufe des Verfahrens, er kontrolliere Menschen, von denen er vermute, dass sie sich illegal in Deutschland aufhalten: «Er spreche dabei Leute an, die ihm als Ausländer erschienen. Ein Kriterium sei hierbei auch die Hautfarbe.» Die Richter_innen in Koblenz halten dies für legitim. Wenn «Hautfarbe» als Kriterium benutzt wird, um eine Unschuldsvermutung aufzuheben, so widerspricht das dem Artikel 3 des Grundgesetzes sowie dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz vom 14. August 2006.
    Im öffentlichen Denken und Sprechen sind «Hautfarben» bedeutungsschwere Kategorien. Sie dienen seit jeher als Kriterium der Binnendifferenzierung von Menschen nach «Rassen». Dabei stellt «Weiß» keine andere Hautfarbe, sondern die unterstellte Norm dar.
    Ende März 2012 fand eine der üblichen abendlichen Talk-Shows im Fernsehen statt. Anne Will diskutierte mit ihren Gästen über das Thema «Albtraum Pflege». Barbara Scheel, seit 1988 Ehefrau des Altbundespräsidenten Walter Scheel, erzählte, ihre altersschwache Mutter sei in einem Pflegeheim untergebracht: «Die Pflegekräfte sind, was das Menschliche anbelangt (ist ja ein schwerer Beruf), teilweise katastrophal ausgebildet. In dem Pflegeheim, von dem ich rede, ist jeder Zweite Ausländer und spricht kaum Deutsch. Wir haben einen schwarzen Afrikaner, so wie ich ein weißer Europäer bin, und wir haben 90-jährige Frauen, die sollen sich intim von soeinem Menschen pflegen lassen. Die haben erst mal einen Schock.» Ihnen werde kein Respekt entgegen gebracht, fährt sie fort, wenn ein Pfleger ihnen sage: «Du nicht gut, du nicht getrunken». Ausländer und «schwarzer Afrikaner» werden hier synonym verwendet und gemeinsam vom «weißem Europäer» abgesetzt. Dabei findet implizit auch eine Assoziationskette von Schwarz, Ausländer, fehlenden Deutschkenntnissen, fehlendem Respekt statt – und schon stehen wir im kolonialistischen Diskurs des «unzivilisierten Schwarzen ohne Moral».
    Nach Widerspruch aus dem Publikum und vom Diskussionsteilnehmer Klaas Heufer-Umlauf bringt Ulrich Schneider, Geschäftsführer des paritätischen Wohlfahrtsverbandes, nun das Wort «Hautfarbe» ins Spiel: «Selbst unsere alten Damen sind so tolerant, dass die Hautfarben denen dabei egal ist.» Nun, da klar ist, worüber gesprochen wird, «Hautfarbe» alias «Rasse», spricht Anne Will von einem «‹leicht rassistischen Unterton» und fragt Scheel, ob sie sich korrigieren möchte. Die Antwort fällt keineswegs hinter den Rassismus des zuvor Gesagten zurück: «Der Junge ist übrigens ein ganz reizender Junge, ein ganz reizender Pfleger.» Erinnert das nicht an die kolonialistische Praxis, Schwarze Männer als «boy» zu bezeichnen? So wirft auch Heufer-Umlauf in zynisch ambitionierter, aber verquerer Wortwahl ein: «Sie meinen, ein netter N.». Von diesem Begriff distanziert sich die ältere Dame. Angesichts nicht aufhörender Proteste ruft sie verzweifelt das Grundgesetz an, betont, dass ihre Mutter klage, dass ihr (von diesem Pfleger) ihre ganze Würde genommen werde und die Würde des Menschen doch unantastbar sei. Da ergänzt Anne Will: «Frau Scheel, …

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