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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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zum Tisch zu gelangen.
    Im Gegensatz zu diesem Überfluß mangelte es mir ständig an Kaffee, Zucker, Haferschleim und Honigwasser, alles einfache Dinge, an deren täglichen Gebrauch ich mich gewöhnt, die ich aber größtenteils gegen diese Schätze getauscht hatte. Ich lebte eine strenge Diät, die hauptsächlich auf Wasser und den Lebensmittelabfällen basierte, die ich gelegentlich auf der Müllkippe fand.
    Eines Morgens kam Balduan zum Frühstück. Er hatte eine besorgte Miene aufgesetzt. Ich war mittlerweile mit seiner notorisch schlechten Laune vertraut und dachte nicht weiter darüber nach. Ich servierte ihm eine Tasse Kartoffeltee, ein Gebräu, das ich aus Mangel an Kaffee erfunden hatte, ein Aufguß aus gerösteten Kartoffelschalen. Dazu reichte ich ein paar geröstete Kartoffelschalen. Ich warf meinen Hermelinmantel mit Rubinknöpfen über, setzte mir meine Lieblingskrone auf und watete durch die Schätze zum Küchentisch, um Balduan Gesellschaft zu leisten. »Man redet über dich im Tornado«, sagte er, nachdem er einen Schluck Kartoffeltee zu sich genommen und die mit Smaragden besetzte Goldtasse mit angewidertem Gesichtsausdruck abgesetzt hatte.
    »Ach ja? Was erzählt man denn so?« Ich war neugierig geworden und schob ein paar Goldsäcke zur Seite, die auf dem Tisch lagen und mir die Sicht auf Balduan versperrten.
    Vermutlich beneideten sie mich um meine Schätze.
    »Es ist ja nicht zu überhören, sie brüllen es sich den ganzen Tag in die Ohren. Sie machen sich über dich lustig.«
    Ich putzte mir etwas Goldstaub aus den Ohren, vielleicht hatte ich nicht richtig verstanden. Ich war innerhalb kürzester Zeit der wohlhabendste Bewohner der Tornadostadt geworden. Ich war im Besitz der nattifftoffischen Kronjuwelen. Ich kontrollierte sämtliche Gold- und Platinvorräte des Tornados. Was gab es darüber zu lachen?

    »Sieh dich doch mal an«, sagte Balduan mit einem mitleidigen Tonfall in der Stimme. »Du siehst aus wie ein größenwahnsinniger Zirkusclown. Schau dich mal um! Was willst du mit dem ganzen Plunder? Du hast Säcke voller Diamanten, aber du kannst mir keine vernünftige Tasse Kaffee anbieten! Du schwimmst in Geld, aber ernährst dich von Abfall! Du hast es immer noch nicht begriffen. Du wirst bis zum Ende deiner Tage mit uns hier im Tornado bleiben. Es gibt kein Zurück! Den ganzen Krempel, den du da angesammelt hast, kannst du nirgendwohin mitnehmen. Und hier drin ist er völlig wertlos. Du hast dich immer noch nicht damit abgefunden, daß du ein Gefangener des Tornados bist wie wir alle.«
    Balduan stand auf und bahnte sich mühsam seinen Weg zur Tür, wobei ihm ein goldener Säbel ein Loch in seinen Umhang riß. Jetzt war er richtig wütend. In der Tür blieb er stehen und drehte sich noch einmal um.
    »Du bist hundert Jahre alt - also werde endlich erwachsen!
    Je früher du dich damit abfindest, desto besser. Und schmeiß diesen Plunder hier raus!« Dann ging er die Steintreppe hinunter, in die öffentliche Teestube, in der sie sich über mich das Maul zerrissen.
    Ich blieb noch eine Weile am Tisch sitzen, mit rotem Kopf unter meiner prächtigen Krone. Balduan hatte recht, nur nicht ganz so, wie er sich das dachte. Ich wußte sehr wohl, daß diese ganzen Schätze hier drinnen von keinerlei Wert waren. Ich hatte sie gesammelt, weil ich insgeheim immer noch darauf hoffte, mich mit ihnen aus dem Tornado herausbringen zu können. Dabei hatte ich das eigentliche Ziel, nämlich die Flucht, völlig aus den Augen verloren. Das sollte sich ändern.
    Die nächsten Wochen verbrachte ich damit, die gesammelten Schätze wieder loszuwerden, was gar nicht so einfach war, denn niemand wollte sie eigentlich haben, und gegen etwas wirklich Brauchbares tauschen schon gar nicht. Auf dem Flohmarkt humpelten die sonst so gebrechlichen Männer erstaunlich flink an meinem Stand vorbei. Also verfiel ich auf den Trick, jeden einzelnen Tornadobewohner persönlich zu besuchen und ihn bei dieser Gelegenheit mit prachtvollen Geschenken zu überhäufen. Geschenke abzulehnen galt in der Tornadostadt, wie in jeder vernünftigen Gesellschaft, als Beleidigung.
    Ich kam auf eine Tasse Kaffee und ließ einen Sack Diamanten zurück, ich schneite mal kurz irgendwo rein und hatte zufällig eine Schatztruhe voller goldener Armreifen dabei, ich kam auf eine Partie Schach und behängte den Gastgeber mit Dutzenden von Perlenketten. Dadurch wurde ich nicht nur den ganzen nutzlosen Ballast los, sondern kam auch wieder in den Genuß

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